Titel: Die vollständige Ausbildung
AutorIn: Bakunin, Michail
Themen: Anarchismus, Bildung
Datum: 1869
Quelle: Entnommen am 03.04.2024 von https://www.anarchismus.at/anarchistische-klassiker/michail-bakunin/7657-michail-bakunin-die-vollstaendige-ausbildung
Bemerkungen: Der Artikel "Die vollständige Ausbildung" wurde von Michail Bakunin als Serie in der anarchistischen Zeitschrift "Egalite" im Juli und August 1869 in Genf veröffentlicht. Teil I.: Egalite vom 31.7.1869; Teil II. Egalite vom 14.8.1869; Teil III. Egalite vom 14.8.1869; Teil IV. Egalité vom 21.8.1869.

Originaltext: Michael Bakunin - Die vollständige Ausbildung. Eigendruck im Selbstverlag Karlsruher Anarchisten, Laubfrosch - Vertrieb für freiheitliche Literatur, Karlsruhe, Ohne Jahresangabe (wahrscheinlich 1977). Digitalisiert von www.anarchismus.at

    I.

    II.

    III.

    IV.

I.

Die erste Frage, die wir heute zu betrachten haben, ist die: Kann die Befreiung der Arbeitermassen eine vollständige sein, solange die Bildung, welche diese Massen erhalten, der den Bourgeois gegebenen inferior (minderwertig, rückständig, untergeordnet) ist öder solange es im allgemeinen irgendeine Klasse gibt, zahlreich oder nicht, die durch ihre Geburt zu den Privilegien (Vor- und Sonderrechte) einer höheren Erziehung und vollständigeren Unterrichts berufen ist? Diese Frage stellen, heißt das nicht sie lösen?


Ist es nicht augenfällig, daß von zwei Männern, die mit beinahe gleicher natürlicher Intelligenz begabt sind, derjenige, der mehr weiß, dessen Geist mehr durch die Wissenschaft erweitert ist und der, weil er besser die Verkettung der natürlichen und sozialen Tatsachen begriffen, oder dessen, was man die Gesetze der Natur und der Gesellschaft nennt, leichter und voller den Charakter des Milieu, in dem er sich befindet, erfaßt, - daß dieser, sagen wir, sich dort freier fühlen wird, daß er auch in der Praxis geschickter und mächtiger sein wird als der andere? Derjenige, der mehr weiß, wird natürlich den beherrschen, der weniger weiß, und wenn es im Anfang zwischen zwei Klassen nur diesen einfachen Unterschied der Bildung und Erziehung gäbe, würde dieser Unterschied in wenig Zeit alle übrigen hervorbringen, und die Welt würde sich wieder an ihrem gegenwärtigen Punkt befinden, d.h. sie wäre von neuem geteilt in eine Masse von Sklaven und eine kleine Zahl von Herrschern, und die ersteren würden, wie heute, für die letzteren arbeiten.


Man versteht jetzt, warum die Bourgeoissozialisten nur Bildung für das Volk verlangen, etwas mehr als es jetzt hat, während wir sozialistischen Demokraten für das Volk die vollständige Bildung verlangen, die ganze Ausbildung, so vollständig, wie die wissenschaftliche Kraft des Jahrhunderts es erlaubt, damit sich über den Arbeitermassen von jetzt ab keine Klasse befinden könne, die mehr wisse und die sie, gerade weil sie mehr weiß, beherrschen und ausbeuten kann. Die bürgerlichen Sozialisten wollen die Erhaltung der Klassen, deren jede nach ihnen eine verschiedene soziale Funktion vertreten soll, die eine z.B. die Wissenschaft und die andere die Handarbeit; wir wollen im Gegenteil die endgültige und vollständige Abschaffung der Klassen, die Vereinheitlichung der Gesellschaft und die ökonomische und soziale Gleichmachung aller Menschen auf der Erde. Sie möchten die Ungleichheit und die Ungerechtigkeit, diese historische Grundlage der gegenwärtigen Gesellschaft, beibehalten, aber vermindern, versüßen und verzieren - wir wollen sie zerstören. Hieraus ergibt sich klar, daß keine Entente (Einvernehmen, Einverständnis), keine Versöhnung, selbst keine Koalition zwischen bürgerlichen Sozialisten und uns möglich ist.


