Conrad Fröhlich

Der Weg zur Freiheit

1891

Nachdem im alten Rom die Räuber die Oberhand gewonnen hatten, nachdem sich die Bevölkerung in Besitzende und Besitzlose getheilt hatte, als die Sclaverei aufblühte und die Tyrannei sich entfaltete, — da liess sich das Volk durch Festmahle und Gnadengeschenke davon abhalten, seine Rechte zu fordern und zu erkämpfen.

Heute steh’n wir Arbeiter auf einer ähnlichen Stufe. Im tiefsten Elend, in der Sclaverei angelangt, versucht man auch uns zu verblenden. Man versucht uns Fallen zu stellen, und das auf so mannigfaltige and teuflisch raffinirte Weisen, dass uns die römischen Schurken alle wahrhaftige Pfuscher erscheinen. Man will uns in der Kneipe den Verstand und die Kraft rauben; man will uns beim Spiel um Geld und Zeit bringen; und wo die Pfaffen ihren Einfluss verlieren, da schickt man uns Politicains, Lohnschreiber und Lohnredner.

—Wer sind unsere Feinde?

—Das sind die Landlords, Capitalisten, Rentiers, etc.,—mit einem Wort: die Eigenthümer und ihre Werkzeuge.

—Wer sind diese?

—Es sind die Gesetze, die Gerichte, die Polizei, das Militär, etc., welche dem Raubsystem zur Seite stehen und den Arbeiter mit Gewalt und List darnieder halten.

—Was sagen uns die Hallunken und ihre Vertreter, was wir thun sollen, um aus dem Elend heraus zu kommen?

—Betet, glaubet, hoffet, duldet, achtet das Gesetz und geht vor allem auf friedlichem Wege.

—Dies ist ein verdammter Schwindel: und es ist wahrlich an der Zeit, uns daran zu erinnern, dass jede Abwerfung eines Joches nur durch die Revolution, durch die Gewalt geschah.

Dass die heutigen Zustände unhaltbar sind, ist von allen und jeden Politicains zugestanden. Aber auch ohne die Einwilligung von Demagogen, Festrednern, Kohlpflanzern, emotionellen Duselern, etc., sind wir Arbeiter zu der Einsicht gelangt, dass unsre Befreiung aus der Sclaverei nicht durch patriotische Phrasen, Feste, Illuminationen, Komödienspiele, Saufgelage, etc., geschieht, sondern nur durch den blutigen Kampf, durch den steten Kampf gegen alle Herrschaft, gegen jede Macht, unter der Proclamirung der

FREIHEIT DES EINZELNEN!

Es muss ein richtiger Bourgeois sein, der uns Arbeitern noch den Rath geben kann, weiter zu leiden. Natürlich, ein Mastburger, der das Elend des Arbeiters nicht mitmacht, kann es auch nicht wie der Arbeiter empfinden. Darum bedanken wir uns für die Weisheiten der satten Schlemmer, und erkennen mit Marx, dass die Befreiung der Arbeiterdasse durch die Arbeiter selbst geschehen muss!

Wir wollen weder das Recht auf Arbeit, noch das auf den vollen Arbeitsertrag; wir wollen die volle Freiheit jedes Einzelnen und sein Recht auf jeden Genuss des Lebens. Es ist nicht unser Ideal, uns nur wie das Schwein im Stall vollzufressen, sondern wir verlangen die Befreiung von jeder Herrschaft.

Verlangen? Ja, verlangen und erkämpfen. Und dies nicht mit Gebeten und Bittschriften, sondern mit Gewalt. Der Eine mit Dynamit und Petroleum, der Andere mit der Mistgabel oder mit dem Bajonet. Jeder nach seinem Willen und Gutdünken!

Man findet uns grob, abscheusslich, unmenschlich?

Warum sollen wir,—nachdem wir um alles, was wir hatten, betrogen wurden,—dem Raubsystem nicht den Process machen? Sollen wir den modernen Sclaventreibern noch die Fesseln vor dem Untergange bewahren? Sollen wir ewig Zusehen, wie die Capitalisten und Landlords die Producte unserer Arbeit ihren Schweinen hinwerfen, währenddem wir am Abgrunde des Verderbens wandeln?

Sagen wir den Reformern, den Politicains, den Agenten des Raubsystems: Streicht Euch, wir Arbeiter, die wir alle Schätze aus der Erde hervorbringen, wir wollen und werden unsere Angelegenheiten selbst ordnen!

Der Staat mag zum Teufel gehen, wann es ihm beliebt; je bälder desto besser. Er hat uns Arbeitern niemals zu unseren vollen Rechten verholfen, sondern uns stets bedrückt. Wir brauchen auch den Staat nicht. Wenn uns ein Raubthier zu nahe tritt, schlagen wir es einfach todt, und das befor wir die Erlaubniss des Staates haben. Wir wollen uns

SELBST HELFEN!

Wir wollen unser Schicksal nicht mehr in die Hände von Gaunern legen. Weder Könige, noch Kaiser; weder Majoritätsherrschaft, noch Volksvertreter! Fort mit aller Herrschaft, nom de dieu!

