#title Der sociale Generalstreik
#author Arnold Roller
#LISTtitle Sociale Generalstreik
#SORTauthors Roller, Arnold; Nacht, Siegfried
#SORTtopics Generalstreik; Expropriation; Sabotage; Sozialdemokratie; Gewerkschaft; Militärstreik; Kommunistischer Anarchismus; 1900-1909; 0riginal: Deutschsprachig;
#date 1907
#lang de
#pubdate 2014-12-18T01:10:26
#notes Erschienen 1907, Zweite Auflage, Herausgegeben von der Freiheit Publishing Association, New York
** Der Generalstreik als Kampfmittel.
*** 1. Was ist der Generalstreik?
Männer Englands ! was bestellt Euren Zwingherrn Ihr das Feld ? Warum webet Eure Hand Der Tyrannen Prachtgewand ? Warum gebt der Drohnenbrut, Die von Eurem Schweiss und Blut Frech sich nährt, Ihr immer noch Speis' und Trank und frohnt im Joch ? Bienen Englands! warum schafft Ihr zur eig'nen Schmach und Haft Waffen, Ketten immerdar Für die feige Drohnenschaar? Sat Korn — doch für den Zwingherrn nicht Schürft Gold — doch nicht dem faulen Wicht ! Webt Kleider nicht dem Schelm zu Nutz ! Schweisst Waffen — selber Euch zum Schutz !*** 6. Uebersicht. Die charakteristischen Hauptmomente der Idee des Generalstreiks lassen sich in wenigen Punkten zusammenfassen: 1. Der Generalstreik ist die unter den gegenwärtigen Umständen einzig mögliche, von den ökonomisch-technischen Verhältnissen des Kapitalismus selbst geschaffen und bedingte Form der Revolution. 2. Der Generalstreik kann die Gesellschaft am empfindlichsten erschüttern, weil er sie bei der Vorbedingung des Lebens, ihrer Hauptstütze angreift : der Produktion und dem Konsum. 3. Der Generalstreik ist der klarste, direkteste und unverschleierte Ausdruck der Empörung des Proletariats und nur das Resultat der Entwickelung seines täglichen Kampfmittels, des Streiks. 4. Dank der Arbeitstheilung genügt es, dass nur einige Räder an dem komplizirten Mechanismus der modernen Produktion stillstehen, um ganze Serien und Reihen von abhängigen Maschinen, Fabriken, ja ganze Industrien ausser Möglichkeit zu bringen, den Betrieb fortzusetzen. 5. Der Generalstreik braucht keine Geldunterstützungen und kann während ungünstiger Konjunktur noch besser gelingen, als bei günstiger. 6. Der Generalstreik kann auf die grössten Massen und den grössten Erfolg rechnen, weil er ganz gesetzlich anfängt, keinen Heroismus erfordert, Niemanden der Gefahr aussetzt und selbst durch die Aengstlichkeit Derjenigen, die zu Hause bleiben, gefördert wird. 7. Durch die Unterbrechung aller Transport- und Kommunikationsmittel ist es nicht mehr möglich, Produkte und Nahrungsmittel von den „ruhig" gebliebenen Gegenden herbeizuschaffen. Die politischen und militärischen Behörden verlieren die Möglichkeit rascher Verständigung und Truppenentsendung. 8. Durch die absolute Nothwendigkeit, die grossen Städte und Industriezentren zu bewachen, das Privateigenthum der Ausbeuter zu beschützen, die zahllosen Schienenlinien zu hüten, nicht nur die „Ordnung aufrecht zu erhalten," sondern auch für die Verpflegung der eigenen Armee zu sorgen, und durch den Versuch, die allernothwendigste Produktion von Soldaten fortsetzen zu lassen, wird bald die Zerstreuung und Desorganisation der bewaffneten Macht über das ganze Land bewirkt, und die Folge davon ist deren .vollständige Machtlosigkeit und der Sieg des Proletariats. ** II. Nach dem Siege des Generalstreiks. Grundzüge der gesellschaftlichen Neuorganisation. *** 1. Die Industrie. Bis hierher wurde die Idee:des Generalstreiks nur als Kampfsmethode erwogen, wurde sie nur von ihrem negativen Gesichtspunkt, ihrer die kapitalistische Gesellschaftsordnung auflösenden, zerstörenden Seite untersucht. Doch wenn die Idee des Generalstreiks darin schon vollständig abgeschlossen wäre, wenn sie weiter nichts wäre, als ein blosses Kampfmittel, würde sie gewiss nicht den Namen einer Weltanschauung verdienen, würden gewiss nicht Zehntausende von Proletariern in Frankreich und Spanien sich von nun an kurzweg „greve-geneeralistes" in Frankreich und „huelga generalistas" in Spanien, das heisst „Generalstreikler" nennen. Wieder stehen wir vor einem Beweis ihr die Thatsache, dass nicht die Theorie die Praxis, sondern umgekehrt die Praxis die Theorie gebietet, oder,um präziser zu sein und sich hier besonders auf den behandelnden Gegenstand zu beziehen, dass nicht das Ideal der Zukunft, die erstrebte Gesellschaftsform den Kampf veranlasst, sondern dass die Bestrebungen der Zukunft aus dem Kampf geboren werden, dass das Ideal der Neuorganisation der Gesellschaft sich während des Kampfes ans dem Kampf selbst herauskrystallisirt. Wir sehen dies klar an der Theorie des Anarchismus, die aus dem Kampf gegen die zentralistische Diktatur des Generalrathes der „Internationale" entstand. „Die Allianz der sozialistischen Demokratie " so nannte sich damals die bakunistische Opposition — stellte innerhalb der „Internationale" der zentralistischen Diktatur der Marxisten die autonomen Föderationen und freien Organisationen der Föderalisten und Kommunisten entgegen. So entwickelten sich aus der Taktik und der inneren Organisation beider Richtungen auch deren Theorien und deren Vorstellungen über die Organisation der Gesellschaft in der Zukunft. Die Zentralisten der „Internationale " sind heute die Sozialdemokraten, die Föderalisten wurden die Anarchisten. Wie aus der Praxis des Streiks die Theorie und auch die Praxis des Generalstreiks resultirte, so bildet sich auch aus der Praxis, der Propaganda und Vorbereitung der Idee des Generalstreiks als Kampfmittel, wieder eine ganze Weltanschauung der Neuorganisation ud des Neuaufbaues für die Tage nach dem siegreichen Generalstreik. Da die Streiks hauptsächlich von gewerkschaftlich organisirten Arbeitern ausgingen, ist es auch ganz natürlich, dass in den Gewerkschaften am meisten die Idee des Generalstreiks propagirt wurde. So ist es nun weiter eine logische Folge, dass nach dem siegreichen Generalstreik die Gewerkschaften — diese schon vorhandenen Organisationen — es sein sollen, welche die Produktion sowie den ganzen Neubau der Gesellschaft zu übernehmen haben. Der Grundgedanke war schon von Anfang an der, dass sich das Volk sofort nach dem Siege in seine Gewerkschaftshäuser, Arbeitsbörsen, in seine ökonomischen Organisationen zu begeben habe, um durch diese Besitz von den Produktionsmitteln zu ergreifen. Jede Gewerkschaft übernimmt die Produktionsmittel ihres Faches und ihres Wirkungsgebietes, und so kommt allmählich die Produktion wieder in Gang. Verschiedene Gebiete der Produktion