Titel: Diskussionsbeiträge zum internationalen Treffen unter Anarchisten und Anti-Autoritären im Oktober 2011 in Brüssel
Datum: 2011
Bemerkungen: “Am 15. und 16. Oktober 2011 wurde zu einem internationalen Treffen „rund um das subversive Buch“ nach Brüssel eingeladen. An dieser zweitägigen Buchmesse sollte eine „Diskussion um revolutionäre Perspektiven aus einem anarchistischen und anti-autoritären Blickwinkel“ stattfinden. Es wurde dazu aufgerufen, im Voraus Diskussionsbeiträge einzuschicken, und es kamen etwa 15 Beiträge aus verschiedenen Ländern zusammen. Diese Texte wurden grösstenteils ins Französische, Italienische, Niederländische, Deutsche und Englische, einige auch ins Spanische und Portugiesische übersetzt. Diese Brochüre ist eine Zusammenstellung dieser Diskussionsbeiträge, wovon wir diejenigen auswählten, die uns am meisten ansprechen. Einige davon wurden bereits vor dem Treffen übersetzt und hierfür noch einmal überarbeitet, andere erscheinen mit dieser Broschüre zum ersten Mal auf Deutsch. Ein nächstes internationales Treffen wird voraussichtlich im November 2012 in der Schweiz stattfinden.” Weitere Texte unter: subversive.noblogs.org.

EINLADUNG

Von Unzufriedenheit...

Das Trugbild des sozialen Friedens, das jahrzehntelang in den Ländern Europas geherrscht hat, liegt heute an einigen Orten schlichtweg in Scherben, während es an anderen Orten allmählich seine ersten Risse aufzuweisen beginnt. In all diesen Jahren haben sich Revolutionäre und Anti-Autoritäre daran gewöhnt, ihre Kämpfe als einen berechtigten Versuch zu betrachten, den Grabstein der Befriedung aufzubrechen oder Spannungen, die hier und dort zu Tage kommen, zu vertiefen. Die momentanen Veränderungen scheinen jedoch Türen zu weitergehenden Möglichkeiten zu öffnen. Während einige Revolten wie jene im November 2005 in Frankreich oder jene im Dezember 2008 und April-Mai 2010 in Griechenland, (ohne dabei kleinere aber trotzdem wichtige Konflikte und diffuse Revolten zu vergessen) den Schatten wie durch Fackeln einer neuen Wut zurückschrecken lassen, werden wir durch die Aufstände an der anderen Seite des Mittelmeeres vor Herausforderungen gestellt, die lange Zeit nicht mehr wirklich Teil unseres Denkens und Agierens gewesen sind: die Frage des Aufstandes und jene der revolutionären Perspektiven oder um es mit andern Worten auszudrücken; der breiten und tiefgehenden Subversion der sozialen Verhältnisse. In einer stürmischen sozialen Situation liegt die Herausforderung nämlich gewiss nicht nur im Schüren der Flammen, sondern vielmehr im Wissen, wie dazu beigetragen werden kann, dem Feuer die Wärme der Freiheit zu verleihen. Angesichts dieser sich verändernden sozialen Situationen, die uns sowohl mit neuen als auch anderen als uns bisher bekannten Hindernissen konfrontieren, denken wir, dass es von besonderer Wichtigkeit ist, unsere Köpfe nach neuen Wegen zu durchforschen, die Modelle hinter uns zu lassen und über unsere Möglichkeiten nachzudenken, die der Entfachung des sozialen Sturmes als Ermutigung und Beitrag dienen können. Denn durch den Mangel an revolutionären Perspektiven, auf kleiner sowie grosser Skala, laufen wir schnell Gefahr, auf einem Abstellgleis zu landen, wo uns vor allem Stillstand erwartet.

…hin zu einer Gelegenheit

Wir denken, dass sowohl praktische Erfahrung als auch Zeit und Raum nötig sind, um erneut zur Entwicklung revolutionärer Perspektiven zu gelangen. Obwohl keine einzige Situation exakt einer anderen entspricht, erscheint uns die Grundlage, die Anarchisten und Anti-Autoritäre über alle Grenzen hinweg teilen, mehr als genügend, um eine Diskussion zu ermöglichen und eine Anzahl neuer Wege zu erforschen. Darum wollen wir von dieser internationalen anarchistischen Buchmesse eine der hoffentlich vielen Gelegenheiten kreieren, um uns Themen zuzuwenden, die uns nicht nur nahe am Herzen liegen aber darüber hinaus auch schon allzu lange Zeit unter den Teppich gekehrt wurden. Unserer Meinung nach, kann die relative Leere, erzeugt durch die aussichtslose und langweilige Wiederholung von aktivistischen/militanten Schemen, die Ideologisierung gewisser Methoden oder Ansatzpunkte und das wachsende Unvermögen, in immer labiler erscheinenden sozialen Situationen, das Feuer an die Lunte zu legen, überwunden werden, wenn wir uns erneut auf das Gebiet der revolutionären Hypothesen begeben. Mit dieser internationalen Buchrmesse wollen wir somit Platz für Diskussionen und informelle Begegnungen unter Anarchisten und Anti-Autoritären kreieren, die durch ihre Praxis und Ideen, ihre Aktivitäten und Kämpfe und ihre Interventionen und Hypothesen versuchen, diese Leere zu durchbrechen.

…und einer Einladung über die Grenzen hinweg

Wie aus diesem kurzen Abriss hoffentlich zu verstehen ist, ist der Ausgangspunkt dieser Zusammenkunft internationalistisch. Zum einen, weil eine gegenseitige Bereicherung über die Grenzen hinaus die Mühe immer Wert sein kann und zum anderen, was uns viel wichtiger scheint, weil uns die Frage der revolutionären Perspektiven, unweigerlich dazu führt, über die lokalen Besonderheiten hinauszugehen.

Wir wollen so viel wie möglich aus dieser Begegnung herausholen und denken, dass geschriebene Beiträge dabei als Unterstützung und Inspiration dienen können. Darum laden wir auch alle Gefährten von Herzen dazu ein, bereits im Vornherein Diskussionsbeiträge zu schreiben und uns zuzuschicken. Diese werden dann im Laufe der kommenden Monaten vor der Buchmesse übersetzt und verbreitet.

DIE ALTE GESCHICHTE DES INTERNATIONALISMUS

[Beitrag aus Belgien]

Ein kurzer Blick auf die Zeit der Ersten Internationalen und auf die revolutionären Brüderschaften, die dazumals eine permanente aufständische Spannung über die Grenzen hinaus zu stimulieren und zu beleben wussten, sagt schon viel über die paradoxe Situation aus, in der wir heute leben. Noch nie in der Geschichte des Menschen hat es so viele Transport-, Reise- und Kommunikationsmöglichkeiten gegeben. Noch nie haben sich die Verhältnisse von zahlreichen Ländern so sehr geglichen und doch scheint es als ob wir, als Anarchisten und Revolutionäre, uns noch nie so sehr an die staatlichen Grenzen gehalten hätten. Paradoxerweise scheint die Globalisierung der Herrschaft mit einer Ent-Internationalisierung ihrer erklärten Feinde einherzugehen.

Es ist ja nicht so, als ob sämtliche Spuren der alten Geschichte des Internationalismus hinweggefegt wurden, aber lasst uns ehrlich sein, die Situation ist miserabel. Einige solidarische Gesten und, im besten Falle, ein gewisses Teilen von Erfahrungen und Projektualitäten ist auch schon beinahe alles. Es reicht, einen Blick auf den schlicht beschämenden Mangel an Perspektiven bezüglich der Erhebungen auf der anderen Seite des Mittelmeeres zu werfen (oder wenn man will, bezüglich der Revolte vom Dezember 2008 in Griechenland), um sich darüber bewusst zu werden.

Die Tatsache, dass die Herrschaft die Kommunikation in eine Ware verwandelt hat, in ein Instrument der Abstumpfung und Entfremdung, hat auch den Traum des revolutionären Internationalismus nicht unberührt gelassen. Heute scheint der einzige innerhalb gewisser anarchistischer Kreise bestehende Internationalismus das weltweite Netz der Verbreitung von Passivität zu sein, mit seinen endlosen Informationsströmen, die unbegreiflich (weil von jeglichem Kontext und jeglichem Leben losgelöst), unantastbar (weil für den blossen Konsum vor dem Bildschirm bestimmt) und flüchtig sind (weil in ein wahres Datenbombardement getaucht). Das ganze Erleben von Zeit und Raum hat sich also tiefgehend verändert. Was heute noch eine Neuigkeit war, ist morgen bereits vergessen. Und auch wenn das Dort durch die Informationskanäle immmer schneller zum Hier gelangt, scheint das Hier umso unfähiger, mit dem Dort in Dialog zu treten. Es gibt keinen Zweifel daran, dass jegliche Erneuerung einer internationalistischen Perspektive unmittelbar auch eine neue Erfahrung und Auffassung von Zeit und Raum entwickeln muss. Anderenfalls ist sie dazu verurteilt, im zeitlichen und räumlichen Rahmen der Herrschaft zu krepieren. Wir könnten sogar einen Vergleich mit der alten Internationalen aufstellen: zu dieser Zeit, mitten im Wachstum der Nationalstaaten, war die Erschaffung eines internationalen Raumes bereits an sich ein Bruch mit der Herrschaft.

Auf welchen Wegen könnte der Internationalismus, die internationale revolutionäre Solidarität, erneut eine Stärke werden und ihre gegenwärtige technologische und aktivistische Verstümmelung hinter sich lassen? Dies ist eine Frage, die erneut auf den Tisch gestellt werden muss, es sei denn, wir sind der Ansicht, die Gegner der Herrschaft sollen sich umso mehr in lokale Mikrokosmen einnisten, umso universeller diese Herrschaft wird.

Wir erinnern uns noch an eine nicht so ferne Vergangenheit, in der Anarchisten versuchten, eine Art neue Internationale zu kreieren. Ein Projekt, das offensichtlich frühzeitig ein Ende fand. Uns zufolge sollte die Neubewertung des Internationalismus nicht mit der Bildung einer formellen Organisation beginnen (egal wie sehr sie sich selbst als „informell“ erklärt), sondern durch die bewusste Vervielfältigung von Gelegenheiten, sowohl für Diskussionen wie auch für Kämpfe. Wir alle wissen, wie wichtig und stimulierend es sein kann, Kampferfahrungen auszutauschen. Doch wenn es wahr ist, dass die soziale Instabilität in den kommenden Jahren nur ansteigen wird, und wenn es wahr ist, dass die Periode des dreissig jährigen Friedens auf dem europäischen Kontinent seinem Ende zu geht, dann gibt es nicht den geringsten Zweifel daran, dass es erneut an der Zeit ist, Hypothesen zu entwickeln. Wenn man die Texte und Briefe nocheinmal liest, die zwischen den – übrigens meistens informellen – antiautoritären Brüderschaften zu Zeiten der Internationalen zirkulierten, könnte man schon fast von einer wahren Besessenheit von Hypothesen sprechen, einem permanenten theoretischen und praktischen Abtasten des sozialen Horizonts nach Gelegenheiten, um das Feuer an die Lunte zu legen und den Aufstand vorzubereiten. Es ist nicht nur ihr revolutionärer Elan und ihr unzähmbarer Enthusiasmus, der uns noch immer anspricht, sondern auch ihr Mut, das Risiko einzugehen, falsch zu liegen, zu verlieren, Niederlagen einzustecken (oder eher, eine ganze Reihe von Niederlagen). Wer heutzutage nicht bereit ist, mit dem Kopf gegen die Wand zu prallen, eine immerzu mögliche Konsequenz des Willens, die Utopie in den Schoss der Konfrontation zu tragen, würde besser daran tun, sich der blossen Betrachtung der Ereignisse zu widmen. Denn die Komplexität der kommenden Konflikte; die Spannung, wie es einige beschrieben, zwischen dem sozialen Krieg und dem Bürgerkrieg; der Verlust der Sprache, um Ideen und Träume zu kommunizieren; die tiefgehende und unverkennbare Verstümmelung der Individuuen sind nicht blosse Voraussagen, sie sind mittlerweile Tatsachen. Es liegt an uns, den Mut zum Träumen zurückzufinden, es zu wagen, unsere Träume in der Erarbeitung von revolutionären und aufständischen Hypothesen zu verwirklichen, sei es ausgehend von einer explosiven Situation, von einem spezifischen Kampf, der bis zu seinem finalen Angriff geführt wird, von einem mutigen Versuch, sich angesichts der Vorangeschrittenheit des Massakers und des Bürgerkrieges aufzulehnen,…

Ein Beispiel kann hier vielleicht verdeutlichend wirken. Die Aufstände auf der anderen Seite des Mittelmeeres haben zeitweilig die Pforten Europas durchbrochen. Zehntausende von Menschen begaben sich illegal über die Grenzen und viele von ihnen hatten noch immer den süssen Geschmack der Revolte im Mund. Angesichts einer solchen, völlig neuen und unvorhersehbaren Situation, wie es diese Erhebungen waren, reicht es nicht mehr aus, unsere bewährten Rezepte über den Kampf gegen die Ausschaffungsknäste und Grenzen aus dem Schrank zu holen. Bewaffnet mit den Kampferfahrungen, die wir bereits gemacht haben, hätten wir vielleicht reell und konkret über eine Hypothese nachdenken können, wie der Aufstand, gemeinsam oder in Verbindung mit diesen zehntausenden von Menschen, auch auf den europäischen Kontinent hätte gebracht werden können. Dasselbe gilt übrigens auch für die Zeit der Aufstände selbst in Tunesien, Ägypten,…: welche Initiativen hätten wir ergreifen können, um auch hier die Fackel des Aufstands zu entzünden? Oder, um bescheidener zu beginnen, wie hätten wir die Revolten dort verteidigen und unterstützen können? Warum haben wir beispielsweise nicht, neben den symbolischen Aktionen, wirklich und definitiv die Botschaften dieser Länder besetzt und die Botschafter verjagt, die, wie vor allem im Falle von Libyen, regelrecht Söldner am rekrutieren waren, um Aufständische massakrieren zu gehen? Ich nehme an, dass dadurch unmittelbar deutlich wird, dass es unentbehrlich ist, sich auf internationalistischer Ebene möglichen Hypothesen anzunähern.