—“Kommt und trinkt eins, damit Ihr das Elend vergesset.”

—Dreck! Wir wollen unser Elend nicht vergessen, wir wollen uns dem Stumpfsinn nicht ergeben!

Unsere Vorkämpfer jenseits und diesseits des Oceans haben ihre Köpfe nicht geopfert, damit wir uns narcotisiren, sondern dass wir frisch aufwachen, um unsere Rechte zu erkämpfen, unter dem Rufe:

Nieder mit der Barbarei!

Hoch die Anarchie!

Für uns gibt es nur den einen Weg zur Befreiung, und dieser ist die Rebellion!

Die Rebellion, das ist der offene und geheime Widerstand gegen alles, was uns bedrückt, und wir müssen jene auch sogleich beginnen. Wir dürfen den modernen Barbaren keine Frist gewähren, denn dies erfordert die Gerechtigkeit gegen uns selbst.

Wohl wissen wir, dass die civilisirten Räuberbanden zu ihrer Beschützung einen Haufen Hallunken gemiethet haben, der uns vernichten soll. Darum seien wir auf der Hut. Nehmen wir uns in Acht vor denjenigen Elementen, welche im Solde der schwelgenden Horden stehen.

Die Polizei, das Militär, die Gesetzgeber, die Richter, die Staatsanwälte, die Advocaten, sie befeinden uns ebenso sehr wie es ihre Auftraggeber [tun]. Bei all diesen Elementen stinkt es! Seien wir auf ihre Schurkenstreiche gefasst.

Singen wir nicht länger das Lied vom Vaterlande oder vom Herrgott, noch versaufen wir unsern Verstand in der Kneipe, noch lassen wir unsere Zeit beim Cartenspiel verstreichen! Wir wollen mit Stumpf und Stiel mit dieser Welt brechrn, und wir können daher nur eine Losung haben:

FREIHEIT!

Alles was wir wollen ist in diesem Worte enthalten. Der Weg zur Freiheit ist sie selbst. Wenn wir frei sein wollen, müssen wir die Freiheit nur keck ergreifen, und wir werden sie gleich haben. Zuschlagen, wo man uns an der Freiheit hindert, das ist der Weg zu ihr, und ist sie schon selbst.

—“Aber dies ist ein gefährlicher Weg, und er könnte uns noch alles kosten.”

—Wohlan! Sei es. Wer vor dem Kampfe zurück schreckt, ist der Freiheit auch nicht würdig.

Aber alle Menschen wollen nicht ewig im Sclavenjoche dehinsiechen. Und am allerwenigsten wir Arbeiter, wir die verachtesten der Menschen. Wohl werden wir uns heute noch zeitweise ausbeuten und unterdrücken lassen, aber nicht für immer.

Eines Tages wird der zornige Sclave sein Joch zur Erde werfen; er wird sich wie ein wüthender Löwe in die Räuberneste stürzen und seine Peiniger am Schwanze von ihren Orgien wegholen.

Nicht erst wenn die Revolution kommt, nein, nicht dann erst; es ist nöthig, dass wir mit der Empörung

SOGLEICH BEGINNEN.

Da müssen wir nehmen, wo man uns nicht freiwillig gibt; wir müssen überall da nehmen, wo man uns bestohlen hat; überall da, wo die Sauhunde noch nicht alles verwüstet haben.

—“Aber es kommt doch nicht anders.”

—So sprechen die Stumpfsinnigen.

“Schweigt das Volk, wenn [es] bedrückt wird, so ist dies Stumpfsinn—der Untergang der öffentlichen Freiheit. ” Diese Worte citirte unser erdrosselter PARSONS von JEFFERSON; und das Grundmerkmal des Lebens hat schon ein alter Lateiner erkannt, als er sagte: “So lang ich lebe, hoffe ich.”

Und dies ist nur zu wahr.

Geben wir die Hoffnung auf, so ist alles aufgegeben. Ein solches Leben, das keines ist, wollen wir [...][1] nicht ertragen, wir wollen lieber wie alle Revolutionäre

DIE FREIHEIT ODER DEN TOD.

Für’s “Vaterland” sollen wir unser Leben wagen,—und wir sollen es nicht thun für unsere Freiheit?

Wir sollen unser Leben in den Fabriken auf’s Spiel setzen,—und vor dem ersten Kampfe gegen die Tyrannei zurückbeben?

Sollen wir, erbärmlicher denn Hunde, krepiren,—und unser Haupt nicht erheben, um unsere Freiheit zu ergreifen?

Am Hintern ist’s finster.

Wer dem Stumpfsinn noch nicht ergeben ist, der kennt kein Zagen und kein Besinnen,—er schlägt drein!

Wir wollen nicht unterhandeln; wir wollen abrechnen!

Abrechnen! In drei Teufels Namen! Es ist Zeit; selbst wenn wir die Schwächern sein sollten. Hat doch ein von den Justicbanditen erdrosselter Anarchist von Chicago gesagt, dass der Untergang nach dem Kampf der glücklichste Augenblick seines Lebens sei.