würden natürlich ganz aufgegeben werden, wie z. B. die Waffenproduktion, die Münze, Erzeugung von Kirchengeräthen, Messgewändern, Skapuliren usw., andere wenigstens auf längere Zeit, wie z. B. Von Luxusartikeln, Spielsachen u. dergl. Die vorhandenen Waffenvorräthe würden umgeschmolzen oder zu nützlichen Maschinen oder Werkzeugen umgewandelt werden. Sollten aber die Proletarier der Nachbarländer sich noch nicht befreit haben, so könnten diese Waffenvorräthe noch viel besser verwendet werden, wenn sie dem kämpfenden Proletariat der noch beherrschten Völker zur Verfügung gestellt würden. Alle die freigewordenen Arbeiter der aufgehobenen Industrien, die Millionen ehemals Arbeitsloser, die Tausende von ehemaligen Angestellten der Bankhäuser, der Waarenvertheuerungs-Unternehmungen und Schwindelbureaus, alle Börseujobber, Handlungsreisenden, die nun beschäftigungslos gewordenen Pfaffen, Henker, Richter, Polizisten, Offiziere, Lakaien und Minister, die Millionen freigelassener Soldaten werden jahrelang alle Hände voll zu thun haben, um die elenden Baracken, die wahren Pest- und Fieberhöhlen, in denen das Volk gezwungen war, zu wohnen, niederzureissen und an deren Stelle für Alle schöne, bequeme, gesunde Häuser errichten und sie mit allem Komfort der Neuzeit auszustatten. Jahrelang wird man zu arbeiten haben, damit das Volk endlich seine elenden Lumpen, in die es gehüllt ist, vom Leibe reissen und sich nun in schöne, bequeme, den Jahreszeiten entsprechende Gewänder kleiden kann. Jahrelang wird man auch noch zu thun haben, alle die finsteren Erinnerungen an die Tyrannei zu beseitigen, die Zuchthäuser, Festungen und noch bestehenden Bastillen zu zerstören, alle die römischen Galgen — denn nichts anderes ist ja das Kreuz — von den vielen Palästen und Kirchen herunterzureissen und die Kirchen, je nach ihrem künstlerischen Werth in Pferdeställe, Magazine, Versammlungsorte oder Museen zu verwandeln. Alle die Säulen, die an die Siege in grossen Massenmorde erinnern, alle Monumente zur Verherrlichung der mittelalterlichen Raubmörder, welche die Geschichte höflich nur „Raubritter" nennt, alle die Monumente, die den „rei bombas" und Kartätschenprinzen" dutzendweise vom „dankbaren Volk" (das gar nicht befragt wurde) errichtet wurden, werden in Stücke zerschlagen werden müssen, um an deren Stelle Monumente und Denkmäler der wirklichen Heroen der Menschheit errichten zu können, den Kämpfern und den leider so entsetzlich zahlreichen Märtyrern der Freiheit, den Dichtern und Denkern, welche die Menschheit aus dem Dunkel und der Unterdrückung zum Licht und zur Freiheit emporgeführt. Nach dieser Uebergangszeit kann und wird wieder das Kunsthandwerk aufgenommen werden, das Dank der kapitalistischen Industrie verschwunden ist, die an dessen Stelle die viel tiefer stehende, wenn auch äusserlich glänzende „Luxusindustrie" setzte. An den architektonischen Schöpfungen des Mittelalters, der Zeit der freien Handwerksverbände, bewundern wir den Reichthum und die Mannigfaltigkeit der Skulptur, wie sie noch in den alten Münstern, Höfen der Paläste, den alten Universitäten usw. erhalten sind. Jede Säule hat einen anders ausgeführten Kopf,jeder bildhauerisch ausgeschmückte Theil eine andere Zeichnung. Man sieht, dass hier der Arbeiter frei nach seiner Lust und Kunst schaffen konnte, nicht gehetzt von Antreibern und der kapitalistischen Ausbeutung, nicht zum Bruchtheil eines Automaten reduzirt durch die Arbeitstheilung. Nach dieser Uebergangszeit wird die Arbeit wieder zur Kunst werden, weil sie frei ohne Zwang und Autreiberei ausgeübt werden wird, und als Kunst wird sie, wie jede Kunst, dem Schaffenden nur Freude und Genuss bereiten, und so wird die blosse Freude am Schaffen aller Arbeiter-Künstler deren mächtigster Antrieb sein und die sicherste Garantie einer für alle Bedürfnisse üppig ausreichenden Produktion. Da auch die Triebe der menschlichen Bethätigung, die Fähigkeiten und Neigungen der Menschen so verschieden sind, so werden auch die manigfaltigsten Bedürfnisse der Menschheit reichlich befriedigt werden können. Doch vor der Erreichung dieses Ideals des völlig freien, keinerlei Regelung bedürftigen Communismus wird wohl eine Zeit des Ueberganges nothwendig sein, deren voraussichtliche Form und Organisation sich schon jetzt aus der Form der gewerkschaftlich organisirten Arbeiter ganz von selbst ergibt. Am klarsten sieht man dies in Frankreich, und am besten bewies es das Organ der französischen Syndicate (Gewerkschaften) "La Voix du Peuple," das sich hauptsächlich die Propaganda des Generalstreiks zur Aufgabe stellt. Die Organisation ist in Frankreich — in grossen Zügen dargestellt — folgende: Alle Mitglieder eines Berufes in einer Ortschaft, einer Stadt vereinigen sich zur Orts-Berufs-Gewerkschaft ; nehmen wir als Beispiel den Ortsverein der Möbeltischler in der Stadt X. Alle anderen Berufe in derselben Stadt haben ebenfalls ihre Gewerkschaften. Alle diese Ortsgewerkschaften vereinigen sich in der "Bourse du Travail," der "Arbeitsbörse" derselben Stadt. Hier in der Arbeitsbörse halten sie ihre Versammlungen ab, ihre Unterrichtskurse, ihre Vergnügungen, berathen sie ihre gemeinsamen Angelegenheiten. Die gemeinsäme Organisation aller Gewerkschaften in jeder Stadt ist also die "Bourse du Travail." Sämmtliche Arbeitsbörsen aller Städte des ganzen Landes sind aber nun wieder unter einander zur "Fédération des Bourses du Travail," dem Verband der Arbeitsbörsen" vereinigt. Nun ist aber noch ausserdem jede Ortsgewerkschaft Mitglied des Nationalverbandes sämmtlicher Gewerkschaften desselben Faches, also als Beispiel : Der Verband sämmtlicher Möbeltischler-Gewerkschaften Frankreichs. Sämmtliche Berufsverbände sind nun wieder in den Industrieverbänden lokal und national organisirt, so also die Möbel-Tischler-Gewerkschaft im Ortsverband der Holzindustrie; der Ortsverband der Holzindustrie im Nationalverband der Holzindustrie für ganz Frankreich. Sämmtliche nationalen Industrie- und Berufsverbände Frankreichs aller Berufe sind nun wieder unter einander zu einer grossen gemeinsamen Organisation : der "Confédération générale du Travail" und der "Fédération des Bourses du Travail" verbunden, deren Glieder, schon vorher unter einander vereinigt, sich netzartig kreuzen, vereinigen und in die Hände arbeiten. Selbstverständlich sind alle Gewerkschaften und Verbande autonom, beigeordnet und nicht untergeordnet; es gibt keine "Executivkommittees," keinen"Generalrath," sondern nur ein Kommittee