Lasst uns diese Sache vielleicht auch noch von einer anderen Seite betrachten: Wie oft sind wir nicht in spezifischen Kämpfen an Momenten angelangt, in denen es uns schlicht an einer genügenden Anzahl Gefährten mangelte (sowohl in quantitativer wie auch in qualitativer Hinsicht), um zu versuchen, was möglich schien? Denn, machen wir uns nichts vor, zur Zeit des Lauffeuers von Aufständen in Europa waren nie nur die Gefährten anwesend, die dort wohnten! Wie oft hätte der härter werdende Griff der Repression während einer intensiven Zeit (erhöhte Überwachung der betroffenen Gefährten, Druckausübung jeglicher Art, Einschränkung des Bewegungsraumes und auch die Zeitvergeudung durch das Herumschlagen mit den Wachhunden des Staates) durch das Kommen und den vorübergehenden Verbleib einiger anderer Gefährten nicht etwas entkräftet werden können? Ich glaube, dass wir uns trauen sollten, diese Fragen ohne a priori’s und ohne Angst in Betracht zu ziehen und nach möglichen Antwortansätzen zu suchen. Es ist nicht undenkbar mit Formen von internationaler Koordination zu experimentieren, ohne dabei zu formellen Erklärungen, zu offiziellen Kongressen oder, was irgendwie die andere Seite derselben Medaille sein könnte, zu einer totalen Heimlichkeit zu greifen, die bloss die Fantasmen der Internationale der Untersuchungsrichter aller Länder schüren würde. Vielleicht lässt sich auch darüber nachdenken, wie beispielsweise durch ein regelmässiges Korrespondenzbulletin, eine eigene Zeitlichkeit und ein eigener Raum geschaffen werden könnte, die nicht länger von den Informationskanälen abhängig sind, die nach der Logik der Macht stinken.

Über diese Frage lässt sich zweifelsohne noch viel mehr sagen. Ich bin mir darüber bewusst, dass dieser Text nur ein paar Steine ins stille Wasser wirft, aber ich hoffe, dass sie zu einer Diskussion beitragen könnten, die es sich zutraut, einigen Möglichkeiten den Weg zu ebenen.

DIE UTOPIE

[Beitrag aus Italien]

Seit einiger Zeit denke ich darüber nach, über gewisse Themen zu schreiben, und einige Texte, die ich gelesen habe, schienen mir zu verstehen zu geben, dass das, worüber ich schreiben werde, ein Gefühl ist, das auch bei anderen Kameraden präsent ist.

Es ist ein Bedürfnis, das ich schon immer verspürte, und das nicht nur niemals besänftigt wurde, sondern in letzter Zeit im Gegenteil einen immer grösseren Platz in meinen Überlegungen eingenommen hat: Ich spreche von der Utopie. Ihre Idee verfolgt mich mit eine neuen und stärkeren Beharrlichkeit, und dies liegt vielleicht an der Tatsache, dass die Suche nach ihr im Innern von dem, was man allgemein als anarchistische Bewegung definieren kann, langsam aber unerbittlich weniger, oder zumindest weniger obsessiv geworden ist. Dies ist jedenfalls mein Eindruck. Vielleicht desillusioniert von den Jahren, in denen wir nur Momente einkassiert haben, die als Niederlagen wahrgenommen wurden, müde von den schweren Schlägen (mehr moralische als physische), die einzustecken man immer riskiert, wenn man kämpft, und mit der Aussicht, die eigenen, verwegensten Träume nie verwirklicht zu sehen, scheint es eine gewisse Tendenz zu geben, sich mit wenig zufriedenzugeben: Lieber einen kleinen Kampf gewinnen, der die Stimmung hebt, anstatt auf der Suche nach dem endgültigen Sieg eine weitere Niederlage einzukassieren. Lieber es schaffen, die Dinge dieses elenden Bestehenden etwas zu verbessern, anstatt das Risiko einzugehen, es nie zu verbessern, in dem Versuch, es endgültig umzustürzen. Die permanente Suche danach, sich an die Situationen anzupassen, die unsere Zeit bietet, ist dabei, die Spannung zu ersetzen, die es verhinderte, sich anzupassen; die Hektik des irgendwie irgendetwas Tun, um sich lebendig und aktiv zu fühlen, läuft Gefahr, die Fähigkeit zu Analyse und Kritik zu ersetzen, welche von Nutzen sind, um eine eigene Projektualität zu entwickeln. Man gelangt schliesslich an den Punkt, das zu tun, was alle anderen tun, und so zu sprechen, wie alle anderen sprechen, denn eine andere Sprache zu benutzen, würde uns unverständlich machen und wir würden Gefahr laufen, isoliert zu bleiben. Man beteiligt sich alle zusammen an denselben Kämpfen, aber, als ob das nicht genügen würde, wir machen das alle auf dieselbe Art und Weise, indem wir dieselben Mittel benutzen, die auf lange Frist in die Sterilität führen, ausser dass man entdeckt, dass wir, durch das Nachjagen von dem, was die anarchistische Bewegung tut, unsere Vorstellungskraft fortgeworfen haben und die Fantasie schrumpfen liessen, welche nützlich sind für die Fortführung der Kämpfe, die wir aufgenommen haben...

Und eben diese Kämpfe? Von mittelmässig zu etwas breiterem und grandioserem laufen sie Gefahr, sich in einen Zweck für sich zu verwandeln, und eben hier ist es, wo man die Utopie aus dem Blick verliert. Immer seltener passiert es mir, dass ich mit Kameraden über grössere Träume spreche, nicht als Tagträume verstanden, die man beiseite legt, wenn man fertig fantasiert hat, sondern als erhabenes Bestreben, nach dem man sich richtet, als etwas zu verfolgendes, um zu versuchen, es zu realisieren. Die Utopie ist für mich nicht eine inexistente Insel in der Welt, sondern ein Drängen, das das Blut in das Herz und in das Hirn pumpt, eine Idee, die kein Waffenstillstand kennt; sie ist die Spannung, die mich zum Handeln antreibt, und das Bewusstsein, das mir erlaubt, die Angst zu überwinden. Die Utopie ist eine der Gründe, wieso ich Anarchist bin, denn nur sie bietet mir die Möglichkeit, nicht nur für eine neue Welt zu kämpfen, sondern für etwas, das noch nie verwirklicht wurde. Dies ist meine Utopie: der Versuch, dieses Etwas zu konkretisieren, das noch nie vollbracht wurde, das Bestreben, in einer Welt zu leben, die nicht die heutige ist und auch nicht jene von vor einigen tausend Jahren. Etwas, das zu versuchen nur durch einen insurrektionellen Bruchmoment möglich ist, einen Moment, der nur die Öffnung einer Möglichkeit bedeuten würde, der mich vor einen tiefen Abgrund stellen und das Schwindelgefühl verspüren lassen könnte, während er die Möglichkeit offen lässt, dass es am Grund etwas schrecklich faszinierendes, wie auch etwas absolut schreckliches gibt. Ein Sprung ins Unbekannte schliesslich, ohne im Vorhinein zu wissen, wie die Gesellschaft sein müsste, die ich wünsche, sondern ausgehend von all dem, was ich nicht wünsche.

Das Undenkbare denken, also, als Grundbedingung, um das Unmögliche zu versuchen.

Wer von Anfang an das Ende betrachtet, wer die Gewissheit braucht, ans Ziel zu kommen, bevor er beginnt, wird niemals dort ankommen.“

A. Libertad

 

BEISPIELLOS

[Beitrag aus Italien]

  Beispiellos. Dies ist die Charakteristik der Epoche, die wir voller Staunen, Sorge, Entsetzen und Hoffnung durchleben. Nicht, dass die Geschichte in der Vergangenheit keine Kriege, Insurrektionen oder zusammenbrechende Wirtschaften gekannt hätte. Aber, im Nachhinein und mit gebührendem Sicherheitsabstand betrachtet, schien es stets einfach, die beteiligten Parteien, ihre Beweggründe und den Einfluss der jeweiligen Handlungen der Protagonisten auf die Aneinanderkettung der Ereignisse festzustellen. Die beiden letzten Jahrhunderte haben uns eine Kenntnis überliefert, die ausgeschöpft werden kann, sie haben unsere Gewissheiten und unsere Zweifel ausgefeilt, sie haben das Handbuch zusammengestellt, das wir in unserem täglichen Agieren benutzen. Das dritte Jahrtausend hat sich aber unmittelbar im Zeichen des Unvorhergesehenen geöffnet.

Wer hätte am Morgen des 11. September 2001, beim Aufwachen gesagt, dass die Welt einige Stunden später nie wieder dieselbe sein wird? Die zehn Jahre, die seit damals verstrichen, haben nichts anderes getan, als unsere gefestigten Bezugspunkte einen nach dem anderen zu zerstören. Bis wir heute ankommen, mit einem seit langem auf der Kippe zwischen Reaktion und Revolution stehenden europäischen Land (Griechenland), mit einem anderen, das für sein in Feuer und Flamme gestecktes Phlegma berühmt ist (England), mit wiederum anderen, die kurz vor dem ökonomischen Zusammenbruch stehen (Italien, Spanien, Portugal, Irland); mit fernen Regimen, die ewig schienen, und innert einiger Wochen in Stücke flogen (Tunesien, Ägypten, Libyen), während andere gezwungen sind, in einer erbarmungslosen Repression gegen die eigene Bevölkerung zu überleben (Syrien); und mit der globalen Supermacht selbst, den Vereinigten Staaten, den Chefs der Welt, die sich gezwungen sehen, mit einer katastrophalen Wirtschaftsbilanz abzurechnen. Ohne von den zahlreichen Kriegen zu sprechen, die von kurzer Dauer hätten sein sollen und stattdessen noch immer andauern (Irak und Afghanistan), von den Konflikten, die besänftigt schienen, und die wiederauflebten (Isreal-Palestina), von den Massenmigrationen, die (auf die eine oder andere Weise) die Lebensweise von Millionen von Menschen durcheinanderbrachten, von den ziemlich wenig natürlichen Katastrophen, die nicht nur einen umweltlichen, sondern auch einen sozialen und politischen Wandel mit sich bringen. Bis wir beim alltäglichen Leben angelangen, jenes, das wir Tag für Tag mit uns schleppen, während wir uns immer mehr mit dem Mangel an entfremdender, aber notwendiger Arbeit herumschlagen, um einen Lohn zu erhalten, der nicht ausreicht, um Waren zu kaufen, die nichts Wert sind… Alles trägt dazu bei, das Bewusstsein zu verbreiten, dass diese Gegenwart keine Zukunft hat.

Die Welt, die wir kennen, die einzige, von der wir eine direkte Erfahrung hatten, zerbröckelt vor unseren Augen. Es ist hier unwichtig, festzulegen, ob ihr Zusammenbruch das Resultat einer schlechten Verwaltung der Macht oder auch der Kämpfe der sozialen Bewegungen sei, ob er eine alte Vorhersage sei, die sich verwirklicht, oder eine überaschende Neuheit. Gewissermassen ist es auch ziemlich unwichtig, zu wissen, ob er wirklich und materiell ist, oder ob es sich um die x-te virtuelle Täuschung handelt. Sicher ist, dass er wahrgenommen, empfunden wird. Und für diejenigen, die beabsichtigen, diese Welt umzustürzen, kann dies nur eine gute Nachricht sein. Wir brauchen nicht länger zu versuchen, Löcher in die Mauer der Zustimmung zu schlagen, welche die soziale Ordnung beherrscht: diese Mauer ist bereits am zerbröckeln. Nichts ist mehr wie zuvor. Und doch ruft die Situation, die entstanden ist, und die unsererseits theoretisch nur Enthusiasmus wecken dürfte, praktisch gesehen vor allem Verwirrung hervor. Was können wir tun, geboren und aufgewachsen im vergangenen Jahrhundert, im vergangenen Jahrtausend, um zeitgemäss und aktuell zu sein? Die Sprache, die Interpretationsmuster, an die wir gewöhnt sind, scheinen nicht mehr zu viel nützlich zu sein und erweisen sich als immer unbrauchbarer. Wir laufen Gefahr, wie historische Relikte auszusehen, wie staubige Antiquitäten, reif für die Museen.

Darum ist eine breitere Auseinandersetzung mehr denn je notwendig und dringend. Vor uns öffnen sich unvorstellbare Möglichkeiten. Um sie ergreifen zu können, müssen wir nicht die Lektion auswendig lernen, aber uns auch nicht dem reinen Zufall anvertrauen, und noch weniger irgendwelche kurzlebigen ideologischen Moden verfolgen. Sich Treffen, Diskutieren, der Austausch der eigenen Ideen bezüglich… (ja, bezüglich was nochmal?), wird immer unentbehrlicher.

Eine neue Welt

Ein berühmter Satz von Buenaventura Durruti kommt uns in den Sinn. Lasst uns keine Angst vor den Ruinen haben, denn in unseren Herzen wächst bereits eine neue Welt. Also, lasst uns von da ausgehen. Wenn der Zusammenbruch dieser Welt auf dem alten Kontinent dazu neigt, Reaktionen mit nihilistischen oder citoyennistischen Zügen hervorzurufen, dann ist das, weil es in den Herzen der Menschen, die ihn bewohnen, keine neue Welt mehr gibt. In Nordafrika kämpfen die Revoltierenden mit Mut und Entschlossenheit, auch weil sie noch immer eine Hoffnung haben, die sie antreibt. Wir wissen, dass der Mythos der Demokratie eine Lüge ist, und wir wiederholen (uns), dass sie in ihrem Mund nur ein Vorwand ist, um sich zu entfesseln. Doch, ob es sich nun um einen Vorwand oder um einen Beweggrund handelt, es ist unnütz, sich zu verheimlichen, dass sie diesen Mythos brauchen, dass sie einen Traum brauchen, der sie dazu anstachelt, zu zerstören, was seine Realisierung behindert. Alle Revolutionen hatten einen Traum nötig, der genug mächtig und berauschend war, um die Menschen zu begeistern und sie zur Aktion anzutreiben. Und dieser Traum war immer etwas anderes bezüglich der miserablen Zugeständnisse des Bestehenden. Die direkte Demokratie, auf die sich die Wütenden [frz.: Enragés] beriefen, war vor 1789 unvorstellbar, ebenso wie es die Kommune vor 1871, oder der Soviet vor 1917, oder die Kollektivität vor 1936 war…

Doch heute, hier im Westen, was ist der Traum? Die einzige Utopie, die unbeschmutzt blieb (in einem gewissen Sinne, auch wenn es schrecklich ist, dies zu sagen, auch dank der Niederlage der Spanischen Revolution), ist jene der Anarchie, einer Welt ohne jegliche Machtverhältnisse. Trotzdem kann man unter eben den Anarchisten ein gewisses Zögern feststellen, sie zu verfechten, die Verlegenheit von jemandem, der nicht zu wenig praktisch, allzu unrealistisch scheinen will. Und dann, an wen wenden wir uns? Unter dem unaufhaltberen Druck der technologischen Entwicklung haben die letzten Jahrzehnte die Erosion jeglichen Sinns, die Verzerrung der Worte, die Generalisierung der Aphasie gesehen. Das Babylon des freien Marktes ist auch das Babel der Unkommunizierbarkeit.