Blausäure den Bütteln zu geben wird uns von STELLMACHER gerathen. Und er hat Recht. Die ganze Bande zu vergiften wäre in der That ein Galgenvergnügen. Hurrah die Filzlaus!

Und wir sind auch gezwungen, mit dieser Welt zu brechen. Wie eine Hydra verfolgen uns drei Todfeinde: Drei Grundkrankheiten sind es, welche die Menscheit bedrohen: Die Schwindsucht, die Syphilis und der Alcoholismus.

Letzterer Krankheit können wir zwar begegnen, indem wir Abstainer werden. Aber den beiden andern Grundkrankheiten gegenüber gibt es kein anderes Begegnen, als dasjenige, wodurch wir uns die Mittel zum Leben verschaffen: die Revolution.

Und nun in Teufels Namen! Wollen wir stupid zusehen, wie wir unseren Untergange zueilen?

Ist es nicht besser, loszubrennen bevor wir regungslos an der Schwindsucht dahinsiechen?

Ist es nicht besser, dreinzuschlagen, bevor uns die Syphilis ergriffen hat?

Ist es nicht besser, zu expropriiren, bevor wir viehischer denn ein Vieh als Onanisten verreckt sind?

Ein erbärmlicher, miserabler Lump muss es sein, der von uns verlangen kann, auf dieser Bahn der Sclaverei und des Siechthums nur noch eine einzige Secunde friedlich weiter zu wandeln.

Wer noch eine Moral hat, schlage zu, denn sonst begeht er einen Selbstmord, und dieser ist unmoralisch.

Und wer, wie ich, keine Moral hat, der macht aus diesem Grunde der modernen Sclaverei und der langsamen Hinschlachtung der Menschen ein Ende.

*

* *

Unsere heutige gesellschaftliche Ordnung kennt nur ein Recht, es ist das Recht des Stärkern. “Alle Bürger sind vor dem Gesetze gleich,” aber nur auf dem Papier. Die Phrase wird einzig anerkannt, um in Praxis verleugnet zu werden. Allerdings haben wir Gesetze, die das Princip der Gleichheit vertreten sollen. Gesetze, die sind aber gerade recht für den armen Teufel, die Verbrecher im Frack brauchen sie nicht zu beachten, denn bereits alles flickt das Geld. Mit Geld kauft man Sclaven und Sclavinnen, mit Geld kauft man Soldaten, mit Geld kauft man Polizisten, mit Geld kauft man Advocaten, mit Geld kauft man Richter, mit Geld kauft man Zeugen und Henkersknechte.

Wenn ein vornehmer Faulenzer gegen einen Habenichts etwas vergangen hat, so sucht er sich vorerst mit seinem Gelde loszukaufen, was in den meisten Fällen gelingt, und gelingt es ihm nicht, so sucht er mit seinem Beutel das Weite; und sollte er schon hinter den Mauern sein, so wird er oft, Kraft seiner klingenden Moneten auf freien Fuss gestellt auf dass er gehe, wo es ihm beliebe. Wenn aber die Ordnungsbanditen gegen einen um die Freiheit ringenden Proletarier Verdacht haben, so wird er ohne Erbarmen in’s Loch geworfen, und zeigt selbst die richterliche Untersuchung dessen Unschuld, so kann er ohne Entschädigung für die erlittenen Schurkereien nach Hause gehen.

Das ist die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz.

Gleicheit? Nein doch! Brutale Gewalt, das Recht des Stärkern. Und der brutalen Gewalt sollen wir “passiven Widerstand,” wie es uns Welterlöser empfehlen, entgegen stellen? Eine Mücke gegen einen Elephanten?

Dies wäre in der That das Verückteste, was man dem Volke rathen kann. Wenn Dir Jemand einen Streich auf den einen Backen gibt, so musst Du ihm nicht noch den andern hinhalten, sondern Du must ihn zwei Streiche anmessen.


Wenn die Gleichheit der Menschen in Wirklichkeit anerkannt ist, warum sehe ich reiche Gauner, die vor Übermuth an der Syphilis und am Alcoholismus leiden, und auf der andern Seite vor Hunger und Entbehrung hinsinkende Proletarier,—warum sehe ich glänzende Paläste, und vom Winde bereits zusammenfallende Lehm- und Bretter-Hütten?

Unser heutiges “Recht” ist das Faustrecht im vollsten Sinne des Wortes. Der Besitzende waltet und schaltet mit seinem Eigenthum wie er will, er kann es ruhig liegen lassen, er kann es missbrauchen, er kann es vergeuden, er kann es sieden oder braten. Sein Besitzthum öffnet ihm fast jede Thür der Welt; der Besitz gibt Macht und Ansehen, Ehre und Genüsse aller Art. Deshalb wird der Reichthum in nicht wenigen Fällen aus Furcht vor dem Mangel gesucht, und der jesuitische Satz “der Zweck heiligt die Mittel” findet nirgends so grosse Anwendung wie bei der Jagd nach dem Besitz. Die Nächstenliebe, die Ehre, das Recht, die Gesundheit, selbst das Leben des Menschen wird nicht mehr geachtet, wenn es den Interessen der Gebieter von Geldsacks Gnaden im Wege stellt, oder zur Befriedigung von Nero'schen Gelüsten erforderlich ist.