zur Verständigung und Korrespondenz. In den Monaten Juni und October 1902 veranlasste nun "La Voix du Peuple" in ihren Spalten eine öffentliche Diskussion und Umfrage (Enquette) über die Rolle dieser vorhandenen Organisation in der Zukunft — am Tage nach dem Generalstreik — und über die Organisations- und Funktionsform, die sie der neu aufzubauenden Gesellschaft zu geben beabsichtigen. Eine ungeheure Anzahl Antworten, welche die Gewerkschaften und Organisationen einsandten, wurden veröffentlicht und ergaben ein in ihrer Uebereinstimmung höchst interessantes Resultat Ausser den allgemeinen Punkten behandelte jede Gewerkschaft in ihrer Antwort hauptsächlich die Stellung, die sie selbst in der Zukunft — während und nach dem siegreichen Generalstreik — einzunehmen beabsichtigt. So antwortete z.B. unter Anderen im Namen seiner Gewerkschaft der Sekretär des Verbandes der Luxusindustrien, dass deren Mitglieder, von der Nothwendigkeit überzeugt, dass sie ihr Handwerk nach dem Generalstreik wohl für lange Zeit aufzugeben haben, fest entschlossen sind, sich sofort in solchen Berufen zu vertheilen, wo es an Arbeitern mangeln wird, dadurch also als Gewerkschaft zu existiren aufhören und als solche keinerlei Antheil an der Neuorganisation nehmen können. Einstimmig schrieben aber alle anderen Gewerkschaften, dass sie, ihrer Mission sich wohl bewusst, sofort nach dem Siege von den Produktionsmitteln ihres Berufes Besitz ergreifen und die Produktion fortsetzen werden. In allen übrigen Fragen genügt es, nur das Resultat, die vorherrschende Meinung der Antworten aller Gewerkschaften mitzutheilen. Die Industrieverbände werden dazu bestimmt sein, das Rohmaterial unter die verschiedenen Produktionsgewerkschaften der einzelnen Berufe, die diesem Industrieverband angehören, zu vertheilen. Die Arheitsbörsen hätten sich mit dem intellektuellen und moralischen Gebiete des Lebens zu befassen, der Erziehung dem Unterricht, dem Vergnügen und besonders auch mit der Statistik der Bedürfnisse ihrer Region, ihrer Ortschaft. Die Summe der Statistiken der Bedürfnisse, aufgestellt von den Arbeitsbörsen der einzelnen Regionen, ermöglicht es, dem "Allgemeinen Verband der Arbeit" und dem „Verband der Arbeiterbörsen' des ganzen Landes leicht diese Produkte und Rohmaterialien, die in einer Region im Ueberfluss vorhanden sind, in die Region zu senden, in denen sie benöthigt werden. Aus den öffentlichen Magazinen, in denen die Produkte und Vorräthe aufgestapelt werden, können dann Alle nach Lust und Bedürfniss entnehmen, da sich ja die Produktion nach den Bedürfnissen richtet. So ergibt sich die Organisation der Zukunft schon von selbst aus den vorhandenen Organisationen der Gegenwart. Die überschüssige Kraft der Genossen, die, nicht mehr wie ehemals, durch allzulauge Arbeitszeit ausgebeutet, sich sofornach der Arbeit todmüde aufs Lager warfen, sondern nun frisch und munter andere Gebiete der Bethätigung suchen, bethätigt sich nach der Zeit der produktiven, schaffenden, manuellen Arbeit in zahllosen Vereinigungen, die ihren Neigungen und Trieben am besten entsprechen. So verbringen die einen ihre freie Zeit in wissenschaftlichen oder Kunst-Vereinigungen, andere in sanitären Organisationen, diese in Vereinigungen zum Unterricht und zur Aufklärung, jene wieder in irgend einer anderen Gruppe, und so arbeitet sich das ganze ungeheure, verwickelte Netz von Gruppen und Associationen gegenseitig in die Hände, ohne einer Central- oder Exekutivstelle zu bedürfen. *** 2. Die Landwirthschaft. Sobald in Folge des Sieges der Proletarier in den Städten, des Siegs des Generalstreiks, keine Macht mehr vorhanden ist, um das „Eigenthum" der Grundherren und Dorfwucherer, das sie dem Bauern geraubt und gestohlen haben, zu beschützen, so werden schon die reaktionären Bauern, die immer nur für die Pfaffen stimmten und niemals für die Staatsdekrete der Sozialdemokratie zu begeistern waren, sofort dabei sein, die grossen Herren zu expropriiren. Die noch nicht ganz getödtete Tradition des ursprünglichen Dorfgemeinde - Communismus wird es schon mit sich bringen, dass man die Wälder, Felder und Weiden, die das Volk von den Grossgrundbesitzern zurücknimmt, zu Gemeindeweiden, Gemeindewäldern und Gemeindefeldern machen wird, die dann schon den grössten Theil des Bodens in der Dorfgemeinde bilden werden. Die geringe Produktivität des noch allgemein üblichen primitiven Systems des Ackerbaues wird bald durch die grossen Maschinen erhöht, welche die Produktionsgewerkschaften aufs Land schicken, und die von erfahrenen Arbeitern bedient und montirt werden. Die grossen Dampfpflüge und Ackerbaumaschinen, der ständige Kontast der Arbeiter mit den Bauern lassen nun auch bald die Grenzsteine des noch übrigen Bodens all der vielen kleinen Bauerngüter verschwinden. So kommt dann auch das Land nothwendig und organisch zum Dorfgemeinde-Communisums, zu dieser Organisation, die wenigstens bis zum völligen Verschwinden des Unterschiedes von Stadt und Land, Bauer und Arbeiter — am besten entspricht den produzirenden Gewerkschaften der Arbeiter in den Städten und den Industriebezirken. Schon Eingangs dieses Abschnittes wurde ausführlich geschildert, wie durch den Zusammenbruch des kapitalistischen Gesellschaft Millionen von Arbeitskräften frei würden, die sich von nun an nützlichen und schaffenden Bethätigungen zuwenden könnten. Während sich ein Theil, wie schon oben erwähnt wurde, dem Herrichten von bequemen Wohnungen für das ganze Volk widmen würde, würde sich der weitaus grösste Theil der Landwirthschaft und Verpflegung zuwenden. Man wird daran gehen, an die systematische und gründliche Ausnützung der Ozeane und Meere zu denken, an die Ausbeutung der unermesslichen Schätze der zahllosen Lebewesen in deren Innerem und auf deren Grunde, an eine systematische Kultur der Meeresthierwelt. Bis jetzt sind alle Fortschritte der modernen Wissenschaft und Technik fast ausschliesslich nur der Industrie zu Gute gekommen, während in den meisten Ländern die Landwirthschaft jetzt noch meist nicht höher steht, wie sie vor 4,000 Jahren war. Nun würden sich Tausende von Intelligenzen diesem Gebiete zuwenden, die Industrie mit der Landwirthschaft kombiniren und die neuesten Errungenschaften der Wissenschaft und Chemie hier zur Anwendung bringen. Da kein anderes Interesse mehr bestehen wird, extensive, d. h. also oberflächliche Raubwirthschaft zum Vortheil Weniger zu betreiben, wird man sich der intensiven, d. h. eindringlichen Bewirthschaftung