Dies hat nicht das Verschwinden der sogenannten sozialen Frage herbeigeführt, sondern vielmehr das ihres Bewusstseins. Die heutigen sozialen Kämpfe werden nicht von Ausgebeuteten geführt, die der Ausbeutung ein Ende setzen wollen (und sich leider noch immer Politikanten anvertrauen, die bereit sind, sie zu verraten), sondern von integrierten Bürgern, die bloss eine authentischere Demokratie verlangen. Gleichzeitig haben die Revolten, die in unserer Ecke der Welt unerwartet ausbrechen, für Gewöhnlich keinen Inhalt haben, formulieren sie keine Forderungen, weisen sie keine Perspektiven auf, sind sie nur Wutexplosionen. Diese Tendenz, die in Europa gut sichtbar ist, hat den Grossteil der anarchistischen Bewegung dazu getrieben, sich zu teilen, zwei scheinbar entgegengestellte, aber in Wirklichkeit spiegelverkehrte Wege einzuschlagen.

Nachdem einmal jegliche Hoffnung im Herzen eingeschläfert war, zeichnete sich in den Augen vieler Kameraden, die nicht vor haben, zu resignieren, eine trockene, brutale und unvermeidliche Alternative ab. Entweder auf jeden Versuch verzichten, Massen miteinzubeziehen, die scheinbar immer entfremdeter werden, und den sozialen Krieg in einen privaten Krieg zwischen den Anarchisten und dem Staat verwandeln (Luttarmatismus[1]). Oder dieser Miteinbeziehung hinterherrennen, bis man sich den „Dynamiken“ der Massen anpasst und ihre Forderungen wiederaufgreift, während man den sozialen Krieg in einen Protest der Bürgergesellschaft gegen den Staat verwandelt (Citoyennismus[2]). Wir kommen nicht umhin, festzustellen, dass der Ausgangspunkt dieser beiden Wege derselbe ist: die Feststellung, dass die uns umgebende Realität keine revolutionäre Intervention mehr ermöglicht, derart, wie sie im vergangenen Jahrhundert praktiziert oder auch nur erhofft wurde.

Lasst uns deutlich sein: diese beiden Hypothesen liefern Antworten auf wirkliche, konkrete Bedürfnisse, die wir niemals in Frage stellen. Es ist nur, dass der Versuch, auf die uns umgebende Wirklichkeit einzuwirken, sich in den Formen unterteilt hat, so dass die verschiedenen Art und Weisen des Kampfes einander nicht mehr ergänzen, sondern sich in zwei Alternativen polarisiert haben, die gleichermassen politisch sind: einerseits die absichtlich akritische Beteiligung an den „Kämpfen der Bevölkerung“, andererseits die Bildung einer spezifischen Organisation, die sich zu den verschiedenen Angriffen gegen die Macht bekennen wird. Heute ist es eben das Eindringen der Politik und ihrer Berechnungen in eine Bewegung, die ihr feindlich gesinnt war, was einer der Hauptgründe der heutigen „Depression“ ist, die viele Kameraden betrübt. Und je mehr sich die Politik als „Siegerin“ erweist, dank einem skrupellosen Gebrauch der verschiedenen selbstwerbenden Tricks, desto weniger gelingt es einem, ohne sie auszukommen.

Welche Wege?

Dem Anarcho-citoyennismus ist es gelungen, die Kameraden in einigen Massenkontexten beliebt zu machen, ihnen Sichtbarkeit und Zustimmung zu verschaffen, doch… unter welchen Bedingungen? Zum Preis, derauf zu verzichten, Anarchisten zu sein, zu lernen, das eigene Denken zu verkleiden oder zu verschweigen, das Ununterstützbare zu unterstützen. Es handelt sich um einen „Sieg“, dem es nicht gelingt, den schäbigen Opportunismus zu verhüllen, der ihn möglich machte, und der entwas schaffte, was einst undenkbar war: die eigentliche Hypothese der Intervention in einen sozialen Kampf von vielen Kameraden verabscheuen zu lassen, eine Intervention, die mittlerweile als Synonym für Kompromis verstanden wird. Aber wie kann das überraschen, nachdem wir gesehen haben, wie Anarchisten Konferenzen mit Reformisten organisiert und den Autoritäten Unterschriftenbögen vorgelegt haben? Wie kann das verwundern, nachdem wir gehört haben, wie sie eine grössere Warenzirkulation wünschen und den sogenannten pazifistischen Parteien vorwerfen, ihre institutionelle Pflicht nicht zu tun? Wie kann man sich beklagen, nachdem wir gesehen haben, wie sie Arm in Arm mit Stalinisten und Priestern gehen? Es ist nicht nur das, sondern, dass diese zutiefst politische Auffassung des sozialen Kampfes als eine durch eine undiskutierbare historische Erfahrung erworbene Wahrheit vertickt wird. „Teilen oder Staat“ [„Condivisione o Stato“, ein Slogan des Val Susa, Anm. d. Ü.] – dies ist das pathetische Diktat, das jene, denen es an Argumenten mangelt, heute durchzusetzen versuchen, um sich nicht mit den Problemen auseinanderzusetzen.

Und doch, vor der Ausbreitung der Wut, dem Ausbruch immer grösserer Proteste, der Öffnung neuer Perspektiven, wäre es absurd, sich der Möglichkeit zu berauben, in breitere Kontexte zu intervenieren, nur, weil man von dem lärmenden Marketing einiger kleinen Bewegungsführer betäubt ist. Darum, anstatt sich über die unvermeidlichen Parzialität der sozialen Kämpfe zu entsetzen, müssen wir versuchen, auch in ihrem Innern zu kämpfen, während wir wissen und klarstellen, dass die soziale Natur eines Kampfes von seiner qualitativen Dimension gegeben wird, und gewiss nicht von der quantitativen. Einige wenige Kameraden, die die Baustellen des TAV sabotieren, zum Beispiel, führen auf ihre Weise einen sozialen Kampf, da die Hochgeschwindigkeit ein Problem ist, das alle betrifft, ohne Unterschied. Viele Kameraden, die für die Abschaffung der lebenslänglichen Freiheitsstrafe demonstrieren, um ein anderes Beispiel zu machen, tragen auf die Weise von anderen einen politischen Kampf aus, da die lebenslängliche Haft ein Problem ist, das nur sehr wenige Leute betrifft, und das nur auf gesetzlicher Ebene eine abolitionistische Lösung finden kann.

Wir wollen uns deshalb nicht von den sozialen Kämpfen fernhalten. Wir wollen uns von den Politikern fernhalten, die sie befallen, Anarchisten mit eingeschlossen.

Der Anarcho-Luttarmatismus seinerseits, auch dort, wo es ihm öfters und mit besseren Resultaten gelang, den Feind direkt zu treffen (wie in Griechenland oder in Latinamerika), neigt aber dazu, die soziale Subversion auf eine rein militärische Tatsache, auf eine Konfrontation zwischen uns und ihnen zu reduzieren. Es genügt, festzustellen, wieviele Aktionen explizit als Antwort auf repressive Operationen ausgeführt werden. Anstatt den Kampf gegen die Herrschaft in allen Aspekten fortzuführen und zu verbreitern, beschränkt sich die so verstandene Solidarität auf eine Verteidigung des eigenen Gärtchens: die Anarchisten greifen den Staat an, welcher die Kameraden einsperrt, der Staat reagiert seinerseits, indem er andere Anarchisten einsperrt, welche reagieren, indem sie den Staat angreifen, welcher seinerseits reagiert, indem er andere Anarchisten verhaftet, welche ihrerseits… Und es entsteht ein regelrechter Teufelskreis, der umso weniger verlockend wird, wenn er in jene triste Rhetorik gekleidet wird, welche das Märtyrertum und die Aufopferung verherrlicht. Es handelt sich nicht mehr um einen Kampf, der darauf abzielt, ein Leben umzuwälzen, das für die überwiegende Mehrheit der Leute untragbar ist, sondern um ein Duell zwischen einigen rebellischen Individuen und dem Staat. Die Tatsache, dass diese Konfrontation manchmal auf der Titelseite der Zeitungen landet, macht sie deswegen nicht interessanter, so oder so wird sie als eine private Angelegenheit wahrgenommen und als solche kann sie nur ein Publikum von Zuschauern anziehen. Und nicht nur das, und das ist der schlimmste Aspekt, denn der Luttarmatismus macht, dass der Angriff gegen die Strukturen und die Verantwortlichkeiten der Herrschaft die Eigenschaft von spezifischen Organisationen, anstatt von einer ganzen Bewegung wird. Und dies ist durchaus nicht eine natürliche Notwendigkeit. Es ist eine willentliche Entscheidung. Wie ein grosser Teil der Geschichte der anarchistischen Bewegung zeigt, kann die „Propaganda der Tat“ sehr gut von der Bewegung in ihrer Gesamtheit in Gang gesetzt werden. Und dies passiert, wenn die Aktion anonym bleibt, ohne irgendjemanden, der sich zu ihrem Urheber bekennt. Wenn die Aktion nicht jemandem im Besonderen gehört, dann kann sie allen im Allgemeinen gehören. Aber wenn man sich die Mühe macht, sich zu ihr zu bekennen, das eigene Kennzeichen darunterzusetzen, dann ist das, weil man vor der ganzen Welt betonen will, dass diese Aktion jemandem gehört.

Trotz dem Anschein gleichen und nähren sich Citoyennismus und Luttarmatismus gegenseitig. Die Öffnung zum Kompromiss des ersteren stimuliert die identitäre Einschliessung des zweiteren, und umgekehrt. Der Citoyennist, der auf die eigene Radikalität schwört, während er dem Politiker die Hand schüttelt, unterscheidet sich nicht allzu sehr vom Luttarmatisten, der auf die eigene Informalität schwört, während er eine Organisation schafft, die mit Sigeln und Programmen ausgerüstet ist. Der erste sucht die Zustimmung der Massen, und verschmäht deshalb nicht die Mikrophone der Journalisten. Der Zweite verachtet die Massen, sucht aber die Scheinwerfer der Medien. Alle beide, auf ihre Weise, rennen der Sichtbarkeit hinterher.

Als immens viel wünschenswerter betrachten wir eine anonyme und informelle Bewegung – eine autonome anarchistische Bewegung, wie man vor einiger Zeit sagte, bevor diese Definition von Richtern und Journalisten entstellt wurde –, die gegenüber der Welt, die sie umgibt, nicht auf ihre Andersheit verzichtet. Die aber auch nicht auf die Möglichkeit verzichtet, sie zu untergraben, beziehungsweise nicht zulässt, diese neue Welt in ihrem Herzen auslöschen zu lassen, die uns die Ruinen nicht fürchten lässt. Die Utopie ist das einzige Gegenmittel gegen den Citoyennismus und gegen den Nihilismus. Wir leben wie Gäste, unwillkommen und unerwünscht, in der alten verfallenen Welt. Ihr Niedergang beunruhigt uns nicht, im Gegenteil, wir beabsichtigen sehr, ihr Verschwinden zu beschleunigen.

Perspektiven

Wie oft muss man seine Träume zerschlagen sehen, bevor man aufhört, zu träumen? Wie oft muss man sein Vertrauen verraten fühlen, bevor man beginnt, allem zu misstrauen? Wie oft muss man seine Ideen verleugnet sehen, bevor man sich mit wandelbaren Meinungen zufriedengibt? Wie oft muss man sein Denken banalisiert werden hören, bevor man auf jegliche Kommunikation verzichtet? Es gibt Leute, die sich weiterhin diese Fragen stellen, während sie in ihrem Herzen hoffen, niemals eine Antwort zu finden. Auch wir. Dickköpfig oder einfach dumm, unzeitgemäss oder einfach verspätet, halten wir es für untragbar, im Wehmut zu versinken, genau in dem Moment, in dem sich neue und faszinierende Möglichkeiten öffnen.

Doch – dies muss man sich bewusst sein – es ist nicht die subversive Propaganda, nicht die Bildung einer revolutionären Organisation, die die Revoltieren auf die Strassen treibt. Es ist das Elend, materiell und emotional, dieses Lebens, das wir alle täglich mit uns schleppen. Wenn dies bereits in der Vergangenheit wahr war, dann stimmt es heute noch viel mehr, da hinter den Hügeln keine Sonne der Zukunft mehr zu erahnen ist, sondern vielmehr die Nacht des urweltlichen Chaos. Angesichts dieser Dunkelheit verschliessen sich die Militanten weiterhin im eigenen Kloster, aus Angst, mit dem gewöhnlichen Gesindel verwechselt zu werden, während sich die Intellektuellen weiterhin Fragen stellen über die Krise der Repräsentanz. Doch es gibt nichts zu verurteilen oder zu verherrlichen in den modernen Revolten, diese Revolten, die unsere gewöhnlichen Orientierungskompasse ausser Funktion setzen. Es gibt alles zu konfrontieren.