Zeigt dies noch nicht, dass die Eigenthumsbestien uns nur mit dem Recht des Starkern behandeln? Und wir wollen den friedlichen Weg gehen?

Thorheiten und Gemeinheiten!

Der Philister schlägt seine Hände über’m Kopf zusammen, wenn man ihm sagt, dass es einst in Egypten eine Hungersnoth gegeben, wo sich die Menschen heimlich selbst auffrassen, während in den königlichen Ställen 10,000 müssige Pferde standen; und als das hungernde Volk einem Reiter das Ross wegfrass, die “Missethäter,” die “Vergreifer an fremdem Eigenthum” gehängt wurden.

In diesem Falle wird das Recht auf Revolution weniger bestritten.

Aber, in drei Teufels Namen, sind wir Arbeiter nicht so geknechtet wie die antiken Sclaven, oder wie die “Freien” im Mittelalter wie im Alterthum? Und haben wir nicht auch ohne das tiefste und verthierendste Elend ein

RECHT AUF REVOLUTION?

Dies ist ein ganz natürliches Recht, das wie alle andern Rechte genommen werden muss. Sehen wir denn noch nicht, nom de dieu! wie die neuen Nero Sand aus Africa holen lassen, um die Arena zu bestreuen, indessen das Volk am Hungertuche nagt? Seht die Landlords, seht die Capitalisten! Sie machen jederzeit Gebrauch von der brutalsten Gewalt! Was ist Polizei? Gewalt! Was ist Militasr? Gewalt! Was ist Geld? Gewalt! Was ist die ganze Sippschaft? Gewalt und noch einmal Gewalt.

Wir sind daher gezwungen, der Gewalt ebenfalls Gewalt entgegen zu setzen: Einzel-Acte und die

SOCIALE REVOLUTION!

Ist es grausam Menschen zu tödten? Aber ist es nicht noch hundert Mal grausamer, uns ermorden zu lassen?

Wie wir wissen, erreichen wir Arbeiter nicht einmal die Hälfte der möglichen Lebensdauer. Das andere halbe Leben wird uns von den Hühnerbuben stückweise gemordet.

Ist diese Mordweise nicht die denkbar schrecklichste?

Darum wehren wir uns mit allen Mitteln; nicht nur mit Dynamit, auch mit Nitroglycerin, mit Revolver, Gift, und wo es die Umstände rathsam erscheinen lassen mit

HINTERLIST.

Warum sollen wir nicht heucheln? Wegen der Moral? Die mag doch zum Teufel gehen. Wir müssen unsere Peiniger mit ihren eigenen Waffen schlagen. Und dies ist nur gerecht.

Das parfümirte Stromergesindel kann sich über die Gewalt nicht beklagen, denn sie bildet die Grundlage der Gesellschaft. Das Raubgesindel sagte: “Der Zweck heiligt die Mittel.” Nun wollen wir ihre Grundsätze gegen sie selbst anwenden.

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* *

Was ist die heutige und vergangene “Justiz”? Hat es irgend jemals eine vollkommenere Verbrecher-Sippschaft gegeben als die Criminalisten? Alles denkbar Schlechte, grausame und unmenschlich Verrückte ist und wird von dieser Bande vollbracht. Sie will die Menschen zur Vernunft bringen, und ist selbst die grösste Unvernunft. Oder gibt es etwas Scheusslicheres als die langsame Hinmordung in den Gefängnissen?

Und wer sollte die offene Gewalt des ganzen “Justiz"- Apparates nicht kennen?

Und diese Barbaren sollen wir mit Vernunftgründen auf die Bahn der Menschlichkeit bringen?

Strolchen sollen wir den Arsch lecken?

Es gibt nur einen Weg zur Freiheit, und der besteht darin, dass wir den Mordgesellen den Garaus machen, bevor sie ihre schmutzigen Pfoten in unserm Blute waschen.

Es ist doch ganz einfach: Bevor man uns offen oder mit Hinterlist und Heuchelei erdrosselt, wollen wir uns doch einmal

ZUR WEHR SETZEN!

Einmal gehen wir ja doch kaput. Warum sollen wir uns denn noch lange martern lassen?

Damit wir in den Himmel kommen?

Ein blauer Teufel! Wir singen mit HEINRICH HEINE:

Ein neues Lied, ein bess’res Lied,

Ihr Freunde, will ich dichten:

Wir wollen hier auf Erden schon

Das Himmelreich errichten.

Und dieses Himmelreich wird weder durch singen noch durch beten in’s Leben gerufen, sondern nur durch den

BLUTIGEN KAMPF!