der Felder zuwenden. Keine Ländereien werden mehr brachliegen, um als Jagdgründe für grosse Herren zu dienen. Keine Länderstriche wird man unfruchtbar lassen ; man wird darangehen, durch Pulverisiren von Felsen künstliche Erde zu erzeugen. Durch grossartige Bewässerungsanlagen, durch mit Maschinen geschaffene Bodenmeliorationen und Drainage, durch sorgfältige Gartenkultur und Gemüsewirthschaft, allgemeine und ausgedehnte Verwendung von Wärmehäusern, Glasdächern, Kunstdünger usw. kann die Ertragsfähigkeit des Bodens verzehnfacht, ja sogar verhundertfacht werden, wodurch die Ernährungsfrage, an der grosse Revolutionen gescheitert sind,aus der Welt geschafft und ein Wohlstand für alle gesichert wird. Die Feldarbeit, einige Stunden am Tage während einiger Wochen im Jahre betrieben, erleichtert durch die Maschinen, wird, weit entfernt, eine Plage zu sein, eine von allen Stadtbewohnern gesuchte freudige Erholung werden. In Kropotkin's Werken „Landwirthschaft, Industrie und Handwerk" und „Wohlstand für Alle", auf die hier besonders verwiesen werden soll, wird diese Frage ausführlich behandelt und durch bestimmte Angaben und Berichte bewiesen, dass selbst in solchen Ländern, die gegenwärtig einen grossen Theil ihres Bedarfs an landwirthschaftlichen Produkten vom Ausland beziehen müssen, Raum genug vorhanden ist, um bei intensiver Kultur die Bedürfnisse des ganzen Volkes reichlich zu befriedigen. Hiermit fällt auch die Befürchtung, dass eventuell jenes Land, in dem das Proletariat siegte, durch den Abschnitt der Lebenszufuhr vom Ausland ausgehungert werden könnte. Wir sahen nun, wie die Idee und Organisation des Generalstreiks nicht nur zerstörende, negirende Kraft besitzt, sondern in sich selbst schon die Elemente der Neuorganisation der Gesellschaft trägt und deshalb schon den Namen einer Weltanschauung verdient. ** III. *** 1. Die Vorläufer. Wie für jede grosse Idee, finden wir auch für die Idee des Generalstreiks Analogien in der Geschichte, unbewusste Vorausahnungen bei den grössten Denkern und Dichtern. So sehen wir schon im alten Rom, 494 Jahre vor der christlichen Zeitrechnung, die „Secessio in montem sacnim," den „Auszug auf den heiligen Berg" der Plebejer, als sie die Gleichstellung mit den Patriziern verlangten. Dieser erste Generalstreik in der Geschichte, der Streik der Plebejer, war in seinen Folgen mit vollem Siege gekrönt. Doch zurück zur Gegenwart. Als einen der ersten, zweifellos unbewussten Verkünder des Generalstreiks kann man auch Mirabeau betrachten, als er 1789 in der Nationalversammlung den Privilegierten entgegendonnerte : „Nehmt Euch in Acht ! Bringt nicht in Zorn dieses Volk, das Alles erzeugt und das, um Euch Entsetzen einzuflössen, nur die Arme zu kreuzen brauchte." Fünfzig Jahre später schrieb Max Stirner in seinem Buche „Der Einzige und sein Eigenthum" die Worte : „Die Arbeiter haben die ungeheuerste Macht in den Händen, und wenn sie ihrer einmal recht inne würden und sie gebrauchten, so widerstände ihnen nichts ; sie dürften nur die Arbeit einstellen und das Gearbeitete als das Ihrige ansehen und geniessen. Dies ist der Sinn der hier und da auftauchenden Arbeiterunruhen." Jene allgemein bekannte Strophe von Georg Herwegh :
Mann der Arbeit, aufgewacht Und erkenne Deine Macht ! Alle Räder stehen still, Wenn Dein starker Arm es will !könnte sie nicht als Schlagwort dienen für die Idee des Generalstreiks? Der grosse englische Dichter William Morris erzählt in seinem herrlichen Zukunftstraum einer glücklichen und freien Gesellschaft, seinem " News from Nowhere " („ Kunde von Nirgendheim"), wie die alte Gesellschaft durch die Erschütterungen, in die einige nach einander folgende revolationäre Generalstreiks sie versetzen, zusammenstürzte und der neu entstellenden, freien Gesellschaft Platz machen musste. *** 2. Die Geschichte der Idee. Schon auf dem Congress der Internationale in Genf im Jahre 1866 wurde der Gedanke ausgesprochen, dass Theilstreiks niemals dauernde Erfolge herbeiführen können, wesshalb es nothwendig wäre, grosse internationale Streiks zu organisiren,welche die Internationale leiten würde. Hauptsächlich wurde jedoch diese Idee als Mittel erwogen, den Krieg zu verhindern — um im Falle des Ausbruches eines Krieges den Dienst zu verweigern —, also als Militärstreik und Einstellung der Produktion der für die Kriegführung nothwendigen Erzeugnisse. Diese Idee wurde von dem Franzosen Charles Longuet und dem Belgier Caesar de Paepe vorgelegt und thatsächlich auf dem darauf folgenden Kongresse der Internationale im Jahre 1868 angenommen. Später vertheidigte diese Auffassung des Generalstreiks, eigentlich die Kompletirung des allgemeinen Streiks durch den Militärstreik, der holländische Delegirte Domela Nieuwenhuis. Auf allen „internationalen Arbeiter-Kongressen", die seit dem Kongress voll Paris 1889 abgehalten wurden, also in Brüssel 1891, Zürich 1893, London 18%, Paris 1900 und Amsterdam 1904, wurde die Idee des Generalstreiks als Waffe zur Emanzipation des Proletariats von verschiedenen revolutionären Parteien, früher von den Holländern durch Domela Nieuwenhuis und jedesmal von Franzosen, und zwar von den Allemanisten durch Allemane und Aristide Briend. einem Jauresisten, vorgeschlagen, aber immer von den deutschen Sozialdemokraten und deren Nachläufern — also den Ländern, in denen die Arbeiterbewegung noch ganz unbedeutend ist, verworfen. Eine grössere Debatte war schon auf dem Kongress von Brüssel im Jahre 1891. Es handelte sich um eine Resolution gegen den Krieg. Nieuwenhuis legte dem Kongress, unterstützt von den Holländern, Engländern und Franzosen, eine Resolution vor, die zum Schlusse die Erklärung enthielt, dass „die Sozialisten aller Länder eine etwaige Kriegserklärung beantworten werden mit einem Aufruf an das Volk zu allgemeiner Arbeitseinstellung." Leidenschaftlich aufgeregt wandte sich Liebknecht dagegen. worauf auch seine rein theoretische Deklamation gegen die Barbarei des Krieges" — gegen die Stimmen der Engländer, Franzosen und Holländer angenommen wurde. In allen späteren Kongressen begnügte man sich damit, die langen Reden der französhchen Anhänger des Generalstreiks mit einigen „geistreichen" Redensarten á la Auer vom „Generalblödsinn" abzufertigen. Erst auf dem Kongress in Amsterdam 1904 konnten die deutschen Sozialdemokraten einer Generalstreiks-Debatte nicht mehr entgehen, als schon in den eigenen Reihen (Dr. Friedeberg) Stimmen für die Idee laut wurden. Die Resolution, die schliesslich