Während Jahrzehnten sind wir praktisch stillstehend in den ruhigen Gewässern der sozialen Befriedung geblieben, in Erwartung des Windes, der fähig ist, uns in Richtung unserer jeweiligen Ziele zu bewegen. Unsere Hoffnungen und unsere Vorahnungen wurden enttäuscht, es ist nicht ein einfacher Windstoss, der sich hier erhebt. Am Horizont zeichnet sich ein schwarzer Himmel ab, der nur heftige Stürme verspricht. Und nun, was wollen wir tun? Senken wir die Segel und werfen wir den Anker ab, entschlossen, stehen zu bleiben, weil die Gefahr, einen Schiffbruch zu erleiden, zu gross ist, oder stärken wir unser Boot so gut wie möglich und lösen wir die Taue?

Die Tatsache, dass die Aufruhre, die unvorhergesehen ausbrechen, in der Zeit und im Inhalt begrenzt sind, ist ein falsches Problem. Wenn sie das sind, dann ist das auch der Abwesenheit von jenen verschuldet, die dazu beitragen könnten, sie zu verlängern und zu vertiefen. Und auch wenn es auch nur die Fieberausschläge eines kranken sozialen Körpers wären, bleibt noch immer die Tatsache, dass sie eine Senkung der Immunverteidigung mit sich bringen, die imstande ist, das Eindringen der fatalen Infektion, auf die wir hoffen, zu vereinfachen. Selbst wenn es die kurze, gewährte Pause vor der Klassenarbeit ist, bleibt noch immer die Tatsache, dass es an uns liegt, es zu schaffen, das Räderwerk der Glocke zu sabotieren. Und wenn jene, die sich an ihnen beteiligen, im Grunde keine revolutionären Absichten hegen, wenn sie mehr von der Verbitterung über ihre soziale Ausschliessung getrieben sind, als von der Verweigerung jeglicher institutionellen Integration, dann ist auch das ziemlich unwichtig. Was diese Aufrüttelungen sowieso wünschenswert macht, ist die Unterbrechung der Normalität, die es ihnen gelingt, durchzusetzen, eine unentbehrliche Voraussetzung für jeglichen Versuch der Veränderung der Realität. Es geht nicht darum, die Manieren jener zu teilen, die sich mit den Ordnungskräften konfrontieren, und auch nicht darum, zu versuchen, sie zu pädagogisieren, indem man ihnen mit den heiligen subversiven Texten in den Händen hinterherrennt, wenn sie zum Ansturm auf alberne Waren übergehen. Es geht darum, sich in das Chaos zu stürzen, das sich kreiert – auch wenn aus banalen Gründen, auch wenn auf gesteuerte Weise – und zu versuchen, jegliche Rückkehr zur Ordnung der Bedürfnisse abzulenken, zu hindern, zu verzögern und aufzuhalten. Was bedeutet, wertvolle Zeit zu entreissen, um das Chaos der Verlangen zu erproben, zu verbreiten und zu verfestigen.

Darum wird es für uns, im Licht der neuen Brandherde, die aufglühen, und mit dem Klima, das man in ganz Europa einatmet, immer wichtiger, zu schauen, dass wir nicht unvorbereitet da stehen. Während wir unser Agieren weder planen, um uns gegen das Unbekannte abzuschirmen, noch dort neue Komplizenschaften suchen, wo es keine geben kann, und darin enden, die unwissenden Sozialassistenten unseres Schicksals zu weden. Ohne Garantien, ohne Sicherheiten, ohne Angst vor dem, was unentzifferbar ist. Doch es wäre besser, angesichts der nicht mehr so fernen Möglichkeit, dass auch vor unserem Haus ein Brand ausbricht, bereits eine mehr oder weniger deutliche Idee davon zu haben, wohin wir gehen und was wir tun wollen, während wir vertiefen, wie wir das tun wollen und wieso.

„Es gibt keine Organisation, die über meiner individuellen Freiheit steht…
und sowieso will ich nicht Teil einer Revolution sein, bei der man nicht tanzen kann.“

IM KÄFIG DER DOGMEN...

[Beitrag aus Belgien]

Es ist nicht nur die soziale Befriedung, die während all dieser Jahre unser revolutionäres Vorstellungsvermögen in eine Zwangsjacke zwängte. Es ist nicht nur die Welt der Macht und des Geldes, die unsere wildesten und unbeugsamsten Träume erstickte und sie in unmittelbar konsumierbare Waren verwandelte. Es ist nicht nur das grosse Theater von demokratischen Meinungen, das unsere Ideen daran hinderte, zu wachsen und sich zu verbreiten. Genauso wie es nicht nur das überall um uns herum präsente reaktionäre Denken ist, das uns mundtot machte und uns unsere Worte, unsere Gedanken und unsere tiefsten Verlangen hinunterschlucken liess.

Es sind ebenso sehr die Dogmen unserer eigenen Bewegung, die uns die Hände banden, die uns am Sprechen hinderten, die uns wie ein Klotz am Bein hingen. Allzu lange haben wir geglaubt, „Propaganda“ sei etwas Schlechtes, denn wir wollten gewiss nicht Stalin oder Hitler gleichen. Allzu lange haben wir geglaubt, wir könnten unsere Ideen nicht verbreiten, denn wir hatten Angst, Missionären zu gleichen. Ebenso wie wir den anti-autoritären Wein mit Wasser verdünnten, um niemanden abzuschrecken. Zu lange, viel zu lange haben wir uns selbst die Augen verbunden, indem wir glaubten, dass unsere Ideen für „die Masse“ nicht zugänglich, nicht verständlich seien. Wir liessen ausser Acht, dass unser Befreiungsweg mit unserem individuellen Verlangen nach Freiheit und Experiment begann und dass uns die Kon frontation mit anti-autoritären Ideen einen guten Stoss voran gegeben hat. Eingeschlossen in unseren Ghettos, während wir uns für so unendlich viel anders als alle anderen hielten. Dass die Spuren dieser Ghettos in einer jungen Bewegung, die sich selbst davon losgerissen hat, noch immer präsent sind, ist nicht verwunderlich. Nicht verwunderlich, aber dennoch störend. Diese Spuren hindern uns daran, unseren Stolz zu voller Blüte aufblühen zu lassen, den Stolz, uns als Anarchisten auf anti-autoritäre Ideen zu stützen, in dieser Welt und auf offener Strasse. Die Ghettos haben dafür gesorgt, dass wir nicht mehr fähig waren, in Worte zu fassen, was wir in uns hatten, dass wir uns selbst als Randständige betrachteten. Innerhalb der Ghettos war es uns verboten, nachzudenken, denn dies sei etwas für Intellektuelle. Es war uns verboten, zu schreiben, denn das machen nur die Akademiker. Und so lernten wir unsere Worte, je nach dem, an wen wir uns richteten, zu verändern und vorzukauen. Sich nach dem Wind ausrichtend, immerzu nach dem Wind ausrichtend.

Für jene, die nachts über die Revolution fantasierten, war es schwierig, diesen Traum am Leben zu erhalten. Denn die Welt um uns herum wurde immer totalitärer. Kameraden sagten, dass wir unsere jugendlichen Träume begraben müssten, da es schlussendlich doch keinen Sinn hätte. Das Verlangen nach Revolution, so sagte man, sei nichts anderes als auf den Grossen Tag zu warten. Vom Verlangen nach der Revolution zu sprechen, war ebenso verboten, denn dies würde bedeuten, den Menschen eine Fata Morgana vor Augen zu halten, grossmäulerisch Säcke voller Luft zu verkaufen. Gewisse Kameraden hatten beschlossen, dass sie nicht länger warten wollen, vergassen dabei aber, dass das nicht heisst, unsere revolutionären Träume fallen zu lassen. Das Handeln im Jetzt wird manchmal darauf reduziert, die Gegenwart zu ergreifen, und nichts anderes. Das Carpe diem muss aber nicht bedeuten, dass es keine Zukunft gibt. Die Eroberung des Hier und Jetzts ist vielmehr der einzige Weg nach einer freien Zukunft. Dies ist der Grund, wieso wir es tun.

Und so wurden die Dinge in unseren Köpfen eingemauert. Wir begannen, zu glauben, dass wir den Anderen, den Menschen, die nicht zu unserem Klub gehörten, keine Vorschläge machen dürften. Denn wir wollten keine Politiker, keine Autoritären sein. Wir wussten, dass uns die Selbstorganisation wichtig war, wir wollten jedoch andere, prüde wie wir waren, nicht mit unseren Erfahrungen bereichern. Und wir vergassen, dass uns andere vielleicht auch bereichern könnten. Aus Angst, etwas zu sein, das wir nicht sein wollten (und das wir sowieso nicht sind), errichteten wir Mauern um unsere Füsse.

Dogma für Dogma fügte sich auch jenes Dogma an, nach dem wir beim Hören von Nachrichten über Revolten nicht in Begeisterung geraten dürften, denn wir müssen uns alle bewusst halten oder sogar in den Vordergund stellen, dass dies keineanarchistischen Revolten seien. Wir sind keine Anhänger der Masse, wir warten nicht darauf, genug zahlreich zu sein, um zu kämpfen. Wir bevorzugen den mit der anonymen Kollektivität geteilten individuellen Weg, die Entfaltung von befreienden Ideen, anstatt die Verwirrung, die durch ihre Verbreitung der beste Nährboden für künftige Chefs ist. Aber... eine grosse Gruppe von Menschen ist nicht notwendigerweise eine Masse und kann ebenso gut eine Gruppe von Individuen sein. Eine Revolte als negativ abzustempfeln, weil es sich um eine Gruppe von Menschen handelt, hat weder Grund noch Boden. Ihre Protagonisten immer wieder aus der Entfernung nach anarchistischen Kriterien zu messen, reduziert den Anarchismus auf eine weinerliche und lähmende Meinung und nimmt ihm die Lebendigkeit des Kampfes. Schliesslich hatte auch die Solidarität diesen Weg zu gehen: anstatt zu versuchen, ihr ihren revolutionären Inhalt zurückzugeben, kriegt sie den Stempel des Aktivismus aufgedrückt.

...hilft uns der Wind der Insurrektion, sie zu durchbrechen...

Heute sind Dinge im Gange, die tief in unserem Innern etwas wach rütteln. In vielen von uns sitzt da noch immer der alte Traum: für die Freiheit zu kämpfen. Halb nackt, aber jeder mit seinem Bündel voller Erfahrungen, versuchen wir über die Insurrektion und über die Revolution nachzudenken. Es gibt nicht wenige, die sagen, dass uns die Tatsache nicht betrifft, dass in Nordafrika oder im Mittleren Osten Erhebungen losbrechen. Warum sollten wir Dingen Aufmerksamkeit schenken, die sich auf anderen Kontinenten abspielen? Lasst uns zunächst einmal betonen, dass es sich hierbei nicht um blosse Ereignisse handelt, sondern um Volksauflehnungen, um Leute, die sich organisieren, die sich gegen die Macht und gegen ihre jahrelang erlittene Unterdrückung auflehnen. Wenn es uns als Anarchisten nicht gelingt, uns darin wiederzuerkennen, dann sollten wir uns lieber fragen, wohin sich unser Kampfgeist, ausgetrocknet wie er ist, verflüchtigt hat. Zweitens sind wir Internationalisten, lasst uns also die Grenzen herausfeilen, die der wachsende Nationalismus auch in unsere Köpfe gekerbt hat. Ausserdem haben diese Erhebungen auch einen zauberhaften Charakter für uns, hier und jetzt. Sie haben die Denkbarkeit der Insurrektion wiederbelebt. Diese mutigen Menschen auf der andern Seite des Mittelmeeres und an anderen Orten haben uns geholfen, die Mauern herunterzureissen, die uns den Horizont versperren; uns und vielen anderen. In den Strassen der Stadt, in der wir wohnen, ruft das Wort Revolution ein ungekanntes Echo hervor. Und schlussendlich kann niemand abstreiten, die Situation dort unten stünde nicht in direkter Verbindung mit unserer Situation hier. Es ist nicht nur, dass die Politiker und Kapitalisten von überall auch überall Chefs sind; dass unsere Situation daher auch mit derjenigen von egal wo auf der Welt verbunden ist. Es ist zum Beispiel auch eine Tatsache, dass es den Auflehnungen im Norden Afrikas eine Zeit lang gelang, die Tore der Festung Europa zu öffnen. Durch das Verschwinden von Ben Ali und Mubarak und durch die Bedrohung der Macht Ghadaffis sind die Autoritäten verschwunden, die Europa dabei halfen, seine himmlischen Tore zu bewachen. Für wie lange weiss man nicht. Lampedusa strömt voll, Berlusconi verteilt temporäre Visa’s, Frankreich stoppt Züge an den Grenzen, in Paris besetzen tunesische Harragas Häuser, in Belgien werden die Grenzkontrollen verschärft, und so weiter und so fort. Die Situation in unseren Ländern verändert sich de facto durch die Auflehnungen dort unten.

Gleichzeitig brodelt es auch auf dem europäischen Kontinent schon seit einer Weile. Bewegungen gegen die Sparmassnahmen, gegen den endgültigen Abbau des Sozialstaates, so wie wir ihn kannten. Von Portugal über Frankreich, England, Kroatien, Serbien, Albanien bis hin zu Griechenland. Überall in Europa gibt es zahlreiche Menschen, die das, was man ihnen vorspiegelte (hart arbeiten, konsumieren, sparen und dann die Rente, die verdiente Ruhe), wie Schnee in der Sonne dahinschmelzen sehen. Wir könnten daraus Katastrophen- und Unglücksszenarios herauslesen, und von der Überzeugung ausgehen, dass dieser historische Moment in Exzessen des überall anwesenden Fremdenhasses münden wird. Pogrome, Massenausschaffungen und wer weiss was noch. Aber es besteht auch eine Chance, dass die vergangenen Auflehnungen etwas anderem Leben einhauchen könnten. Etwas anderm als dem Protektionismus und dem Rassismus. Ist es möglich, dass all diese brodelnden und potenziell explosiven Situationen einander wie Kreuzbestäubungen beeinflussen könnten?