Aber wird man sagen - und diesen Grund stellt man uns am meisten entgegen, und die Herrn Doktrinäre aller Schattierungen halten ihn für ein unwiderstehliches Argument - , aber es ist unmöglich, daß die ganze Menschheit Wissenschaft betreibt; sie würde aus Hunger sterben. Daher müssen, während die einen studieren, die anderen arbeiten, um die notwendigen Lebensbedürfnisse hervorzubringen, zunächst für sich, dann auch für die ausschließlich Geistesarbeiten sich widmenden, denn letztere arbeiten nicht nur für sich; ihre wissenschaftlichen Entdeckungen, außer dem, daß sie den menschlichen Geist erweitern, verbessern sie nicht die Lage aller menschlichen Wesen ohne Ausnahme durch die Anwendung auf die Industrie, den Ackerbau, und im allgemeinen das politische und soziale Leben? Veredeln ihre künstlerischen Schöpfungen nicht das Leben aller? Aber nein, keineswegs. Und der größte Vorwurf, den wir der Wissenschaft und den Künsten zu machen haben, ist gerade der, daß sie ihre Wohltaten nicht verbreiten und nur auf einen sehr geringen Teil der Gesellschaft ihren Einfluß ausüben mit Ausschluß und folglich auch zum Schaden der ungeheuren Mehrzahl.


Man kann heute von dem Fortschritt der Wissenschaft und Kunst dasselbe sagen, was man schon mit solchem Recht von der wunderbaren Entwicklung der Industrie, des Handels, des Kredits, des sozialen Reichtums, mit einem Wort in den zivilisiertesten Ländern der modernen Welt gesagt hat. Dieser Reichtum ist ganz exklusiv und im Begriff, dies immer mehr zu werden, indem er sich in einer immer kleineren Zahl von Händen konzentriert und die unteren Lagen der Mittelklasse, die kleine Bourgeoisie, ins Proletariat wirft, so daß die Entwicklung dieses Reichtums in direktem Verhältnis zum wachsenden Elend der Massen steht. Woraus folgt, daß der Abgrund, der die glückliche und privilegierte Minderheit von den Millionen von Proletariern, die sie durch die Arbeit ihrer Hände ernähren, trennt, sich immer mehr öffnet und daß, je glücklicher die Glücklichen, die Ausbeuter der Volkesarbeit sind, die Arbeiter desto unglücklicher werden. Man stelle bloß der fabelhaften Opulenz (Üppigkeit Überfluß) der aristokratischen, finanziellen Handels- und industriellen Welt in England die elende Lage der Arbeiter dieses Landes gegenüber, man lese den so naiven und herzzerreißend geschriebenen Brief, den ganz kürzlich ein intelligenter und ehrlicher Londoner Goldschmied, Walter Dugan war sein Name, schrieb, der sich mit der Frau und sechs Kindern vergiftete, nur um den Erniedrigungen des Elends und der Qualen des Hungers zu entgehen[1], und man wird gezwungen sein, zuzugeben, daß diese so gepriesene Zivilisation in materieller Hinsicht für das Volk nur Druck und Ruin bedeutet.