angenommen wurde, ein beredtes Zeugniss für die klägliche Zweideutigkeit der sozialdemokratischen Führer, die jede direkte Aktion des Volkes geradezu fürchten, erklärte sich gegen die Idee des sozialen Generalstreiks zur vollständigen Emanzipation des Proletariats und nur im äussersten Falle für eventuelle politische Massenstreiks zur Erzielung politischer Rechte. In Frankreich wurde das erste Mal diese Idee auf dem Kongress der nationalen Föderation der Gewerkschaften und korporativen Gruppen in Bordeaux 1888vorgelegt. Angenommen wurde sie vonder ungeheuren Majorität der Gewerk-sehaftskongresse Frankreichs auf den Kongressen in Marseille 1892, Paris 1893, Nantes 1894, Limoges 1895, Tours 1896, Toulouse 1897, Rennes 1898, Paris 1900, Lyon 1901, Montpellier 1902 und Bourges 1904. Auf politischen sozialistischen Kongressen wurde in Frankreich die Idee behandelt in Bordeaux 1888, Tours 1891, Saint Quintin 1892, Dijon 1894, Paris 1896, Paris 1897 und angenommen in Paris auf dem Kongress im Gymnasium Japy 1899. Die Allemanisten (P. 0. S. R.) haben immer den Generalstreik propagirt, die Guesdisten (P. 0. F.) waren immer dagegen, ein Theil der Jauresisten (mit Brand an der Spitze) ist dafür, ebenso die Blanquisten (P. S. R.). Auf dem Kongress von Lille 1904 der Blanquisten und Guesdisten wurde die Idee des Generalstreiks als das Ziel der Gewerkschaften und Mittel zur Befreiung des Proletariats verbreitet. In Deutschland erschienen die ersten Artikel, welche sich mit der Idee des Generalstreiks befassten, in der anarchistischen Presse der 1890..r Jahre („Sozialist " und "Neues Leben"). Eine regelrechte Generalstreiks – Propaganda begann jedoch erst in den Jahren 1902 und 1903 und zwar ebenfalls durch Publikationen in den anarchistischen Blättern, wie auch durch eine von London aus verbreitete Broschüre. Die sozialdemokratische Partei suchte diese Propaganda, theils durch Verdächtigungen, theils durch die bekannte Todtschweige-Taktik zu ersticken. Doch als seit 1903 Dr. Friedeberg die Idee in die eigenen Reihen trug, und zahlreich besuchte Gewerkschafts-Versammlungen seinen Ausführungen beistimmten, musste doch ernstlich darüber diskutirt werden, und man versuchte es nun endlich, in „wissenschaftlicher" Weise diese Idee in Artikeln und Abhandlungen in der "Neuen Zeit" und den „Sozialistischen Monatsheften" zu widerlegen, indem man dort die grössten Lichter sozialdemokratischer Wissenschaft sich dagegen aussprechen liess. Trotzdem ist seit Ende 1903 und Anfang 1904 der Generalstreik auf der Tagesordung aller Diskussionen und in allen Zeitungen zu finden. Broschüren und Zeitungen in allen Sprachen schiessen nur so aus dem Boden, die den einzigen Zweck haben, die Idee des Generalstreiks zu verbreiten, zu erläutern und seine Unbesiegbarkeit darzulegen. Hunderte von Liedern in den verschiedenen romanischen Sprachen, die den Generalstreik als die kommende Befreiung feiern, gehen von Mund zu Mund, neue Begeisterung und Siegeszuversicht einflössend. *** 3. Die Generalstreiks der letzten Jahre. Wie jede grosse Idee hat auch der Generalstreik seine Bluttaufe, ja mehrere Bluttaufen überstanden, hat auch schon seine ersten Kämpfe und Scharmützel gehabt, deren er sich gar nicht zu schämen braucht. Der erste in der Neuzeit durchgeführte Generalstreik erfolgte in Alcoy (Provinz Alicante, Spanien) am 8. Juli 1873 unter Leitung des spanischen Ausschusses der „Internationale." Sein Ziel war nicht irgend eine Lohnerhöhung, sondern die „soziale Liquidation" (Abrechnung), die Herstellung der freien Gesellschaft, vorläufig in dieser unabhängigen Commune. Der Minorität der der „Internationale" angehörenden Arbeiter (3000 Mann) gelang es mit Leichtigkeit, alle. Arbeiter, über 10,000, zum Streik zu bringen und so die allgemeine Arbeitsruhe hervorzurufen. Bei dem darauf folgenden Kampfe mit der Gendarmerie und der bewaffneten Burgeoisie siegten die Arbeiter, bemächtigten sich der Stadt und brannten das Archiv und Civilregister mit den Eigenthumstiteln nieder. Die Durchführung der „Liquidation" wurde jedoch durch die Truppen, die von der Regierung in die Stadt geschickt wurden und sie wieder eroberten, verhindert. Als sich die amerikanischen Arbeiter im Jahre 1886 dazu vorbereiteten, den Acht-Stundentag zu erobern, da dachten sie nicht an den Umweg des Parlamentarismus, sondern beschlossen, ihn direkt durch den Generalstreik, der in den ganzen Vereinigten Staaten am 1. Mai ausbrechen sollte, den Kapitalisten zu entreissen. 260,000 Mann in den ganzen Vereinigten Staaten, davon 40,000 Mann in Chicago selbst, legten auch am 1. Mai die Arbeit nieder. Als aber nach dem brutalen meuchelmörderischen treberfall der Chicagoer Polizisten gegen einen ruhigen Arbeiterzug am 4. Mai und nachher gegen eine Versammlung die Arbeiter in der Nothwehr auf die Revolverschüsse mit einem Bombenwurf antworteten, war dies das Signal zur Verhaftung aller Redner und Propagandisten des Generalstreiks, die nach einer erbärmlichen Justizkomödie von den amerikanischen Justizmördern dem Galgen überliefert wurden. So büssten die Chicagoer Märtyrer Parsons, Spiess und Genossen die Propagirung der Nee des Generalstreiks mit dem Tode am Galgen. Die Burgeoisie ahnte sofort die furchtbare Bedeutung des Generalstreiks und schreckte vor keinen Repressalien zurück. Und was ist denn nun die internationale Demonstration des 1. Mal? Sie ist die Tochter des grossen Generalstreiks in Amerika, der am 1. Mai 1886 ausbrach, um den Acht-Stundentag zu erringen. Mit Hinweis und in Anlehnung darauf wurde auf dem internationalen Sozialisten-Kongress in Paris 1889 mit Begeisterung der Antrag angenommen, am 1. Mai in allen Ländern die Arbeit :ruhen zu lassen, um für den Acht-Stundentag zn demonstriren. War dieser Beschluss nicht eine Symbolisirung des Generalstreiks? War es nicht unter dem Rufe und nur mit Hülfe des Generalstreiks, dass sich die belgischen Arbeiter im Jahre 1893, wenn auch nur ein beschränktes, allgemeines Wahlrecht eroberten ? Als es sich 1897 in Oesterreich darum handelte, das Wahlrecht zu erobern, schrieen und sangen da nicht die Arbeiter in allen Versammlungen und auf allen Strassen, dass sie es machen wollten „wie in Belgien " ? Im Februar 1902 erhob sich das Proletariat von Barcelona unter dem Rufe des Generalstreiks und konnte eine Woche lang dem Militär und der Gendarmerie standhalten. Pablo Iglesias, der Führer der spanischen Sozialdemokratie, forderte aber überall seine allerdings nicht zahlreichen Anhänger