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* *

Wer kennt nicht die Macht des Feuers? Ein

PAAR BRÄNDE,

und die ganze Gesellschaft ist am Zusammenstürzen. Wie oft haben uns die Strolche schon die Waffen confiscirt? Aber das sehr famos wirkende Kampfmittel —das Feuer— kann uns Niemand nehmen. Zündhölzchen hat selbst noch der Bettler, und Papier ist fast in jedem Scheisshaus; Petroleum und etwas Hobelspähne sind so leicht herbei zu schaffen, dass darüber gar keine Frage entsteht. Dynamit zu beschaffen ist heute noch schwierig. Aber man kann auch mit dem

FEUER

schon ganz Herrliches erzielen.

Wenn wir den Räubern ihre Hurenhütten anzünden, so muss die Bande dem Feuer wehren, und kann sie uns nicht mehr mit ihrer vollen Kraft schaden.

Was liegt daran, wenn eine ganze Stadt verbrennt? Wir Arbeiter verlieren ja nichts; wir wohnen ja ohnehin schon in Löchern! Was wird es sein, wenn wir für einige Nächte auf dem Felde bivouakiren werden? Wir werden nicht verrecken; wir sind die Unbequemlichkeit gewohnt. Aber die Hallunken werden abziehen, und mit den hinterlassenen Vögten werden wir dann leicht fertig werden.—

Als Napoleon in Russland einbrach, da brannten die Russen ihre Hauptstadt Moskau nieder,—und Napoleon war gerichtet.

Wir müssen es gleich machen: Verweigern wir unsern Feinden nicht nur zeitweise die Arbeit durch den Passiven Strike, sondern gehen wir endlich an den

General-Strike!

Und arbeiten wir überhaupt nie mehr für die Ausbeuter! Brennen wir sie von dem Lande weg, auf dem wir leben wollen! Legen wir ein Feuerlein unter den Schwanz des Ochsen, und er wird auf- und davonspringen!—

Als die alten Helvetier ihr Land verliessen, da verbrannten sie auch die Wohnstätten.

Wir müssen dies ebenfalls thun. Wir müssen den Räubern die Häuser nieder brennen, dann werden wir auch sicher sein, dass die Expropriation von statten gehen wird. Wenn die Ordnungsbande in Ohnmacht liegt, können wir mit lachendem Munde die Waarenhäuser leeren. Die Hallunken und ihre Miethlinge sind—sobald das Feuer einmal prasselt—nicht mehr absolute Herren des Eigenthums, und ein Jeder schleppt weg was er kann.

Wir Arbeiter haben nichts;—so werden wir doch gewiss etwas gewinnen.

Wenn der Himmel purpurroth erglühen wird, dann wird auch die Begeisterung und der Muth eher in die Herzen der Mitsclaven einziehen, und es wird der Ruf ertönen:

KÄMPFEN, UND NICHT STERBEN

Das Feuer wird die Menschen sicherer zum Kampf einladen, als unser blosses Reden. Wenn die Purpurgluth vom Himmel zur Erde leuchtet, dann verbrennen die Geburtsregister, die Gesetze, und wenn die Büttel und Schurken nicht ebenfalls verbrennen, so werden sie wenigstens das Feld räumen.

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* *

Für Gewalt spricht auch die ganze Weltgeschichte. Überall und jederzeit wurde das Recht getreten von der Gewalt; immer und immer wieder wurde gestohlen und gelogen mit Gewalt!

Ganze Haufen von Büchern sind vollgepfropft mit Nachrichten von Gewalttaten ; und wo wir auch unser Auge hinlenken, so sehen wir nur das Eine: die Gewalt.

Und die Geschichte lehrt uns sodann auch, dass eine Befreiung ohne Hülfe der Gewalt eine Utopie ist.

Der “Passive Widerstand” ist nichts anderes als eine Etage des Rückzugs; oft kennzeichnet er einen müden Kämpfer, der noch nicht sterben will. Als Rettungsboot aus der Sclaverei passiven Widerstand benutzen, ist toller denn auf die Barmherzigkeit der Tyrannen vertrauen. Ist der passive Widerstand schon augenscheinlich ein unzureichendes Kampfmittel, so wird er von der Geschichte geradezu lächerlich gemacht.


War es nicht

GEWALT,

die den alten Schweizern die Freiheit verlieh? Oder hat das Beten, oder der “passive Widerstand,” die Vögte zum Ländchen hinausgejagt?

Nun so greifen wir auch zur Gewalt, erschiessen wir unsere Vögte, und stecken wir ihre Burgen in Brand!


War es nicht wieder die

GEWALT,

durch welche das historische Faustrecht vernichtet wurde?

Ist dies nicht eine Lehre, dass wir das moderne Faustrecht ebenfalls mit Gewalt zu zerstören gezwungen sind? Oder auf was sollen wir noch warten? Nom de dieu!


Und mit was wurde das Feudalsystem abgeschaft? Mit was anderem als mit Gewalt?

Auch heute noch gilt CAMILLE DESMOULINS’ Parole:

“ZU DEN WAFFEN!”

So lange noch ein Tyrann auf der Erde athmet, darf dieser Ruf nicht ersticken.

Und mit was wurden die Schwarzen in America befreit?

Und die weisse Sclaverei soll auf friedlichem Wege abgeschafft werden? O, du allmächtiger Strohsack!