Ein anderes Unheilsszenario zeigt sich in dem, was schon seit Jahren im Gange ist: der Bau von neuen Gefängnissen und Ausschaffungslagern überall. Das sähen von Kameras überall. Die Ausweitung der Kontrolle und des Repressionsapparates überall. Das Eindringen der Kontrolltechnologie in die Gesamtheit des „sozialen Lebens“. Die Antwort der Staaten auf Auflehnungen ist zweifellos die Repression, und dies auch auf präventive Weise. Doch in solchen aufständischen Momenten werden viele Dinge möglich – die tausenden Gefängnisausbrüche während der letzten Monate haben es deutlich gezeigt. Es ist in diesen Momenten besonders einfach, die repressive Infrastruktur des Feindes zu zerstören. Sie können gut verschiedene Mittel ausprobieren, um die Metropolen unter Kontrolle zu halten. Aber was passiert, wenn das Kameranetz nicht mehr funktioniert? Es gibt keine Metropole, in der die Bullen beliebt sind, und es gibt auch keine Metropole, von der man sagen kann, dass sie vollständig unter der Kontrolle des Staates steht.

...und unseren Praktiken wieder Inhalt zu geben...

Es gab Zeiten, in denen man gewisse Worte und Taten nicht von ihrem revolutionären Inhalt trennen konnte. Es schien einfach, mit Hilfe von anarchistischen Ideen von der Welt zu sprechen.

Es gab Zeiten, in denen die anti-autoritären Ideen und Praktiken, die auf die Umsetzung dieser Ideen abzielten, lebendig waren.

Heute gibt es Leute, die fähig sind, die Solidarität mit Auflehnungen und gefangenen Kameraden als Aktivismus zu betrachten, während die Solidarität für jede Insurrektion und jede Revolution, und somit auch für jedes revolutionäre Projekt essenziell ist. Wenn Aufständische in der einen Stadt in Solidarität mit der anderen Stadt auf die Strassen strömen, gibt es keinen Grund zum Zweifeln. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil der revolutionären Praxis.

Heute bleiben wir oft in einer endlosen Beschreibung der ganzen Hässlichkeit der Welt stecken. Wir intervenieren zurecht infolge beispielsweise eines Mords durch Bullen, aber oft kommen wir nicht weiter als zu bekräftigen, dass wir gegen das Gefängnis, gegen die Bullen und gegen den Staat sind. Wir teilen nicht die Grundlage unseres Willens zu handeln mit anderen, unser Verlangen nach einer Welt ohne Autorität. In der Stadt, in der wir wohnen, mag beispielsweise praktisch niemand die Bullen und das Gefängnis. Unendlich oft zu wiederholen, dass wir gegen das Gefängnis sind, wird keine neuen Wege öffnen. Wir haben mehr zu sagen, viel mehr. Angesichts der Tatsache, dass heute das Gesicht des staatlichen Feindes für viele Leute grösstenteils erkenntlich ist, können wir auch über andere Dinge sprechen. Dinge die zur Subversion dieser Gesellschaft anregen.

...in einem Kampf mit einer revolutionären Perspektive...

Was benötigen wir für eine Insurrektion oder eine Revolution? Was müssen wir uns aneignen und zu welcher Aneignung könnten wir bei anderen anregen? Wie können wir das revolutionäre Vorstellungsvermögen nähren? Wie können wir die anti-autoritären Ideen und Praktiken denkbar und lebendig machen? Wie können wir dafür sorgen, dass wir ausgehend von einer soliden Grundlage handeln können, von einer qualitativen, anstatt von einer quantitativen Basis. Wie könnten wir die Konfliktualität verschärfen, indem wir unsere Ideen hineinmischen? Wie können wir zur Selbstorganisation durch Affinität und Solidarität anregen? Wie können wir die Grenzen wirklich hinter uns lassen und Internationalisten werden? Wo stehen wir mit unserer Kenntnis über das Terrain? Können wir andere Arten des Kampfes erproben als den spezifischen Kampf? Wie kann ein spezifischer Kampf im Sinne einer „Kreuzbestäubung“ mit der Konfliktualität interagieren, die sich ausserhalb dieses spezifischen Terrains entwickelt? Wie können wir Momente fördern und entwickeln, in denen die Unterscheidung zwischen jenen, die für die Autortät kämpfen und jenen, die gegen sie kämpfen, deutlich werden?

Ein Projekt mit einer revolutionären Perspektive zielt nicht auf Siege ab, es ist ein permanentes Werden. Was jedoch nicht heissen will, dass wir uns blind ins Gefecht stürzen sollten. Über das Wo, das Wann und das Wie nachzudenken, darf und kann nicht einfach als „reine Theorie“ abgetan werden.

Kämpfe mit solchen Perspektiven unterscheiden sich selbstverständlich je nach Kontext. Die bewusste Anwendung von Mitteln hängt sowohl von der Vorliebe der Kameraden, wie auch vom Kontext ab, in dem sie handeln. Viele haben sich diverse Mittel angeeignet, es liegt an uns, darüber nachzudenken, „wie wir sie verwenden“.

Wir stellen bereits fest, dass das Wort Revolution von vielen in den Mund genommen wird, und der Inhalt ihrer Revolution stösst uns ab (wir haben schwerlich genug von den Empörten und ihrem unzähmbaren Rekuperationsvermögen). Wenn wir von Revolution sprechen, können wir sie nicht von den Ideen loslösen, die uns inspirieren. Die Revolution ohne Inhalt ist eine gefährliche Hülle, was jedoch nicht heissen soll, dass wir uns von den heutigen Herausforderungen abhalten lassen sollten. Herausforderungen gibt es zur Genüge. Sie spriessen wie Blumen vor unseren Augen. Wir werden unserem Wein kein Wasser beimengen, das Bewusstsein aber, dass die Dinge weder schwarz noch weiss sind (es gibt wenige Anarchisten, aber jene, die ein Bedürfnis nach Freiheit haben und die genug von diesem elendigen Leben haben, sind zahlreich) befähigt uns, auszuprobieren, zu entdecken. Und wir haben sehrwohl etwas anzubieten. Jahrelange Erfahrungen von Kämpfen (sei es in den Besetzerbewegungen oder in spezifischen Kämpfen wie zum Beispiel jenem gegen die Ausschaffungslager), des Experimentierens mit verschiedenen Mitteln, um zu kämpfen, begleitet von der permanenten Suche nach neuen Möglichkeiten, neuen Ansatzpunkten des Angriffs und der Entwicklung von Ideen und Affinität... Wir sagen all dies nicht, um uns zu beweiräuchern, aber wie kommt es, dass jedes Mal, wenn uns Menschen auf der Strasse fragen: „was können wir tun?“, wir nicht wissen, was wir darauf antworten sollen? Wir, die Besessenen der Frage, was wir tun können, wir sind nicht im Stande, auf diese Frage einzugehen...

Aus tiefstem Verlangen,

für eine Welt der Freiheit.

DEN BRUCHLINIEN ENTLANG

[Beitrag aus Belgien]

Etwas Seltsames ist passiert. Noch vor wenigen Jahren gingen die Diskussionen über die mögliche Umwälzung dieser Gesellschaft immer mit einer gewissen Bemerkung einher. Als ob es notwendig war, jene Vorbemerkung auszusprechen, um nicht direkt in unvermeidlichen Zynismus zu versinken. „Aber das werden wir natürlich nie selbst erleben“ oder „ falls es jemals soweit kommt“. Dieses Nie und Jemals, die beiden Seiten derselben Fata Morgana, hielten die anti-autoritäre Bewegung an der Infusion angeschlossen. Sie hinderten uns daran, gewisse Fragen offen auf den Tisch zu legen. Sie erlegten unseren Aktivitäten unsichtbare Grenzen auf. Und vielleicht zurecht. Vielleicht konnten wir nicht mehr tun, als gewisse Ideen und Taten, im Schatten der Gesellschaft, am Rande der politischen Protestbewegungen am Leben erhalten. Vielleicht hat uns die (repressive und ideologische) Reaktion auf die Kämpfe der 70er und 80er Jahre zwei Jahrzehnte lang überrumpelt. Die Gesellschaft der 90er und 00er Jahre liess uns nicht viel Luft zum Atmen übrig. Aber wie dem auch sei, es hat sich etwas verändert. Trotz meines jungen Alters, kommt in mir der Gedanke auf, dass die „sozialen Gegebenheiten“ nicht mehr dieselben sind. Dass auch eine „anarchistische Perspektive“ nicht mehr dieselbe sein kann, und dass es bereits verschiedene Experimente gibt, die die neuen Möglichkeiten ertasten. Ich schrieb „trotz“, vielleicht ist es aber gerade dank meines jungen Alters, dass ich überall Veränderung sehen will. In zwanzig Jahren wird sich dann zeigen, dass die Welt noch immer in den gleichen Bahnen weiterläuft und dieselben autoritären Mechanismen der Ausbeutung und Unterdrückung ihr Werk tun, abgesehen von einigen kleinen Anpassungen und Ausbesserungsarbeiten hier und dort. Doch falls es so sein wird, dann soll es so sein, weil es unserem Enthusiasmus nicht gelang, gegen die konservative Gesellschaft anzukommen. Und nicht, weil wir geschwiegen haben, als wir hätten sprechen sollen oder geflüstert haben, als wir hätten schreien sollen. Lasst uns verhindern, dass der Grund dafür unsere leeren Hände sein werden, mit denen wir wie Bettler am Wegrand standen, um einen Krümmel Protest bettelnd, während der Fortschritt an uns vorbeizog. Während wir den Stock hätten ergreifen können, womit wir diese makabere Karawane zumindest für einen Moment zum Stillstand hätten bringen können.

Um unsere Wut auf Papier zu bringen und unsere Verlangen in Worte zu fassen, greifen wir immer wieder auf Schriften zurück, die von lange vor unserer Geburt datieren. Diesen anarchistischen Flugblättern aus alten Zeiten wird gelegentlich nachgesagt, überholt zu sein. Nun, lassen wir gerade dies ihre Stärke sein. Anstatt eine Anwendung eines sterilen Models, eine Reproduktion darzustellen, um zu beweisen, dass man recht hat, befinden sie sich am schärfsten Punkt des Messers Schneide, zwischen der totalen Kritik und der Präsenz in den spezifischen Verhältnissen. Nichtsdestotrotz müssen wir in der Lage sein, die heutigen spezifischen Verhältnisse zu begreifen. Auf sozialem Gebiet kann man heute sehen, dass nach dem neoliberalen, ideologischen Anfall auf den Wohlfahrtsstaat in den 90er Jahren, jetzt, mit der (perverserweise durch die neoliberale Ideologie ausgelösten) ökonomischen Krise als permanente Drohung, mit dem tatsächlichen Abbruch der Sozialdemokratie begonnen wurde. Bildung, Gesundheitswesen, Kultur, öffentliche Verkehrsmittel, Stadtentwicklung müssen nun mehr als ihren Wählermehrwert, vielmehr ihren wirtschaftlichen Mehrwert beweisen. An allen Ecken muss gespart werden, einzig der Repressionsapparat wird nicht unter Beschuss genommen (auch wenn die Gefängnisse und der Sicherheitssektor ebenfalls teilweise privatisiert werden). Gleichzeitig erzählen uns die Europäischen Herrscher Merkel, Sarkozy und Cameron, dass die multikulturelle Gesellschaft gescheitert ist. Kurzum, es ist vorbei mit der sachten Integration, den sozialen Reformen und Subventionen, der Verteilung von Machtpositionen unter den Führern von sozialen Bewegungen und Gemeinschaften. Der soziale Frieden wird uns immer öfters durch hartes Durchgreifen aufgezwungen werden, während Menschen aus dem Boot fallen. Gegenüber der Feststellung, dass die Armut zunimmt oder sich beibehält (die Perspektive, auf der sozialen Leiter aufzusteigen, nicht mehr besteht), dass gewisse Gruppen in dieser Gesellschaft nicht willkommen zu sein scheinen, dass nur (solide) bezahlte Arbeit Zugang zur sozialen Integration verschafft, dass das Gefängnis zu einem Ort wird, den viele mit Sicherheit mehrere Male in ihrem Leben durchlaufen werden, sind die Konflikte auf den Strassen, zwischen den Ordnungshütern und Jugendlichen, zu einer Konstante geworden.

Die Auflehnungen in Nordafrika und ihre revolutionäre Unterströmung finden auch auf der anderen Seite des Mittelmeers Widerhall. Der von den Medien am meisten übertragene Widerhall ist, wie so oft, wahrscheinlich auch der uninteressanteste. Die Platzbesetzungen in Spanien (und anderen Ländern) und die Aufrufe zu „echter Demokratie“ scheinen oft nichts mehr als Verzweiflungstaten eines linken Wählerpublikums zu sein, das verwirrt ist, seit die sozialdemokratischen Parteien selbst das sozialdemokratische Projekt begraben haben. Obwohl es mir sympathisch scheint, dass Menschen sich die Zeit und den Raum nehmen, um, wenn auch nicht alles, so doch vieles in Frage zu stellen, wäre es doch naiv, dabei zu bleiben; der Pazifismus und der Konsens von öffentlichen Vollversammlungen nehmen allzu viel Zeit und Raum weg. Es gibt sogar Leute, die es wagen, zu behaupten, dass die Auflehnungen in der arabischen Welt pazifistisch waren und sich via Internet organisierten. Die ganze Aufmerksamkeit der westlichen Medien galt aus offensichtlichen Gründen natürlich dem Tahrirplatz, aber etwas sagt mir, dass es doch vor allem die Städte und Dörfer waren, in welchen alle offiziellen Einrichtungen der Macht (Parteibüros, Staatsgebäude, Polizeiposten) angegriffen und niedergebrannt wurden, die die Regime auf die Knie gezwungen haben. Und wer versuchte, während der Auflehnung in Ägypten Twitter zu folgen, langweilte sich zu tode, ebenso wie vor der endlosen Reproduktion der Nachrichten von Al-Jazeera (die wiederum vor allem vom Tahrirplatz kamen).