zum Streikbruch und zur Denunziation der Anhänger des Generalstreiks auf. In manchen Bezirken gingen die Sozialdemokraten gar soweit, während des Generalstreiks Deputationen an die Behörden zu entsenden, um ihnen ihre Loyalität kundzugeben und ihnen zu versichern, dass sie als Anhänger der Gesetzlichkeit an den „Unruhen" durchaus nicht theilnehmen würden. Auf die heftigen Angriffe, die in der ganzen sozialistischen Presse des Auslandes gegen Iglesias wegen dieses Benehmens gerichtet wurden, antwortete er prahlend in einem Rundschreiben, dass der Generalstreik gewiss gesiegt hätte, wenn auch die Sozialdemokraten daran theilgenommen hätten ; doch hielt er sie davon zurück, „weil das Volk vorläufig noch nicht reg sei für Emanzipation." Die Barcelonaer Genossen unterlagen schliesslich, aber gaben trotzdem den Beweis der Unbesiegbarkeit des Generalstreiks. Da Barcelona nur allein streikte, konnten von ganz Spanien die Truppen nach Barcelona geschickt werden, weil es in den anderen Theilen des Landes ruhig war. Trotzdem wurde schon die Einberufung der Reserven berathen, und alle Blätter schrieben schon von der Demission des Ministeriums. Und dieses alles wegen Barcelona allein. Hätte der Generalstreik besiegt werden können, wenn eigleichzeitig in ganz Spanien stattgefunden hätte ? Im April desselben Jahres legten wieder in Belgien 350,000 Proletarier die Arbeit nieder, um unter dem Rufe des Generalstreiks für ein vollständiges, allgemeines Wahlrecht zu kämpfen. Der Kampf, der so vielverheissend begann, ging verloren, aber nur Dank dem Verrathe der sozialdemokratischen Führer. Das Organ der Parteileitung „Le Peuple " verabfolgte an seine Abonnenten Sechs-Francs-Revolver als Prämie, und zwar, wie es ausdrücklich in den Annoncen des Blattes hiess : „Für den Generalstreik." Als aber die Sache gefährlich zu werden drohte, als es Verwundete und Todte gab, da bljessen die Führer Vandervelde, Anseele usw. sofort zum Abzug, weil sie eben fürchteten, verantwortlich gemacht zu werden, wenn etwas Ernstliches vorfiele, weil sie die Freundschaft der Liberaten, die die Beendigung des Generalstreiks verlangten und von deren Abstimmung ziemlich viele sozialdemokratische Mandate abhingen, nicht verlieren wollten. Dieselben Leute. welche die „Prämien-Revolver" vertheilten, welche erklärten, sie wollten bis ans Ende gehen und, wenn alle gesetzlichen Mittel erschöpft seien, weiter gehen, komme, was da wolle, — dieselben Leute nannten dann Jene, welche ihre Worte ernst nahmen und sich der Revolver bedienten, „Lumpengesindel und Agents provocateus " und gaben sogar Arbeitern den Rath, sie zu arretiren — ja Vandervelde erklärte sogar in einer Volksversammlung : „Wir Sozialisten müssen das Gebot : ,Du sollet nicht tödten !' beherzigen." Zum mindesten kann es sonderbar erscheinen, dass diese Herren Denen zuriefen : „Du sollst nicht tödten," auf die geschossen wurde, und so Denen in den Rücken fielen, die sich vertheidigten. In demselben Jahre (1902) fand der Generalstreik in Genf statt, der als Solidaritätsstreik für die streikenden Tramwayangestellten erklärt wurde. Die Anarchisten hatten die Leitung des Streiks in der Hand. Es kam auch hier zu Zusammenstössen mit der Miliz, die vom sozialistischen Minister Thiebaut, der gerade damals in Abwesenheit des Kriegsministers sein Portefeuille innehielt gegen die Streikenden aufgeboten wurde. Nach der Beendigung des Streiks wurden einige Genossen, die den Streik leiteten, zu Gefängnissstrafen verurtheilt, darunter Bertoni zu einem Jahre. Im Monat Mai 1902 siegten die Arbeiter in Schweden, als sie mit dem Generalstreik ihre Forderung des allgemeinen Wahlrechtes unterstützten. Auch Holland stand in der ersten Hälfte des Jahres gänzlich im Zeichen des Generalstreiks. Als im Januar dieses Jahres die Hafenarbeiter von Amsterdam in den Streik traten, stellten bald darauf sämmtliche Eisenbahner zur Unterstützung der Forderungen ihrer Brüder die Arbeit ein. Ein glänzender Sieg, die Bewilligung sämmtlicher Forderungen der Arbeiter, war das Resultat dieses solitarischen Vorgehens. Durch diesen Erfolg erschreckt, brachte die Regierung im Parlament ein schurkisches Ausnahmegesetz gegen die Eisenbahner ein, wonach das blosse Streiken mit sechs Monaten, das "Aufhetzen" mit vier Jahren Gefängniss bestraft werden sollte. Dass sich die Arbeiter so etwas nicht ganz ruhig gefallen lassen wollten, versteht sich von selbst, und nach kurzer Berathung beschlossen sämmtliche Gewerkschaften des Landes, den Generalstreik zu proklamiren. Die Sozialdemokraten hielten Anfangs mit (um wenigstens) den Schein der Arbeiterfreundlichkeit zu wahren ; ihr Führer Troelstrü sagte später auf dem sozialdemokratischen Partei – Kongress wörtlich : Unser Bestand als Arbeiterpartei stand auf dein Spiele",) — als aber der Streik herannahte, da warnte „Het Volk" vor dem „anarchistischen Abenteuer." — Am Tage endlich, an dem der Kampf auf der ganzen Linie entbrennen sollte, schlug das Verhalten der Sozialdemokraten in offenen Verrath um ; es wurden Proklamationen angeschlagen, dass der Generalstreik aufgehoben sei, gefälschte Berichte mit ungünstigen Nachrichten aus dem Innern des Landes verbreitet und so grosse Verwirrung unter den Arbeitern hervorgerufen. Es wurde dadurch thatsächlich bewirkt, dass der Streik nicht allgemein wurde und somit unterliegen musste. Die Absicht, welche die Sozialdemokraten bei ihrem schmählichen Verhalten leitete, war ganz klar, nämlich durch das Misslingen dieses Generalstreiks den Arbeitern zu „beweisen," dieses Mittel sei nichts werth, und das Heil liege im Parlamentarismus, im Wählen von Abgeordneten. Sie gaben das auch ganz offen und cynisch in einem Artikel in der „Neuen Zeit" zu, indem sie zunächst die Schuld am Scheitern des Streiks den Anarchisten in die Schuhe schoben und weiter erklärten, die Niederlage, habe auch ihre gute Seite gehabt, sie habe den Glauben an den Generalstreik erschüttert (!) und das Ansehen der „anarchistischen Krakehler" untergraben. Der alte Nieuwenhuis, der Vater der Arbeiterbewegung in Holland ein „Krakehler !" Es ist dies Alles übrigens nicht zu verwundern, weil ja Diejenigen, denen die Arbeiterbewegung nichts anderes ist, als ein Mittel, durch die Politik Reichthum, Ruhm und Macht zu erwerben, — auf die am besten der Ausdruck „Soziale Parasiten passt — immer gegen Jede revolutionäre Regung waren, durch welche ihre Stellung in der bürgerlichen Gesellschaft bedroht oder vielleicht sogar sie persönlich gefährdet werden könnten. Im October 1903 erregte wieder der revolutionäre Generalstreik von Bilbao ungeheures Aufsehen. 