Dasselbe ist der Fall mit den modernen Fortschritten der Wissenschaft und der Kunst. Diese Fortschritte sind ungeheuer! Ja, das ist wahr. Aber,je ungeheuer sie sind, desto mehr werden sie eine Ursache intellektueller und folglich auch materieller Sklaverei, eine Ursache des Elends und der Minderwertigkeit für das Volk, denn sie erweitern immer mehr den Abgrund, der schon die Intelligenz des Volkes von der privilegierten Klassen trennt. Erstere, was ihre natürliche Fähigkeit betrifft, ist heute augenscheinlich weniger blasiert, abgebraucht, verfälscht und verdorben durch die Notwendigkeit, ungerechte Interessen zu verteidigen, und sie ist infolgedessen natürlich kraftvoller als die bourgeoise Intelligenz, aber letztere hat dagegen die ganzen Waffen der Wissenschaft für sich, und dies sind furchtbare Waffen. Oft genug ist ein sehr intelligenter Arbeiter gezwungen, vor einem gelehrten Holzkopf den kürzeren zu ziehen, der ihn überwindet nicht durch den Geist, den er nicht hat, sondern durch die dem Arbeiter fehlende Bildung, die ihm zuteil werden konnte, weil, während seine Dummheit sich wissenschaftlich in den Schulen entwickelte, die Arbeit des Arbeiters ihn bekleidete, nährte, ihm Unterkunft und alles zu seiner Ausbildung Nötige, Lehrer und Bücher verschaffte.


Der Grad des Wissens des Einzelnen ist nicht gleich, selbst in der Bourgoisklasse, das wissen wir ganz gut. Auch da gibt es eine Stufenleiter bestimmt nicht durch die Fähigkeit der Einzelnen, sondern durch den größeren oder geringeren Grad des Reichtums der sozialen Schichten, der sie durch die Geburt entstammen: die Bildung der Kinder der sehr kleinen Bourgoisie, sehr wenig erhaben über die, welche Arbeiter sich selbst erwerben können, ist z.B. beinahe null gegenüber der von der Gesellschaft in breitem Umfang der hohen und mittleren Bourgoisie gegebenen. Was sehen wir infolgedessen? Das Kleinbürgertum, das heute (1869) mit der Mittelklasse nur durch eine lächerliche Eitelkeit einerseits und durch seine Abhängigkeit von den großen Kapitalisten andererseits verbunden ist, befindet sich in einer noch elenderen und viel erniedrigenderen Lage als das Proletariat. So verstehen wir auch, wenn wir von den privilegierten Klassen sprechen, nie jene arme Bourgoisie darunter, die, wenn sie ein bisschen mehr Herz und Verstand hätte, nicht zögern würde, sich mit uns zum Kampf gegen die große und mittlere Bourgoisie anzuschließen, die sie heute nicht weniger erdrückt wie das Proletariat. Und wenn die ökonomische Entwicklung der Gesellschaft in dieser Richtung noch zehn Jahre weitergehen würde, was uns übrigens unmöglich erscheint (hier irrte er sich, es war möglich, die Red.), würden wir noch den größten Teil der mittleren Bourgoisie in die gegenwärtige Lage der kleinen Bourgoisie zunächst herabsinken sehen, um sich dann etwas später im Proletariat zu verlieren. Immer, infolge dieser unvermeidlichen Konzentration (Zusammenballung) des Eigentums in einer immer kleineren Anzahl von Händen woraus sich das unfehlbare Resultat (Ergebnis) ergeben würde, daß die soziale Welt endgültig in eine kleine Minderheit, die unendlich reich begütert, gelehrt und dominierend (vorherrschend) ist, und eine ungeheure Masse von elenden, unwissenden und versklavten Proletariern geteilt werden[2].


Eines muß jedem gewissenhaften Denker auffallen, jedem, dem Menschenwürde und Gerechtigkeit, d.h. die Freiheit eines jeden in und durch die Gleichheit aller am Herzen liegt. Nämlich, daß alle Erfindungen des Geistes, all die großen Anwendungen der Wissenschaft auf die Industrie und das soziale Leben im allgemeinen bis jetzt immer nur den privilegierten Klassen nützten und der Macht der Staaten, dieser ewigen Beschützer aller politischen und sozialen Nichtswürdigkeiten, nie aber den Volksmassen. Wir brauchen nur die Maschinen zu nennen, um von jedem Arbeiter und jedem aufrichtigen Anhänger der Befreiung der Arbeit Recht erhalten. Durch welche Kraft halten sich die privilegierten Klassen mit all ihrem unverschämten Glück und ihren unbilligen Genüssen heute noch aufrecht gegen die so berechtigte Entrüstung der Volksmassen? Etwa durch eine in ihnen selbst liegende Kraft? Nein, dies geschieht einzig durch die Gewalt des Staates, in welchem übrigens ihre Kinder heute, wie seit jeher, alle herrschenden Funktionen ausüben und selbst alle mittleren und niedrigeren, mit Ausnahme der von Arbeitern und Soldaten. Und was bildet heute hauptsächlich die Macht der Staaten? Die Wissenschaft.