Selig sind die Einfältigen, denn sie wissen nicht was sie thun. Amen.

Amen? O, verdammt nicht! Wir Arbeiter wollen der civilisirten Sauerei activen Widerstand entgegen setzen.

Der Gewalt müssen wir ebenfalls mit Gewalt begegnen Denn die barbarischen Civilisirten bekämpfen uns mit Gewalt ganz gleich welche Kampfweise wir auch wählen mögen. Wie Aasgeier stürzen sie sich auf die Edelsten des Volkes los, um ihren Blutdurst zu stillen.— Socrates gaben sie den Giftbecher, Christus hatten sie ans Kreuz genagelt, Gracchus tödteten sie mit Stöcken und Steinen, Marat hatten sie erdolcht, Robespierre schleppten sie auf die Guillotine, Reinsdorf hatten sie enthauptet, und Stellmacher und die Chicagoer Anarchisten hatten sie gehängt! Die Märtyrer der Menschlichkeit, von denen die Genannten nur einen ganz winzigen Theil bilden, schreien nach

RACHE!

—"Rache ist unmenschlich.”

Ja gewiss. Aber, um mit LOUIS LINGG zu reden: “Wenn man uns mit Kanonen bedroht, werden wir mit Dynamit-Bomben antworten.” Wenn wir an all die Grräuelthaten der modernen Raubritter denken, so wären wir weniger denn Thiere, wollten wir den Systemlern nicht den Process machen.

Die Blätter der Geschichte triefen von Blut. Und so ist es unser höchstes Interesse, der Menschenschlachterei ein Ende zu bereiten. Und dies so bald wie möglich. Es ist Zeit, dass die Schandgesellschaft zum Teufel geht. Es ist Zeit, dass Anarchie ersteht.

*

* *

Wenn wir einer gewissen Schule von Socialisten die Idee von der Anarchie dargelegt haben, so faseln sie uns von einem

Übergangs-Stadium

und lamentiren: “Was ihr wollt, wäre ja ganz recht, aber die Menschen sind heute noch zu roh und ungebildet, um sofort in der vollkommensten Freiheit, in der Anarchie, leben zu können; sie müssen daher erst ein Übergangs-Stadium durchmachen, und dieses ist der socialistische Staat.”

Damit geben diese Specialdemocraten zu, dass ein socialistischer Staat nicht die gleichen Freiheiten gewährt, wie die Anarchie. In der That, wenn der Staat Zwang ausübt, wenn eine Classe (Militär, Polizisten, Beamtete) über eine Gewalt verfügt, mit der sie andere Menschen tyrannisiren kann—und es auch zu allen Zeiten und bei allen Völkern gethan hat—wie ist es dann möglich, dass ein socialistischer Staat die Freiheit sein könnte? Denn auch da wird und muss es Policisten, Beamtete in Hülle und Fülle, und sehr wahrscheinlich auch Militär haben, wenn es auch unter einem modernen Namen marschiren wird. Wird ein solcher Staat die Menschen zur Freiheit erziehen können?

Nein, niemals!

Von der Freiheit im specialdemocratischen Staat können wir uns ein kleines Bild machen, wenn wir das Treiben der specialdemocratischen Führer betrachten.

Dafür nur ein Beispiel.

Das Centralorgan der Socialdemocratischen Partei Deutschlands bringt zum Brüsseler “Arbeiter"-Congress ein famoses Gedicht von “Hand in Hand und Aug’ in Auge,” von “Bruderliebe, Gleichheit und Freiheit,” “Nieder mit dem Militarismus,” von “Völkerfrieden,” “Einer tritt ein für den Andern,” “Völker küsst Euch,” etc.

Das wäre allerdings ganz schön; aber was ist auf dem Congress geschehen?

Es ist erstens absolut nicht war, dass er ein Arbeiter-Congress war; man hat Anarchisten—wirkliche Arbeiter—rausgeschmissen, und die Arbeiter-(Ver-)Führer triumphirten. Diese Herren Führer sind gar nicht alle Arbeiter; sie sind zum Theil Capitalisten! Oder ist es etwa nicht wahr?

Ist die Niedertretung der Anarchisten die Bruderliebe, oder die Gleichheit, oder die Freiheit, von der das Centralorgan der socialdemocratischen Partei Deutschlands jubelt?

Ist die Auslieferung eines Anarchisten an die Policei, wie es die Specialdemocraten am Congress gethan haben, das Küssen, von dem der “Vorwärts” singt?

Heuchler sind diese Herren, wenn nicht noch etwas Schlimmeres.

Wenn dies am grünen Holze geschieht, was soll erst aus dem dürren werden? Wenn die Stimmen von Arbeitern heute schon erstickt werden, wie werden es die Socialdemocraten erst thun, wenn sie die staatliche Macht in Händen haben?

Und ein solcher socialistischer Staat soll ein Übergangs-Stadium in die Anarchie bilden, ein solcher Staat soll die Menschen zur Freiheit erziehen?

Nie und nimmermehr!