25,000 Bergleute streikten, um die Abschaffung des Trucksystems und sanitäre Verbesserungen in den Bergwerken herbeizuführen. Als der Streik nach zwei Wochen immer noch aussichtslos blieb und die Bergleute nun aus den Wohnhäusern, die auch den Bergwerk besitzern gehörten, vertrieben werden sollten schlossen sich aus Solidarität dem Streik noch 65,000 Arbeiter anderer Berufe an, und nun wurde der Generalstreik wirklich revolutionär. Die Arbeiter nahmen die Lebensmittel aus den Magazinen und zerstörten die Eisenbahnlinien mit Dynamit und Schiessbaumwolle. Auch die Gruben selbst wurden angegriffen und schwer beschädigt. Als sich am dritten Tage noch mehrere andere Städte dem Streik anschlossen und nun die Bergleute anfingen, ernstlich die Gruben zu zerstören, gaben die Unternehmer erschrocken nach und bewilligten alle Forderungen. Der Streik hatte einen doppelten Werth, weil Bilbao die einzige Stadt Spaniens war, in der die Sozialdemokraten einen starken Einfluss hatten und wo sie bis dahin versicherten, dass das Trucksystem nur durch Parlamentbeschluss abgeschafft werden könne, und deshalb recht viele sozialdemokratische Abgeordnete erwählt werden müssten, die dann schon Alles besorgen würden. Im April 1904 Generalstreik der Eisenbahner in Ungarn, der durch die Plötzlichkeit seines Ausbruches geradezu die ganze Welt verblüffte. Ohne jede Organisation gelang es so,000 Eisenbahner gleichzeitig zur Einstellung der Arbeit zu bewegen. Pünktlich 12 Uhr Nachts blieben alle Züge auf freier Strecke stehen ; alle Stationschefs, von denen eine grosse Zahl Reserveoffiziere waren, nahmen an dem Streik einmüthig theil. Die Regierung half sich nur dadurch, dass sie die Reservisten unter den Streikenden, z r,000 an der Zahl, einberief und sie nun als Soldaten zwang, den Dienst zu versehen. Dadurch offenbart sich auf's Neue, dass die Propaganda des Generalstreiks durch antimilitärische Propaganda vervollständigt werden muss. Im September 1904: Generalstreik in Italien. Binnen zwei Tagen brach da in etwa 100 Städten des ganzen Landes gleichzeitig der Generalstreik aus, um gegen das Eingreifen der Armee in Lohnkämpfen und Erschiessungen streikender, Arbeiter zu protestiren. Wieder ohne Organisation, gegen den Willen der sozialdemokratischen Führer, begann zuerst von den Anarchisten propagirt und geleitet, der Generalstreik in Mailand, dem sich dann alle grösseren Städte und Industrieorte auf die blaue Nachricht mit einmüthiger Begeisterung anschlossen. Alles, was man erreichen wollte, wurde erreicht, denn Ministerpräsident Giolitti liess schon nach dem dritten oder vierten Tage durch alle Telegraphenbureaus und alle Zeitungen, sowie im Parlament feierlich verkünden, dass von nun an den Truppen das Benutzen der Feuerwaffe gegen streikende Arbeiter, wie in Lohnkämpfen und Strassenunruhen überhaupt für immer verboten sei. Alle die Generalstreiks waren eigentlich nur Scharmützel, aber_ auch eine Vor- schule für den endgültigen grossen Generalstreik der Zukunft, wie ja 300 kleinere Bauernrevolten ( Jacquerieen) der endlich siegreichen „grossen" französischen Revolution vorangingen. So sehen wir, wie das Proletariat überall, instinktiv, von unten auf, oft gegen den Willen der „Führer" diese einzige wirksame Waffe ergreift, wenn auch vorläufig häufig nur noch zur Erkämpfung politischer Rechte. Doch bald wird das Proletariat erkennen, welch unnöthiger Umweg dies ist, da es doch ohne Vermittelung seiner politischen Führer Alles erreichen kann. ** IV. Schlussbetrachtungen. Bis jetzt wurde die Idee des Generalstreiks behandelt 1. als Kampfmittel, 2. als schöpfende Macht zur Neuorganisation, 3. in ihrer Geschichte. Nun noch einige Worte über die Philosophie des Generalstreiks. Jawohl Philosophie: Der Generalstreik hat ebenso gut seine Philosophie wie der Marximus und die Sozialdemokratie. Doch ist die Philosophie des Generalstreiks, d. h. das logische System, auf das diese Idee sich aufbaut, viel einfacher, viel weniger komplizirt und verwickelt als jene und jedem gesunden Menschenverstand zugänglich. Die marxistische Lehre beruht auf der deduktiven Logik und besonders auf der dialektischen Methode. Die deduktive Logik, die von einzelnen Grundprinzipien auf alles Uebrige schliesst, die, von einem Prinzip ausgehend, dieses auf alle Gebiete auszudehnen sucht, ist zwar die Methode der Dichter und der schöpferischen Phantasie, aber sie war und blieb auch immer die Logik der Autokratie und der Theologie. Die moderne Wissenschaft ist induktiv ; von der Summe der einzelnen Erscheinungen schliesst sie auf das Prinzip ; aus den Erfahrungen und Ergebnissen der Praxis erbaut sie die Theorie. Die marxistische Dialektik ist eine Art deduktiver Logik, aber durch ihre „geistreichen" Hin- und Hersprünge und Dreherelen ist sie der Wirklichkeit entrückt So ist für das dialektische System charakteristisch die Lehre von der ,Verelendungstheorie," die erst aus der vollständigen Verelendung (nach dem dadurch nothwendig "von selbst" kommenden „Kladeradatsch") den Allgemeinen Wohlstand hervorgehen lässt. Um den bestehendn Staat zu zerstören, ist es nach den marxinistischen Theoretikern nothwendig, zuerst die Staatsmacht zu erobern. Man bekämpft den bestehenden Staat, schwärmt aber für Staatsmonopole in denen die Arbeiter noch mehr ausgebeutet und unterdrückt werden, als in Privatbetrieben. So entspricht sogar der Kampf der Marxinisten, die Form ihrer Politik, ganz dem deduktiv-dialektischen System ihrer Theorie. Die "Vergesellschaftlichung der Produktionsmittel" soll nicht vom Volke ausgehen und vom Volke durchgeführt werden — nein, die Staatsmacht soll zuerst erobert, in deren Händen soll sie konzentrirt und nachher von oben herab auf das ganze Volk der Wohlstand wie himmlisches Manna ausgestreut werden. Schliesslich war auch die Grundidee aller politischen Revolutionen deductiv, — die Macht sollte von einzelnen Individuen ergriffen werden, damit diese erst von oben herab dem Volke die ersehnte Freiheit geben. Die Idee des Generalstreiks in ihrem negativen wie auch positiven Theil ist dagegen durchweg induktiv, baut sich durchweg nur auf der Logik der modernen Wissenschaft auf und entspricht so auch als Resultat den Resultaten der modernen Wissenschaft. Der Generalstreik macht keine dialektischen Umwege, keine Hin- und Hersprünge, er führt organisch direkt und ohne Umwege und