Ja, die Wissenschaft. Wissenschaft der Regierung, Verwaltung und Finanzen, Wissenschaft, die Volksherden zu scheren, ohne daß sie zu sehr schreien und wenn sie zu schreien beginnen, die Wissenschaft, ihnen Schweigen, Geduld und Gehorsam durch eine wissenschaftlich organisierte Macht aufzulegen, Wissenschaft, die Volksmassen zu betrügen und zu spalten, sie immer in gesunder Unwissenheit zu erhalten, damit sie nie durch gegenseitige Hilfe, durch Vereinigung ihrer Anstrengungen eine Macht schaffen, die fähig wäre, die Staaten zu stürzen, militärische Wissenschaft vor allem mit all ihren zur Vollendung gebrachten Waffen und diesen furchtbaren Zerstörungswerkzeugen, die "Wunder tun"[3]; die technische Wissenschaft endlich, welche Dampfschiffe, Eisenbahnen Und Telegraphen baute: die von der Militärstategie benutzten Eisenbahnen verzehnfachen die Offensiv- und Defensivkraft der Staaten, die Telegraphen verwandeln jede Regierung in einen hundert- und tausendarmigen Briarcus[4] und geben ihr die Macht, überall anwesend zu sein, zu handeln und zuzugreifen - durch diese Erfindungen werden die furchtbarsten politischen Zentralisationen geschaffen, die je auf der Erde existierte. Wer kann da noch leugnen, daß alle Fortschritte der Wissenschaft ohne irgendeine Ausnahme bis jetzt nur ausliefen auf eine Vermehrung des Reichtums der privilegierten Klassen und der Macht der Staaten, zum Schaden des Wohlstandes und der Freiheit der Volksmassen, des Proletariats?


Aber, wird man einwenden, haben die Volksmassen nicht auch einen Nutzen davon? Sind sie nicht in unserer Gesellschaft viel zivilisierter als in früheren Jahrhunderten? Hierauf antworten wir mit einer Beobachtung Lassalles, des berühmten deutschen Sozialisten. Um die Fortschritte der Volksmassen in bezug auf ihre politische und soziale Befreiung zu beurteilen, darf man nicht ihrem geistigen Zustand in diesem Jahrhundert mit demselben Zustand in früheren Jahrhunderten vergleichen. Man muß in Betrachtung ziehen, ob von einem gewissen Zeitpunkt an, nachdem der damals zwischen ihnen und den privilegierten Klassen bestehende Unterschied festgestellt wurde, sie in gleichem Maßstab wie diese Klassen Fortschritte machten.


Denn wenn dieser Fortschritt der gleiche war, würde der sie heute von der privilegierten Welt trennende Unterschied der gleiche geblieben sein; wenn das Proletariat mehr und schneller fortschritte als die Privilegierten, wäre der Unterschied natürlich kleiner geworden, wenn aber der Fortschritt des Arbeiters langsamer und daher kleiner ist als der der herrschenden Klasse im gleichen Zeitraum, wäre der Unterschied grösser geworden: der beide Klassen trennende Abgrund wäre breiter geworden, der Privilegierte mächtiger, der Arbeiter abhängiger, geknechteter als am Ausgangspunkt. Wenn zwei Personen gleichzeitig zwei verschiedene Punkte verlassen, der eine mit 100 Fuß Vorsprung vor dem anderen und der letztere 60, der erste nur 30 Fuß in der Minute zurücklegt, werden beide in einer Stunde nicht 100, sondern 1.900 voneinander entfernt sein.