Ist es nöthig, dass die Menschen in die tiefste Sclaverei gestossen werden müssen, um für die Freiheit erzogen zu werden? Haben wir die antike Sclaverei abgesehafft, um in eine moderne, noch unheilvollere Staatssclaverei einzutreten? Sind wir vom Staate noch nicht genug gedrückt, um sofort unsere Freiheit erkämpfen zu sollen!

Ich weiss wohl, man wird mir sagen, dass das Lumpenproletariat, das durch den Suff und durch die Prostitution heruntergekommene Volk der Freiheit entgegen wirken würde, und dass dieses Volk für die Freiheit erst erzogen werden müsse.

Aber wir wissen, dass die nächste Ursache des Suffs die Unwissenheit, und diejenige der Prostitution die Armuth ist. Wirken wir also diesen Ursachen entgegen, so erziehen wir das Volk zur wahren Menschheit. Kein Staat,—nur Aufklärung und Revolution. Das Volk wird nicht frei, indem man ihm Zwang anthut, sondern nur dadurch, dass es sich Freiheit und Wissen nimmt.

Das Übergangs-Stadium,—wenn man überhaupt von einem solchen Ding sprechen will,—das aus der Lohnselaverei in die Anarchie führt, muss die Ausbreitung der Freiheitsideen und der Kampf für dieselben bilden: d. h. die Propaganda durch Wort und That. Wir müssen unsere Mit-Sclaven darüber aufklären, wie wir frei sein könnten; wir müssen ihnen sagen, dass wir Alles, was wir heute schmerzlich vermissen, in der Anarchie haben könnten; und dann müssen sich die Proletarier an den Krieg gegen das Eigenthum gewöhnen. Gerade das sogenannte Lumpenproletariat führt ja thatsächlich einen Krieg gegen das Eigentum: es “stiehlt,” es lehnt sich gegen die Gesetze, überhaupt gegen die “Ordnung ” auf. Wir haben diesen Leuten nur zu sagen, dass sie dazu das vollständigste Recht haben, und dass sie ihren Anspruch auf Menschlichkeit nur dann quittiren können, wenn sie da nehmen, wo man ihnen nicht freiwillig giebt. Wir müssen den Faulenzern sagen, dass sie in der Anarchie, wenn sie wirklich kein Bedürfniss zu arbeiten hätten, auch faulenzen dürfen, ohne verrecken zu müssen.

—“Was, ihr wollt die Leute faulenzen lassen? Man muss sie zum arbeiten zwingen.”

Dies ist eine grundfalsche Ansicht. Denn jeder Mensch hat ein Bedürfniss sich zu bewegen, und zu diesem wird er unbedingt auch die Arbeit wählen, wenn er weiss, dass er nicht für den König von Preussen schafft.—Überhaupt wird in der Anarchie die Arbeit ein Vergnügen sein, indem die widrige Arbeit verschwindet.

Darum dürfen wir getrosten Muthes direct auf die Anarchie losmaschieren; die Menschen werden, sobald sie für die Freiheit kämpfen, ihrer auch würdig sein.

Aber ein verbrecherisches Treiben ist es, dem Volke zu sagen: “Es ist nöthig, dass du dich erst in eine Zwangsjacke steckst, damit du zur Freiheit erzogen wirst.”

Dies ist doppelt und dreifach gemein. Dies ist die moderne Politik der specialdemocratischen Demagogen.

Wir empfehlen unsern Mit-Sclaven, gegen den Suff und die Prostitution, wie überhaupt gegen alles was uns im Wege steht, anzukämpfen; wir fordern Alle auf, zu nehmen, zu revoltiren, wir rufen Alle zur Revolution.

Dies gehört zum Übergangs-Stadium.

Nicht ein Staat soll das Volk zur Freiheit “erziehen” das hat noch kein Staat gethan. Das Volk soll und wird sich selbst für die Freiheit erziehen, und nicht in einen Nationalkäfig, sondern in die Anarchie marschieren.

*

* *

Der Satan Pessimismus hat die Menschen bekanntlich von jeher gezwickt. Nach der Aufregung kommt die Erschlaffung; und nach dem äussern oder innern Kampfe macht sich ebenfalls ein Bedürfniss nach Ruhe geltend. In diesem Zustande ist dann der Mensch nur zu sehr zur Unterhandlung geneigt, und so können wir auch hören, “dass man in der Revolution auch einige Knochen in den Kauf nehmen müsse.”

So sprechen die Schlappschwänze.

Wenn so fortgeschrittenere Leute ein Übergangs-Stadium,— oder wie “gebildete” Leute sagen, eine Erziehungsperiode,— schon verwerfen, so ist es wirklich erstaunlich, wie man wiederum auf den verrückten Gedanken kommen kann, dass man der Barbarei von Neuem Zugeständnisse machen soll.

Wenn in der Revolution, als in der ersten Zeit der Anarchie, ein Einzelner oder eine Gesellschaft eine Herrscher-Rolle spielen würde, was wäre dies anders als ein Übergangs-Stadium?