Vermittler zum Ziel. Deshalb heisst auch diese Kampfart, im Gegensatz zur politischen, die über den Umweg der ‚Eroberung der politischen Macht" ans Ziel gelangen will, die direkte Aktion des Proletariats. Was wir gesehen haben, ist der Generalstreik die nothwendige Folge der vielen kleinen Streiks. Er wird das Resultat sein des immer stärker erwachsenden Solidäritätsgeffihls des Proletariats und folglich dessen stärkster Ausdruck. Die Organisation der Gewerkschaften und die Vorbereitung des Generalstreiks trägt in sich selber schon die inneren Elemente der zukünftigen Neuorganisation ohne die Umwege der Eroberung der politischen Macht. So enthält der Generalstreik in sich auch die Forderung der direkten Besitzergreifung der Produktionsmittel durch die Gewerkschaften, eine volksthümliche Lehre, die vom Volke geschaffen, vom Volke ausging, während die Lehre von der "Eroberung der Macht" eben von denen ausging, die selbst die Macht erobern wollten, die persönlich nach der Diktatur strebten, die sie ja allerdings in der alten Internationale schrankenlos ausübten. Wir sehen, wie sich von unten auf, ans dem täglichen Kampf der Gewerkschaften, ans den schon vorhandenen Organisationen, also ebenfalls auf induktivem Wege auch das ganze System der Neuorganisation der Gesellschaft entwickelte. So spricht für die Theorie des Generalstreiks die modernste und einzig wissenschaftliche Methode der Forschung und Untersuchung : die induktive Logik. Jeder peue politische Zustand entsprach einer neuen ökonomischen Phase. So entspricht die absolute Monarchie dem ökonomischen Feudalismusund der Leibeigenschaft, und der Parlamentarismus dem Kapitalismus und der Lohnsklaverei. Einer freien Gesellschaft ohne Klassenherrschaft und Ausbeutung, einer Gesellschaft der freien Vereinigung und freier Korporation entspricht die Herrschaftslosigkeit — die Anarchie. Bekannt ist die Stelle aus dem Buche Friedrich Engel's: „Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staates", in der er sagt : „Sie (die Klassen) werden fallen, ebenso unvermeidlich der Staat. Die Gesellschaft, die die Produktion auf Grundlage freier und gleicher Assoziation der Produzenten organisirt, versetzt die ganze Staatsmaschine dahin, wohin sie dann gehören wird: in% Museum der Alterthümer, !eben das Spinnrad und die bronzene Axt". — Dieser Zustand, der Sozialismus ohne Staat, ist der communistische Anarchismus Ebenso ergiebt sich auch die Form einer jeden Revolution aus den bestehenden ökonomischen Bedingungen. Es bestehen nicht mehr diese ökonomischen Verhältnisse, die die jakobinische Form der Revolution bedingten ; auch ist durchaus nicht zuerkennen, dass, als Resultat der ökonomischen Gegen«. sitze, der Parlamentarismus es sein kann, das dem Kapitalismus den Todesstoss versetzen wird. Dagegen ist diese Form der Revolution, di?. ganz den ökonomischen Verhältnissen der Gegenwart entspricht, die das logische Resultat der ökonomischen Gegensätze und sozialen Entwickelung ist, nichts Anderes als der Generalstreik. Die Idee des Generalstreiks ist der beste Reflex der Zuspitzung der ökonomischen Gegensätze und nur der modernste, klarste, endlich unverschleierte Ausdruck der Empörung des Proletariats. Der Generalstreik wird die Spitze, da, Resultat werden der fortwährend häufigeren und umpfangreicheren Streiks, und so ist er nur du Produkt der grossen Industrie selbst; er ist die Waffe, die der Kapitalismus gegen sich selbst geschmiedet hat und die ihm einen sicheren Tod bringen wird. Selbst nach dem schönsten Siege im Lohnstreik bleibt der Arbeiter immer ein Lohnsklave. Der moderne Arbeiter ist war nicht mehr der Sklave eines Kapitalisten, aber er bleibt sein Leben lang der Sklave der ganzen Kapitalistenklasse, aus deren Händen er sich in der gegenwärtigen Gesellschaft niemals befreien kann. Ein viel weiteres Ziel stellen sich nun die Gewerkschaften, wenn sie sich nicht mehr damit begnügen, den Druck des Kapitalismus zu mildern, sondern ihre Organisation u. Kampfesmittel zur Beseitigung jeden Druckes verwenden wollen, wenn sie auf ihre Fahne die vollständige Emanzipation des Proletariats aus der Lohnsklaverei schreiben. Die Gewerkschaften haben aber auch die Aufgabe, in der Zukunft die Produktion zu übernehmen. und so sind sie dazu bestimmt, nicht nur das Erziehungs- und Kampfelement der sozialen Zukunft zu werden, sondern auch das Embryo der Produktion und Neuorganisation nach Beseitigung des Kapitalismus. Dieses stolze, kühne Ziel mäste zweifellos Tausende neuer und begeisterter Kämpfer den Gewerkschaften zuführen. Die Idee des Generalstreiks, von den Proletariermassen aufgenommen, ist — wie Jaures selbst zugeben mutete — allein schon an und für sich ,eine Macht, weil sie eine beständige furchtbare Drohung ist. Schon das blosse Gespenst des drohenden Genalstreiks könnte die zur Zeit herrschenden Klassen vor dem allzu straffen Spannen der Zügel zurückschrecken lassen. Jetzt aber existirt diese Drohung nicht, bis jetzt hat das deutsche Proletariat ausser dem Stimmzettel keinerlei Waffen, und deshalb können die herrschenden, Klassen thun, wie sie wollen, ohne irgend einen Widerstand zu befürchten. Der Mangel eines Ziels, eine bestimmte Erklärung auf die ewig dunkle Frage : wie? — wie kann in absehbarer Zeit die Herrschaft der Junker, Barone unk Kapitalmagnaten gestürzt werden? Diese ewig unbeantwortete Frage ist es, die in dem Glauben und der Ueberzeugung der Genossen zehrt wie tödtliche Schwindsucht. Durch die Idee des Generalstreiks setzt man aber endlich an Stelle der schwärmenden Sehnsüchtelei nach der" Mutter der Freiheit, Revolution," an Stelle furchtloser Deklamationen über eine Umwälzung in ferner Zukunft, an die man selbst kaum zu glauben wagt, die uns schon wie ein verschwommenes Ideal erscheint und erst dereinst nach langer Zeit "über die Berge wiederkehren soll" — ein wirksames und sicheres Mittel, die kapitalistische Gesellschaft zu beseitigen und Wohlstand und Freiheit für Alle einzuführen. Ausserdem macht aber der Generalstreik auch all die schurkischen Pläne der Verräther und der nach der Diktatur strebenden Politiker unmöglich, zerstört ein für alle Mal jede Macht, statt sie wieder neuen Tyrannen glaubensselig anzuvertrauen, führt von unten auf die Expropriation und Vergesellschaftlichung der Produktionsmittel durch und macht so jede Reaction, Gegenrevolution oder Staatsstreich ein für alle Mal unmöglich. Der soziale Generalstreik ist somit die endgültige Emanzipation des Proletariats