Abgesehen von den Grenzen der herrschenden Unruhe gibt es einige ermutigende Konstanten. Das grosse Schweigen gegenüber dem Staat, das sich sowohl in Griechenland während des Dezember 2008, in den französischen Banlieus 2005 und auch während anderer sozialen Konflikte zeigte. Es wurden keine Forderungen formuliert, keine Vertreter ernannt und kein Dialog geführt. Die Rekuperationsmöglichkeiten werden dadurch ernsthaft eingeschränkt. Darüberhinaus zeigt die Demokratie deutlich ihren Unwillen, ausser durch harte Repression, Antworten zu bieten. Sogar gegen den „empörten“ Gutbürgern regierte der Knüppel. Wahrscheinlich entscheidet sich der Staat jetzt für ein Szenario, in dem er den Krieg aller gegen alle (oder Gemeinschaft gegen Gemeinschaft) fördert. Eine Tendenz, die bereits spürbar ist und sich auf anderen Kontinenten bereits in voller Entwicklung befindet. In einer solchen Geschichte stützt der Staat seine eigene Legitimität auf die Rolle des Schiedsrichters (und nicht unbedingt eines neutralen).

Lasst micht klarstellen, dass ich nicht auf der Suche nach der Formel bin, die auf den sozialen Kontext anwendbar ist und unvermeidlich zur Lösung aller Probleme führt. Ebensowenig denke ich, dass der spezifische Kontext überall gleich ist. Mit etwas Belustigung, aber auch mit einer Dosis Entrüstung haben wir feststellen müssen, dass die Illusion des historischen Determinismus noch immer am Leben ist. Und dass seine prophetischen Worte noch immer viele in seinem Bann zu halten vermögen. So gibt es solche, die den Aufstand oder den Bürgerkrieg voraussagten, während sie gleichzeitig aufzeigten, dass sie bereits gegenwärtig sind. Oder solche, deren Mund voll mit einer existierenden, wie entstehenden Multitude oder Basisdemokratie ist. Angeblich soll uns der Kapitalismus den Dienst erwiesen haben, die Grundlage seiner eigenen Negation geschaffen zu haben. Jetzt läge es nur noch daran, ihn abzuschütteln, und dies durch eine Art Selbstbewusstseinsbildung, ein politisches Projekt. Ich verstehe, dass allerhand Marxisten (Post-, Neo-, Anhänger des jungen Marx, oder des Marx des Flugblattes über die Pariser Kommune, etc.) ziemlich in Verwirrung gerieten, als sich zeigte, dass sich die revolutionären Subjekte in Zielgruppen des Klientelismus und der sozialdemokratischen Reformen verwandelt haben. Einige sind vielleicht aus pragmatischeren Gründen umgeschwenkt (der repressive Druck, die Wurzeln der akademischen Karriere, die leeren Mitgliederlisten...). Auf jeden Fall hat ein Teil von ihnen die Dialektik über Bord geworfen. Nun umarmen sie den Immanentismus. Dasselbe philosophische Spielchen, mit dem sich auch das Christentum zu erneuern versuchte. Als allen klar wurde, dass es keinen Gott über uns gibt, der uns strafen und belohnen könnte, und dass ein Leben ohne Gott bestens möglich war, begannen sie uns zu erzählen, dass Gott überall sei (aber doch vor allem in den ‘guten’ Dingen) und dass wir Gott nicht als eine allmächtige (und somit gerechte oder ungerechte) Figur oberhalb der Welt betrachten sollten (auch wenn sie es waren, die dies jahrhundertelang behaupteten).

So ist der Kommunismus nicht länger das Resultat eines gewalttätigen, politischen Ereignisses; der Revolution. Sondern ist er bereits anwesend und wir müssen ihn nur noch zu seinem vollen Bewusstsein bringen. Auf diese Weise verschwindet auch der interessanteste Aspekt der Dialektik, nähmlich der Bruch. Der Moment, indem deutlich wird, wer Teil der revolutionären Kraft ausmacht und wer Wert darauf legt, die heutige Gesellschaft zu erhalten. In der marxistischen Version wird dies natürlich durch das jeweilige ökonomische Interesse bestimmt und es kann nicht wirklich von einer Entscheidung die Rede sein (ansonsten würden das revolutionäre Subjekt und die Unumgänglichkeit/der Determinismus nämlich ihren Boden unter den Füssen verlieren). Ohne den inhaltlichen Bruch kann uns sowohl die Multitude als auch der Bürgerkrieg nicht versichern, dass sie nicht eine Fortsetzung des kapitalistischen Projektes sind, dass sie nicht einfach neue Erscheinungsformen autoritärer Mechanismen sind. Wir sollten uns Bewusst halten, dass, seit dem Entstehen des Kapitalismus und des Staates, beide ziemlich erfolgreich darin waren, Widerstand zu ersticken, indem sie sich immer wieder erneuerten. Durch Rekuperierung und Repression (und falls nötig durch das Aufopfern eines Teils von sich selbst) haben sie sich anpassen und am Leben erhalten können. Und eben weil sie keine Fremdkörper sind, sondern sämtliche sozialen Beziehungen durchdrungen haben, sind sie dabei so erfolgreich gewesen. Dies ist, wieso die (individuelle) Insurrektion so notwendig ist, zusammen mit der Kritik jeglicher Autorität und dem Willen, andere soziale Beziehungen aufzubauen. Wir müssen diesen Bruch in so vielen Momenten wie möglich bekräftigen, um zu verhindern, dass wir uns als Individuen und in unserem Kampf von autoritären Mechanismen mitreissen lassen.

Die Demokratie bildet nicht mehr das Ende des Horizonts, sie ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Der soziale Frieden wird, durch die Erpressung der Arbeit (und den Zugang zu Geld, um zu überleben und zu „leben“/ konsumieren) und die Repression, immer deutlicher zum aufgezwungenen Frieden. Es genügt nicht mehr, Löcher in die Mauer des sozialen Friedens schlagen zu wollen. Ich denke, dass der Einsatz heute höher ist. Der soziale Frieden beginnt bereits, viele Risse und Löcher aufzuweisen. Es geht eine Unzufriedenheit und Wut um. Und die religiösen und nationalistischen Prediger sind zum Rekuperieren bereit. Wir müssen bereit sein, um zu zeigen, dass uns Solidarität, Selbstorganisation und direkte Aktion stärken können. Dass dies lebende Ideen sind, die uns Kraft geben können gegenüber der Leere der kapitalistischen Existenz. Wir müssen auch im Stande sein, Banden zwischen Gruppen zu kreieren, die sozial und/oder geografisch getrennt sind. Wir müssen eine Kreativität von Taten entwickeln, um die Macht in all ihren Formen anzugreifen und vor allem, um die Konflikte aus ihrem traditionellen Territorium herauszuholen und ihnen eine grössere Dimension zu geben. Heute können wir sagen, „wir wollen die Revolution“, weil dies keine leeren Worte sind, sondern Worte, denen wir mit jedem Tag wieder mehr Bedeutung geben.

_Anon_

APOKALYPTISCHE PERSPEKTIVEN

[Beitrag aus Frankreich]

Die revolutionäre Frage ist eine mehr oder weniger deutliche Bruchlinie im Innern der internationalen anarchistischen Bewegung, an einigen Orten mehr als anderswo. Auf der einen Seite DIE Revolution, das Trugbild einer fernen Oase, für die wir Zeit hätten, mehrmals vor Durste in der Wüste zu sterben, bevor wir irgendetwas Handgreifliches von ihr erreichen. Es existiert diese Vorstellung der Revolution als friedlich zu erreichendes Ereignis, da sie sowieso nicht von unserem Handeln abhängt, sondern von einem Erwachen der Massen. Für die Revolutionäre dieser Art sind die Bedingungen niemals wirklich vereint für die Revolution, und jegliche Art von Offensive, die nicht von der „Masse“ käme, sei das Produkt einer unangebrachten und avantguardistischen Ungeduld, die sich an die Stelle des Wortes und der Akte der wirklichen revolutionären Subjekte setzen würde, welche nicht die Revolutionäre seien...

Auf der anderen Seite ein roher Anti-Revolutionarismus, der die Revoluionäre dazu anpeitscht, nichts anderes zu tun, als zu warten, die Revolte hinauszuzögern, jene, die es wünschen, davon abzuhalten, die Anarchie hier und jetzt zu leben. Tatsächlich ist die Revolution als konkretes Ereignis irgendwie ein Wunder, auf das man hofft, das aber nie kommt, ein fernes Paradies.

Unglücklicherweise haben sich, da die Zeit es verlangt, von allen Seiten apokalyptische, ja gar millenaristische Perspektiven entwickelt, und im Gegensatz zu dieser fernen Vergangenheit lassen sie sich nicht mehr nur in den mystischen, verschwörerischen Randgruppen oder innerhalb des religiösen Fanatismus wieder finden. Wir befinden uns in einer Zeit, in der die Frage des „Endes der Welt“ auf mehr oder weniger ernsthafte Weise in den Diskussionen umgeht. Das Ende der Welt für 2012, das jüngste Gericht, die Rückkehr des Messias, das dritte Auge und anderes verworrenes, mysthisch-religiöses Gerede streiten sich mit der angsteinflössenden Perspektive eines nuklearen Holocaust oder eines totalen Welt- oder Bürgerkriegs um das eschatologische Podium. Aber irgendwo auf dem Podium spaziert die Idee eines Systems, das von selbst, unter dem Gewicht seines Verschleisses zusammenbrechen würde. Der unausweichliche Zusammenbruch des Kapitalismus der Marxisten, neu interpretiert im Anbrechen des XXI. Jahrhunderts und seiner ökonomischen, sozialen und ökologischen „Krisen“. Ein hypothetischer Zusammenbruch, der gleichsam mit Hoffnung und mit Furcht empfangen wird. Natürlich scheint mir diese Hypothese ziemlich unzuverlässig, angesichts der Tatsache, dass der Kapitalismus durch seine Geschichte hindurch, stets gestärkt, Umstrukturierungen nach Umstrukturierungen, von Krise zu Krise voranschreitet.

Diese Vision der Revolution, die sich ganz von selbst, ohne uns, ohne mich und irgendwie unter dem Druck der alten Welt, die sich selbst zerstört, in Gang setzen würde, bietet als unmittelbare Perspektive nur das Warten. All seine Verlangen in eine unvermeidliche Zukunft zu legen macht es wahrlich einfacher, das Bestehende zu akzeptieren. Und wenn der Glaube von Marx in die Unabwendbarkeit des Kommunismus ihn dazu trieb – ihn und seine Jünger –, die kapitalistische Industrialisierung und Ausbeutung als notwendige Etappen für dessen Aufkommen vorzuschlagen, dann endet die Ideologie des unvermeidlichen Zusammenbruchs zwangsweise darin, einerseits eine ausschliesslich auf die „soziale Selbstverteidigung“ abzielende Praxis als Antwort gegenüber dem Feind, und andererseits die Flucht aus dieser Realität, die uns, sehr konkret, im Alltag gegenübersteht, zu rechtfertigen.

Selbstverständlich macht diese Vision einer alten Welt, die unter ihrem eigenen Gewicht zusammenbrechen würde, die insurrektionelle Notwendigkeit überflüssig, und lässt nur Platz für das in Erwartung, das Defensive. Hier wäre dies, um ein modisches Wort zu gebrauchen, die „soziale Selbstverteidigung“ (Squat, Lebensweisen, Gemeinschaft, Überleben...), anderswo, o Misere des Ökologismus, wendet man all seine Kräfte zum reaktionären Schutz des „Planeten“ auf, um zu einem früheren Zustand zurückzugelangen (aber welchem?), nochmal wo anders wird man sich der Verteidigung der „indigenen Völker“ oder der auschliesslich vom Feind konditionierten Anti-Repression widmen, etc. Denn sowieso gibt es keine Notwendigkeit, die Strukturen des Staates, des Kapitalismus und der Herrschaftsmechanismen anzugreiffen, die die menschlichen Beziehungen beherrschen, denn diese sind, wie durch Zauberhand, zum Zusammenbruch verurteilt.

Im Grunde interessieren mich die extrem zugespitzten Debatten, die sich die Anhänger des unvermeidbaren Zusammenbruchs des Systems liefern, nicht wirklich, seien es nun „Kommunisierer“ oder Anarchisten. Das soll heissen, dass meine Sicht der Dinge, was auch immer die Schlussfolgerung ist, in nichts durcheinandergebracht sein wird. Wenn der Kapitalismus wirklich ganz alleine zusammenbrechen sollte, dann würde dies nichts an der Tatsache ändern, dass ich nicht im geringsten wünsche, dieses Ereignis geduldig abzuwarten, während ich dieses miserable, armselige Leben weiterlebe, das mir dieses in Erwartung bereits bietet.

Ich bin ein Anarchist und ein Revolutionär, doch ich glaube nicht, dass DIE Revolution stattfinden wird, weder heute noch morgen. Dennoch strebe ich nach der Revolution, das heisst, dass meine Handlungen und mein Denken nach einer totalen Umwälzung dieser Welt und nach einem kompletten Bruch mit der alten ausgerichtet sind. Es ist darin, dass ich ein Revolutionär bin, nicht aus Opportunismus, und meiner Meinung nach gibt es nichts schlimmeres, als jene, die sich nur Revolutionäre nennen, weil sie vom Glauben angetrieben werden, dass die Revolution als konkretes Ereignis zu ihren Lebzeiten geschehen wird. Nein, ein Revolutionär zu sein, das bedeutet, in seiner konreten Aktivität und seiner theoretischen Produktion die Keime einer anderen Welt zu tragen, so wahr die Mittel und die Zwecke nicht voneinander zu trennen sind, um dorthin zu gelangen.

Es ist unbestreitbar, dass das Leben, das wir führen, ebenso wie der Zustand der Welt, heute grauenhafte Dinge sind. Tatsächlich scheint es mir praktisch unvorstellbar, unter der Bedingung, in der sich die Menschheit heute befindet, eine radikale Umwälzung dieser Welt vorzustellen, die jeder Autorität ein Ende setzen würde. Man kann sogar behaupten, dass heute die Perspektive einer generalisierten Insurrektion ebenso viele Hoffnungen wie Befürchtungen mit sich bringt. In einer Welt, in der sich die verfaulten Ideologien häufen, wie der Rassismus, die identitären und gemeinschaftsbezüglichen Mechanismen, der Machtdurst, die Gier, der Konsumerismus, die wirtschaftliche oder soziale Konkurrenz, oder auch der Sexismus, wird eine Insurrektion gewiss, neben dem, worin wir uns wiedererkennen und beteiligen könnten, Anlass für einen grossen Teil tragischer und nicht unterstützbarer Ereignisse geben.