Wäre dies nicht ein ganz ähnliches Übergangs-Stadium, wie es für die “Erziehung ” des Volkes (zur Sclaverei? he!) vorgeschlagen wird?

Ob das Übel nun gross oder klein sei, es wird und kann von anarchistischen Revolutionären nicht geduldet werden. Wir werden die modernen Schelme nicht bekämpfen, um dann wieder im Kampfe für unsere Befreiung irgendwelchen Spitzbuben Zugeständnisse zu machen.

Täuschen wir uns nicht! Nur zu oft hat die Tyrannei im Kleinen angefangen. “Im Kleinen fängt man an, im Grossen hört man auf,” sagt die Fama. Und dies ist auch in der That der Weg aller Demagogen!

“Mit Speck fängt man die Mäuse,” und mit Zuckerzeug die Kinder. Das hatten auch die Tyrannen stets practicirt; erst lässt man sich dem Volke als Wohlthäter vorstellen, man gibt ihm “Speck” und “Zuckerzeug,” und sobald das Volk verblendet ist, entpuppt sich die Bestie.

Man sage mir nicht, dass in der Revolution keine grosse Tyrannei möglich sein werde. Denn wir wissen zu genau, dass in den Revolutionen die Tyrannei immer eine grosse Rolle gespielt hat. Und bei einem dummen Volke ist alles möglich, nur nicht die Freiheit. Wenn man geneigt ist, eine Ungerechtigkeit geschehen zu lassen, so liegt dann die Versuchung nur zu nahe, auch die zweite Ungerechtigkeit passiren zu lassen. Und

“Wieder lügt, wer einst gelogen,

Wieder stiehlt, wer einst gestohlen.”

Und dies ist nur zu wahr, wenn wir bedenken, dass Ausnahmen nur die Regel bestätigen,

—“Der Mensch soll sich beherrschen.”

—Ich gehe über diesen Einwand hinweg; er kommt immer und immer wieder von Leuten, die sich selbst nicht beherrschen,—von Leuten, “die alles für die Menschheit thun,” aber auf die Schwäche ihrer Mitmenschen keine Rücksicht nehmen,— von Leuten, welche die Willensfreiheit vollständig negiren, und im nächsten Augenblicke von Jedem verlangen, den äussern Einflüssen Trotz zu bieten.

In der That kann ich mit dem besten Willen kein halbwegs vernünftiges Argument finden, um zu beweisen, warum wir die Tyrannei nicht mit sammt der Wurzel ausrotten sollen. Vielleicht sollen wir, weil unser Leben täglich und stündlich, ja sogar in jedem Augenblick, von der Tyrannei bedroht ist, derselben ein Recht auf Existenz erlauben?

Vielleicht gibt es unter den Verrücktesten der Verrückten welche, die dies bejahen.

Gibt man aber irgend eine Authorität oder Herrschaft in der Revolution zu, so ist es widersinnig, eine solche anzustreben. (So hat beispielsweise JOHN HENRY MACKAY in richtiger Würdigung seines Ideals in seinem Buche “Die Anarchisten” in sehr logischer Weise die Revolution verworfen.) Und ist dies nicht das reelste, was man thun kann, sobald man irgend einem Menschen ein besonderes Recht gewähren will?

Oder ist es nicht die Anerkennung eines Sonder-Rechtes, wenn man in Beginne der Anarchie von einzelnen oder von verblendeten Hallunken etwas Tyrannei in den Kauf nehmen will?

Es ist daher thöricht und schlecht, das Volk mit dem Namen der Socialen Revolution zu blenden, wenn man sie nicht für die vollständige Befreiung gebrauchen will. Denn die Sociale Revolution wird von uns angestrebt, damit

ALLE UND JEDE KNECHTSCHAFT VERSCHWINDE!

An dem Tage, an welchem wir gemeinsam losschlagen werden, da werden wir taub sein für die Bitten oder Rathschläge von Demagogen und Tyrannen, und wir werden nur die eine Loosung kennen:

DIE VOLLE UND UNBESCHRÄNKTE FREIHEIT,

UND ZWAR VON JENEM TAGE AN.

*

* *

—“Aber... … ...”

—Schweig’ nur, wir sind zu Ende. Nur eines will ich noch sagen. Derjenige, der sagt, dass der Mensch sich nicht selbst helfen muss, sollte auch seine Behauptung durch die That beweisen; sonst könnte ihm passiren, dass man ihn einen Lügner nennt. Diesen Beweis hat weder Kirche noch Staat, noch irgend eine Partei erbracht, nicht einmal der wissenschaftliche Führer in’s specialdemocratische Himmelreich, der erhabene, grosse FRIEDRICH ENGELS, welcher im Jahre des Heils 1891 einem seiner walzenden Genossen “Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit” in Form eines alten Hemdes baar ausbezahlte.

Bum! — — — — —

Auf Wiederseh’n!

Alle und jede Rechte

ganz besonders dasjenige auf’s Leben

vorbehalten.

[1] Ein Wort nicht lesbar.


Conrad Frœlich: "Der Weg zur Freiheit", Verlag von J. KNEUELBERG, London, 145, City Road, E.C., 1891.