Dies gesagt, scheint es mir noch unangebrachter und ferner, von einer anarchistischen Revolution zu sprechen. Denn man müsste sich demnach eine Revolution von Millionen und Millionen von Anarchisten vorstellen, irgendwie der alte cénétistische Traum, der, wenn er als Traum achtenswert ist, ehrlich gesagt nur ein trügerischer Vorwand zur Untätigkeit und zum Warten ist. Wenn es eine Revolution oder Insurrektion gibt, werden die Anarchisten zwangsläufig nicht blosse Zuschauer bleiben. Die Dinge in Richtung der Kritik der Autorität im Allgemeinen zu ziehen, die schlechten Reflexe, die dieser Welt angehören, so gut wie möglich zurückzudrängen zu versuchen, ohne deswegen eine Polizeirolle zu spielen, aber auch sich zu erfreuen und die Stockschlag nach Stockschlag angehäuften Racheverlangen stillen, ebenso gegen den Staat und die Wirtschaft, wie gegen die Gesellschaft.

Revolutionär zu sein bedeutet also, meiner Meinung nach, von einer Spannung nach etwas anderem angetrieben zu sein. Eine Spannung, die sich hier und jetzt materialisiert, jeden Tag, in dem geringsten kleinen Kriegsakt. Es bedeutet das projektuelle Ineinandergreifen jedes Aktes, auch des harmlosen, die der Revolutionär ausübt, gemeinsam mit der Identifizierung dieser Welt als Hindernis für das revolutionäre Projekt. Es bedeutet gewissermassen auch eine Verantwortung, denn sich im Kampf aufs Spiel zu setzen scheint mir unvermeidlich. Sich offen als Revolutionär zu erklären bringt seinen Teil Risiken und Gefahren mit sich. Wenn wir uns im offenen Konflikt mit der Gesellschaft erklären, dann dürfen wir nicht erwarten, dass diese, ob durch den Staat oder nicht, nicht versuchen wird, sich ihrerseits gegen uns zu rächen. Auch wenn die Dinge im Leben um einiges komplizierter sind, als ein solch vereinfachendes Schema.

Diese Welt, fern davon, sich selbst zu zerstören, wird also zerstört werden müssen, dies ist das Werk des Revolutionärs, es kann nicht vermieden werden. Denn wie jemand einst sagte: Wenn die Frage nicht ist, „die Revolution zu machen“, dann wird sie „wie sie verhindern?“.

Ein weiterer Revolutionär ohne Revolution

SUBVERSIVE BÜCHER, NICHT KONSUMGÜTER

[Beitrag aus Spanien]

Wenn wir an „subversive Bücher“ denken, dann kommen uns nicht die Bücher über jugendliche Rebellionen in den Sinn, die in jedem beliebigen Buchladen einer grossen Stadt gefunden werden können, und auch nicht die mehr oder weniger kritischen Bücher, die aus unserem näheren Umfeld oder aus den Denkköpfen der Universitäten stammen, sondern vielmehr Beispiele wie jenes von Severino di Giovanni, der am 29. Januar 1931 festgenommen wurde, als er aus einer Drucksatzwerkstadt kam, wohin er sich begab, um die Matrizen eines Buches von Reclus zu besorgen. Obwohl er seit 4 Jahren die meist gesuchte Person Argentiniens war, aufgrund verschiedener Enteignungen, Anschläge, sowie aufgrund seiner Agitationstätigkeit, riskierte er seine Freiheit und sein Leben, um die Matrizen zu erhalten, die er benötigte. Die Druckereien waren im Visier und wurden gut überwacht, doch, für ein neues Buch, war es die Mühe Wert, dieses Risiko nochmal einzugehen. Einige Monate zuvor verwirklichte er sein Ziel, seine eigene Druckerei auf die Beine zu stellen, wo er, dank dem Geld, das er durch eine kürzliche Enteignung erlangte, Bücher, Pamphlete und Zeitschriften drucken konnte. Dennoch verwendete er nur einen kleinen Teil der Beute; während er den grössten Teil für die Solidarität mit den eingesperrten Kameraden bewahrte.

Wir denken auch an Jann-Marc Rouillan, Oriol Sollé und andere Kameraden, die, Anfangs 70er Jahre, Banken überfielen und Druckereien enteigneten, um über das Notwendige zu verfügen, um in Toulouse Bücher drucken und sie klandestin nach Barcelona und in andere Regionen des spanischen Staates schmuggeln zu können.

Oder auch an eines der inspirierendsten Beispiele, jenes der jungen Anarchisten von Bialystok, die, während der ersten Jahre der 20er, nicht nur die Bourgeoise und Gendarmen terrorisierten, sondern auch einen Grossteil ihrer Energie und ihrer Mittel der Übersetzung, dem Druck und dem Transport von geschriebenem Material widmeten. 1905 enteigneten sie 330 kg Typographiematerial, um Anarijya aufzubauen, die erste anarchistische Druckerei in Russland: eine klandestine Druckerei für ihre eigenen Publikationen und Bücher. Im Laufe der Zeit wiederholten viele russische Anarchisten diese Geste, während sie sich bewusst waren, dass sich am Ende des Weges das Gefängnis, das Exil, die Zwangsarbeit oder der Tod befinden konnte.

Für viele Anarchisten rund um die Welt war das Drucken, Schmuggeln und Verteilen von Büchern ebenso riskant, wie der Transport von Waffen oder Sprengstoffen; denn zu einem Teil waren es Waffen, sehr mächtige Waffen.

Dies sind, unter anderem, die Beispiele, die uns in den Kopf kommen... Wie das Beispiel jener kämpfenden Personen, die, vor der Repression flüchtend, in einer Grotte des Mont Oural eine Druckerei aufbauten. Dies sind nur einige Beispiele der direkten Beziehung, die sich zwischen Büchern und der Subversion verweben kann. Beispiele, die uns nicht nur inspirieren, weil diese Bücher – deren Grossteil als gefährlich betrachtet wurde oder schlicht verboten war –, klandestin gedruckt und verbreitet wurden; während sie jegliches Verbot verschmähten und sich abseits jeglicher Beziehung mit der Konsumlogik hielten, gegenüber der es heute kein Entkommen zu geben scheint. Sondern auch, weil die Gesamtheit der Entwicklung dieser Verlagsprojekte, die Art und Weise auf die diese Maschinen und Projekte in Gang gesetzt wurden, ebenso wie die Hoffnung und der Kampfgeist, von einer anderen Welt zu sein schienen...

Viele heutige Verlags- und Druckereiprojekte, aber auch Revues und andere Periodikas werden von diesem Geist angetrieben, der damals im Überfluss vorhanden war und von dem dies nur einige Beispiele sind. Während wir versuchen, uns nicht an dem Prozess von Produktion/Konsumtion, der Logik des Profits, den Handels- und Arbeitsbeziehungen zu beteiligen – aber auch versuchen, sie in die Luft zu sprengen –, versuchen wir, diesen Geist wieder zurückzubringen, angesichts der Tatsache, dass es sich eine radikale Mitteilung schuldet, in eine Verbreitungsform gefasst zu sein, die auf ihrer Höhe ist.

Wir können verstehen, dass es Projekte gibt, mit dem Ziel, von ihnen leben zu können, die mit dem Verlag und der Verteilung von anarchistischen Büchern verbunden sind. Wir können diese Projekte teilweise verstehen, die als eine bequeme Form betrachtet werden, sich das Leben zu verdienen, in einer Welt, in der uns die Lohnarbeit und die Lebensmöglichkeiten im Rahmen des Systems aufgezwungen werden. Wir müssen uns aber auch bewusst halten, dass wir andere Lebensformen suchen, in denen unsere Leben und unsere Kämpfe in völliger Ineinandergreifung mit unserem Alltag und fern von Produktions- und Konsumtionsbeziehungen sind; und dies passt nicht mit der Idee überein, darin zu arbeiten, was für uns ein weiteres Kampfmittel ist, eine weitere Waffe in diesem sozialen Krieg.

Unter unseren Zielen befindet sich das Verbreiten – bestenfalls so zugänglich und breit wie möglich – von Ideen, Vorschlägen, Hypothesen und Interpretationen aus einem radikalen Blickwinkel. Und wir denken, dass dies ausgehend von einem möglichst radikalen Bruch mit den Formen geschehen muss, die uns der Kapitalismus dafür bietet. Darum halten wir es für wichtig, die kommerzielle Distribution zu verweigern, die die Preise erhöht, ebenso wie die Logik, die Bücher 10 Mal teurer als ihr Herstellungspreis zu verkaufen, den Kult der grossen Buchläden, das Verwenden von Kontroll- und Nummerierungscodes – ob zu kommerziellem Zweck, oder zur Klassierung (Strichcodes, ISBN, etc.) –, die Urheberrechte (und alle „Copy Dinger“), etc. Wir halten es für notwendig, direktere Art und Weisen der Verteilung durch Distros von revolutionärem Material voranzutreiben, die anarchistischen Druckereiprojekte zu unterstützen, und klarzustellen, dass unser Material zum Ziel hat, zu leben und auf die für am angebrachtesten empfundene Weise reproduziert zu weden. Aber auch eine grössere Autonomie unserer Projekte bezüglich der Übersetzungen, der Verfassung von Texten, dem Layout, der Graphik, der Verteilung und – wenn möglich – dem Druck zu fördern; neben der Unterstützung von anderen Projekten, wie die sozialen Bobliotheken, die Bibliotheken für Gefangene, etc.

Einigen mögen diese Kritiken und Ansichten vielleicht eingebildet scheinen, während sie für andere grundlegend sind, aber wir halten es für wichtig, auch von dem zu sprechen, wenn wir uns auf die Bücher und ihr subversives Potential beziehen.

Bardo, August 2011

VON EINIGEN NOTWENDIGKEITEN

[Beitrag aus der Schweiz]

Wir befinden uns zweifelsohne an einem Punkt, an dem es viel abzuwerfen, zu übersteigen und neu zu erfassen gilt, um uns aus dem Sumpf zu ziehen, in den uns die Fortschritte des Kapitals und die Irrwege der Befriedung getrieben haben. Um zurückzuerlangen, was sich eigentlich von selbst versteht: dass wir als Anarchisten eine revolutionäre, und somit eine aufständische Perspektive haben, das heisst, Projekte, die lokal und international konkret in diese Richtung arbeiten.

Während der letzten Jahre äusserte sich da und dort das Bedürfnis nach « dem Neuen, das auf sich warten lässt », nach « Hypothesen, die es noch zu formulieren gilt », nach Projektualitäten, die endlich die etablierten Grenzen übersteigen. Ja vielleicht nach etwas, das sich jenseits der spezifischen Kämpfe entwickelt, die wir in unseren Kontexten führen (und zweifellos weiterhin führen sollten), etwas, um die Debatte und Agitation allgemeiner um jene Ideen wieder aufzufrischen, die uns schliesslich grundlegend sind: die Anarchie und die soziale Revolution.

Was verstehen wir heute darunter? Wie sprechen wir davon? Wie kann die Anarchie wieder eine lebendig diskutierte, revolutionäre Möglichkeit gegenüber dem gegenwärtigen Elend werden? Wenn das klassische Model des Aufstands und der Revolution längst obsolet wurde, wie betrachten wir heute die Perspektive einer fundamentalen sozialen Umwälzung? Wie könnte heute eine revolutionäre Praxis aussehen, unser qualitativer Beitrag als anarchistische Minderheit innerhalb der sozialen Konfliktualität? Im Alltag, sowie in den Unruhen, die bestimmt weiterhin, mit oder ohne unser zutun, um uns herum ausbrechen werden?

Die Diskussionen und Hypothesen, die Agitation und die Projektualitäten, die sich um diese Fragen drehen, sind meiner Meinung nach etwas, das wir über den eigenen spezifischen Kontext hinaus, auf internationaler Ebene entwickeln sollten. Die Büchermesse in Brüssel 2011 könnte ein Anstoss dazu sein, ich denke aber, dass dazu zunächst einige Dinge notwendig sind…

Von der Selbstbeschränkung und der Aufständigkeit

Während der vergangenen Jahrzehnte hat sich in den anti-autoritären Umfeldern eine Art Selbstbeschränkung breitgemacht, eine gewisse Haltung, die den Eindruck erweckt, die eigenen Ideen und ihr revolutionäres Potential nicht wirklich ernst zu nehmen. Wer aus dem Vertrauen in seine Ideen, auch die Verantwortung für sie übernimmt, indem er konkrete Handlungsvorschläge ausarbeitet, wird oft misstrauisch angeschaut. Wer eine eigene Projektualität entwickelt und gar davon spricht, dass wir fähig sein könnten, Aufstände zu provozieren, erntet skeptische Blicke. Solche Ereignisse seien etwas, dass uns fern läge, etwas, dass von den « objektiven Bedingungen » abhinge. Mit diesen und andern Argumenten verbreiten die Skeptikter ein Bild vom Aufstand als abstraktes zukünftiges Ereignis und das Vergessen davon, dass das Vorbereiten und Ausprobieren von kleineren und grösseren aufständischen Versuchen unter Anarchisten seit jeher eine Methode zur Propagierung ihrer revolutionären Absichten war. Gewiss, unter jenen Anarchisten, die ihr Verlangen nach Freiheit nicht mit den “milieus libres” zufriedenstellen konnten und auch nicht mit dem Warten auf das zahlenmässige Anwachsen irgendeiner Organisation. Unter jenen, die stets glaubten, dass die Revolte ansteckend ist, ebenso wie die Solidarität, und die ihre Ideen im Kampf als Teil der Unterdrückten verbreiten wollten, anstatt darauf zu warten, bis irgendwelche abstrakten « Unterdrückten » zu kämpfen beginnen.

Aufständisches Agieren ist also gewiss nicht die Erfindung einiger italienischer Gefährten, die es vielleicht etwas allzu sehr schematisierten – um nicht zu sagen ideologisierten (denn, wie man dazu auch stehen mag, nicht die Formulierungen einer Theorie, sondern die Individuen entscheiden, sie auf ideologische, bzw. schematische Weise zu verwenden oder nicht). Der « anarchistische Insurrektionalismus », wie er in Italien in den 80ern und 90ern theoretisiert und praktiziert wurde, entstand aus dem Verlangen, auch in Zeiten sozialer Befriedung eine aufständische Praxis zu bewahren, in Zeiten, in denen in den meisten anderen Ländern eine offensive anarchistische Diskussion und Bewegung quasi abwesend war. Darin lag seine Qualität, die besonders in den letzten 10-15 Jahren viele Kameraden in diesen anderen Ländern inspirierte. Darin liegen aber heute auch seine Grenzen: in der Tatsache, dass jene Methode, die von gewissen Kameraden relativ exklusiv theoretisiert wurde, in einem spezifischen Kontext entstand. Ein Kontext, der seine eigenen Anforderungen stellte und seine eigenen Möglichkeiten bot, die ich persönlich zu wenig kenne, um von möglichen « Fehlern » zu sprechen. Jedoch ein Kontext, der heute gewiss nicht mehr derselbe ist.

Vielleicht wäre es angebrachter, die reichhaltigen Erfahrungen dieses « Insurrektionismus » kritisch zu evaluieren, anstatt das Wort einfach unter den Tisch zu kehren…

Von der Sprache

Für eine lebendigere internationale Diskussion unter Anarchisten scheint es mir nötig, zunächst eine Sprache zu finden, die diesem Bedürfnis entspricht. Eine Sprache, die weder beabsichtigt, die Differenzen zu Gunsten einer falschen Einheit zu verwässern, noch sie auf eine solche Art und Weise zuzuspitzen, dass jegliche gemeinsame Debatte unmöglich wird. Eine Sprache, die vermeidet, sich in metaphorischen Schweifungen oder in rethorischem Hick-Hack zu verlieren, sondern versucht, die Dinge klar und deutlich auf den Punkt zu bringen. Denn nur so können brauchbare Hypothesen entstehen und nur so können wir Projekte ermöglichen, die nicht trotz, sondern durch die Differenzen leben, die schliesslich zwischen jedem einzelnen Individuum bestehen. Und zwar indem diese Differenzen als Konflikte innerhalb dieser Projekte Raum haben. Als eine Art Motor für die Kritik und die Selbstkritik. Wichtig ist schliesslich, dass die Konflikte klar und deutlich auf den Tisch gebracht werden. Denn im Grunde verweisen doch allzu viele auf irgendwelche persönlichen Geschichten, die sich im rhethorischen Gefecht entladen…

Ein weiterer Punkt ist die Sprache in unserer Agitation. In Zeiten, in denen die Bedeutung der Worte mehr denn je von der Macht verzerrt wurde, sollten wir uns vielleicht lieber gut überlegen, wieviel Interpretationsspielraum wir in unseren Flugblättern und Plakaten durch schwerverständliche Konzepte oder Passpartout-Begriffe übriglassen wollen. Allzu oft vergessen wir, dass für jene, die sich bisher wenig mit subversiven Ideen auseinandersetzten, die Referenzen der Worte vor allem die Referenzen der Macht sind. Wenn wir die Verzerrungen der Macht vertreiben und wieder eine eigene Sprache finden wollen, dann denke ich, sollte diese eine einfache und deutliche Sprache sein, eine, die die Dinge gerade heraus sagt, eine, die sich unter den Enteigneten teilen lässt.

Ich möchte auch hier nochmal kurz nach Italien abschweifen, wo in den letzten Jahrzehnten eine anarchistische Agitation präsent war, die viele Kameraden in anderen Ländern inspirierte, unter anderem auch im « Schreibstil ». Nur um kurz die Frage aufzuwerfen, inwiefern vielleicht die Repression, die dort in den letzten Jahren stets sehr spürbar war, auch auf die Wahl der Worte einwirkte? Auf die Tendenz beispielsweise, auf die Bildsprache zurückzugreifen, anstatt die Dinge deutlich auszusprechen?

Und ich bin gewiss kein Gegner von Poesie, im Gegenteil, doch liegt die Poesie der Armen nicht oft gerade in ihrer Einfachheit? Wo bleibt die einfache Schönheit jenes « Unkontrollierten der Eisenkolonne », die zügellose Direktheit eines « Libertad », die unvoreingenommene Verständlichkeit eines « Malatesta »?

Nichts anzubieten?

Wir haben kein Programm, das passive Anhängerschaft ermöglicht, wir haben keine Patent-Lösung, der man sich verschreiben kann, es gibt keine Form, keine Praxis, keine Lebensweise, die wir preisen könnten, als ob sie an sich die Freiheit enthielte. Wir wollen nicht wie die Syndikalisten den Streik, wie die Kollektivisten das Assemblea, oder wie die Verherrlicher des bewaffneten Kampfes die Waffe als ultimativen Weg zur Erlösung verkaufen, weil wir denken, dass erst das Wieso und das Wie der gewählten Mittel ihre Qualität ausmacht. Ebenso kämpfen wir nicht, um irgendwann irgendeinen erhofften, vordefinierten Zustand zu erlangen, denn so opfern wir nur unser Leben im Jetzt auf und werden unvermeidlich enttäuscht. Freiheit als Ideal ist eine Spannung, etwas anzustrebendes, aber im Grunde nichts zu erreichendes, nichts das man errichten und vollenden kann, sie ist ein soziales Verhältnis zwischen Individuen in ständiger Konstruktion, kein Modell, kein Schema. Das Verlangen nach ihr sucht sich je nach Situation seine Ausdrucksformen. Darum könnte man wahrlich sagen, dass wir nichts anzubieten haben. Und sei es nur schon dadurch, dass uns das Verhältnis von Angebot und Anhänger anwidert. Doch aus der weiter oben schon erwähnten Selbstbeschränkung hat sich eine Art Karikatur dieser durchaus richtigen Feststellung entwickelt: das Misstrauen gegenüber jeglicher Bekräftigung einer Idee, eines Vorschlags, eines Projektes, indem darin sogleich die politische und missionarische Logik gesehen wird. Diesem Misstrauen scheint das Verlangen fremd, die eigenen Träume in die Realität zu tragen, die eigenen Ideen zu bekräftigen, um sie mit anderen zu teilen, mit ihnen zu experimentieren, sie weiterzuentwickeln, neue zu schmieden und andere wieder zu verwerfen, während man seinen Weg geht und nach und nach seine eigene Projektualität, seine revolutionäre Perspektive entwickelt.

Nein, die Tatsache, dass wir nichts anzubieten haben, heisst gewiss nicht, dass wir keine Vorschläge zu machen haben. Denn als Anarchisten haben wir gute Vorschläge, die wohl vielversprechendsten, die ich kenne, um dem Leben die Freude zurückzugeben und die Mauern einzureissen, die unsere Vorstellung und Empfindung von Freiheit einschränken. Und dennoch Vorschläge ohne Garantie, ohne Sicherheit. Vorschläge, über die jeder, der sich von ihnen inspirieren lässt, die eigene Verantwortung trägt. Denn nur so lassen sich Komplizen finden, Individuen, die aus eigener freier Entscheidung die selbe Richtung einschlagen wie wir.

Darum lasst uns diese Selbstbeschränkung überwinden und mit dem Selbstbewusstsein von Revolutionären bekräftigen, dass wir Ideen haben, um das Elend zu beseitigen, dass das Leben für so viele Menschen geworden ist, Ideen, reich an unzähligen Erfahrungen, in konstanter Weiterentwicklung, Ideen, die wir allen vorschlagen können.

Wenn auch klar ist, dass der Diskurs in unseren spezifischen Kämpfen ein revolutionärer Diskurs ist, denke ich dennoch, dass dafür Projekte nötig sind, die unsere Ideen relativ unabhängig von diesen Kämpfen sozial in Umlauf bringen. Projekte, die der Frage Raum geben, Wieso und folglich Wie wir kämpfen und leben wollen, die die Ideen von Herrschaftslosigkeit, vom Individuum, von der Affinität, von der Selbstorganisation, von Autonomie, von Solidarität, von Freiheit nicht nur ansprechen und bekräftigen, sondern immer wieder und auf verschiedenste Arten ausführen und vertiefen.

Von der revolutionären Projektualität und vom Internationalismus

Wenn ein Revolutionär jemand ist, der eine eigene Projektualität, eine vielleicht vage, aber persönliche Vorstellung der nächsten Schritte hat, die angebracht sein könnten, um die Verbreitung subversiver Ideen und aufständischer Situationen zu begünstigen, nicht jemand mit einem Programm, sondern jemand, der, das Unmögliche in Aussicht, Schritt für Schritt das Mögliche ertastet; wenn ein Revolutionär jemand ist, der sich viel bewegt, der die internationale Situation, die verschiedenen Konflikte und Diskussionen kennt, und dennoch, oder gerade dadurch seinen eigenen Kontext am besten kennt, jemand, der eine Perspektive entwickelt und versucht, subversive und offensive Projekte in dieser Perspektive zu verwirklichen; wenn ein Revolutionär jemand ist, der von der Liebe für emanzipatorische Ideen, von der Würde, die immer wieder in den Revolten aufflammt, und von einer Ahnung der zerstörenden, umwälzenden und kreativen Kraft, die nur die soziale Revolution entfesseln kann angetreiben wird – so scheinen mir die Revolutionäre heute selten geworden zu sein.

In vielen Ländern kann man heute sagen, dass es nicht an Unruhen mangelt, sondern vielmehr an revolutionären Praktiken. Diese liegen meiner Meinung nach weniger darin, den “sozialen Bewegungen” zu folgen und den Unruhen schlicht aufzuspringen, die sich sowieso schon entwickeln, sondern darin, bei solchen Unruhen vorbereitet zu sein und in ihnen als Revolutionäre agieren zu können, das heisst, in praktischer sowie in inhaltlicher Hinsicht dazu beizutragen, dass sie weiter gehen.

Dieser Mangel ist die unweigerliche Konsequenz der Selbstbeschränkung und folglich der Perspektivenlosigkeit, die sich in den letzten Jahrzehnten verbreitete. Und, um es zu wiederholen, eine Perspektive ist kein Programm, kein Plan, sondern eine gewisse Vorstellung der Möglichkeiten. Darum die Notwendigkeit, aufständische Hypothesen zu entwicklen, die unserer jetztigen Situation entsprechen und diese Vorstellung nähren könnten.

Die Ausgangslage dazu scheint in Ländern, in denen die anarchistische Bewegung in den vergangenen Jahrzehnten wenig bis keine Kontinuität hatte eine andere, manchmal sogar eine fruchtbarere, als in Ländern wie Italien und Spanien, wo die Diskussion zwar relativ ununterbrochen war, heute aber oft in diversen alten Konflikten feststeckt oder zur Spezialisierung nach Thematiken tendiert, die scheinbar den Anarchismus überwiegen. Darum die Wichtigkeit, diese verschiedenen Kontexte, die verschiedenen Erfahrungen, Überlegungen und Perspektiven zu verschmischen. Wenn der Internationalismus wieder aufleben soll, dann muss auch der Austausch, das Reisen und die gegenseitige Bekanntschaft unter den Kameraden wieder aufleben, die versuchen, eine revolutionäre Projektualität zu entwickeln. Ein solcher Internationalismus hätte keinen formellen Ausdruck nötig, und nicht Mal so sehr eine Häufung der punktuellen Begegnungsmomente durch internationale Treffen (deren Bedarf sich fortwährend zeigen wird), sondern vor allem mehr Projekte und Begegnungen jenseits der Grenzen, sowie ein konstantes gegenseitiges Bezugnehmen in der Praxis und in unseren Schriften. Er wäre die wirkliche Beseitigung der Grenzen aus unseren Köpfen…

Vorschlag

Mein Vorschlag wäre es, die Erschaffung verschiedener anarchistischen Zeitungen ins Auge zu fassen, die jeweils nach Land oder nach Sprachraum verbreitet werden. Zeitungen, die unabhängig voneinander verfasst werden, aber regen Austausch, Bezug und Debatte unter sich pflegen. Deren Artikel würden sich sowohl an die internationale anarchistische Bewegung, wie an die Leute auf der Strasse wenden. Somit wäre die Ambition nicht eine theoretische Komplexität, sondern vielmehr eine Einfachheit und Deutlichkeit im Ausdruck. Das Gewicht läge darauf, eine Sprache für unsere Ideen zu finden, zu versuchen, diese Ideen aus allen möglichen Winkeln zu beschreiben und zu vertiefen. Sei es durch Analysen oder Hypothesen, durch Vernunft oder Leidenschaft, durch alltägliche Ereignisse oder durch grosse Träume, durch Revolten von heute oder solche von gestern, durch unsere Worte oder solche, die längst verhallten, schliesslich durch all das, worin wir in dieser verdorbenen Welt ein Funke von jenem Leben sehen, das wir uns wünschen. Die Ambition wäre also vor allem, die Denkbarkeit von jenem völlig anderen zu stimulieren, das die Freiheit sein könnte – um jenseits aller Grenzen wieder eine revolutionäre Perspektive zu verbreiten.

Erinnern wir uns aber auch daran, dass zu Zeiten, als der Internationalismus lebendig war, in verschiedensten Ländern diverse anarchistische Zeitschriften kursierten, die die Debatte nährten. Wenn wir die heutige Leere betrachten, was Zeitschriften und Geschriebenes im Allgemeinen betrifft, wenn wir die häufige Vagheit in unseren Diskussionen betrachten, dann drängt sich auf, dass es wohl zunächst die Hemmung zu durchbrechen gilt, die eigenen Ideen in klare Worte zu fassen. Beim obigen Absatz schlug ich vor, solche Zeitschriftenins Auge zu fassen, damit meine ich, ihre Entwicklung in die Gänge zu leiten, ihr aber die nötige Zeit zu geben, um fruchtbar zu sein. Denn wenn sie die blosse Frucht der wenigen « Schreiberlinge der Bewegung » wären, scheint mir ihr Potential verfehlt…

[1] Abgeleitet vom Italienischen lotta armata [bewaffneter Kampf]

[2] Abgeleitet vom Französischen citoyen [Bürger]