Dieses Beispiel gibt eine ganz richtige Idee von den Fortschritten der Bourgeoisie und des Proletariats. Bis jetzt gingen die Bourgeois auf dem Wege der Zivilisation schneller als die Proletarier, nicht weil ihre Intelligenz von Natur aus stärker als die der Proletarier war - heute könnte man mit gutem Recht das gerade Gegenteil behaupten -, sondern weil die ökonomische und politische Organisation der Gesellschaft bis jetzt eine solche war, daß nur die Bourgeois sich ausbilden konnten, daß die Wissenschaft nur für sie existierte und daß das Proletariat zu gezwungener Unwissenheit verurteilt war, so daß, wenn es trotzdem fortschreitet - und seine Fortschritte sind nicht zu bezweifeln -, dies nicht dank der Gesellschaft, sondern ganz gegen diese geschieht.


Resümieren wir. In der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung waren die Fort-schritte der Wissenschaft die Ursache der relativen Unwissenheit des Pro-letariats, so wie die Fortschritte der Indurstie und des Handels die Ur-sache seines relativen Elends waren. Geistige und materielle Fortschritte trugen also in gleicher Weise zur Vermehrung seiner Knechtschaft bei. Was ergibt sich daraus? Daß wir diese Bourgeoiswissenschaft verwerfen und bekämpfen müssen, ebenso wir wir den Bourgeoisreichtum verwerfen und bekämpfen müssen, sie verwerfen und bekämpfen in dem Sinne, daß wir durch Zerstörung der sozialen Ordnung, die sie zum Erbstück einer oder mehrerer Klassen machen, sie als das gemeinsame Gut aller verlangen müssen.

II.

Wir haben nachgewiesen, daß, solange es zwei oder mehrere Grade der Bildung für die verschiedenen Gesellschaftsschichten gibt, es notwendigerweise Klassen geben wird, das heißt ökonomische politische Vorrechte für eine kleine Zahl von Glücklichen und Sklaverei und Elend für die große Mehrzahl. Als Mitglieder der internationalen Arbeiterassoziation (Zusammenschluß) wollen wir die Gleichheit, und weil wir sie wollen, müssen wir auch die vollständige, gleiche Ausbildung für sie wollen.


Aber wenn alle gebildet sind, wer wird arbeiten wollen? wird man fragen. Unsere Antwort ist einfach: Jeder muß arbeiten und jeder muß gebildet sein. Hierauf antwortet man sehr oft, daß diese Mischung von Hand- und Kopfarbeit nur zum Schaden der einen oder anderen ausfallen könne: die Handarbeiter werden schlechte Gelehrte abgeben, und die Gelehrten werden immer nur schlechte Arbeiter sein. Gewiß, in der gegenwärtigen Gesellschaft, wo Hand- und Kopfarbeit beide gleich verfälscht sind durch die ganz künstliche Isolierung, zu der man beide verurteilt hat. Aber wir sind überzeugt, daß in einem lebendigen und vollständigen Menschen beide Tätigkeiten, die der Muskeln und die der Nerven, in gleicher Weise entwickelt sein müssen und daß, weit entfernt davon, daß sie sich gegenseitig schaden würden, jede die andere unterstützen, erweitern und verstärken muß: die Wissenschaft des Gelehrten wird fruchtbarer, nützlicher und weiter werden, wenn der Gelehrte nicht mehr der Handarbeit unkundig ist, und die Arbeit des gebildeten Arbeiters wird intelligenter und folglich ergiebiger sein als die des unwissenden Arbeiters. Hieraus folgt, daß im Interesse der Arbeit wie in dem der Wissenschaft es nicht mehr Arbeiter und Gelehrte geben darf, sondern nur Menschen.


Die Folge würde sein, daß diejenigen Menschen, die durch ihre überlegene Intelligenz heute in die exklusive Welt der Wissenschaft gezogen sind und die dort einmal festgesetzt, der Notwendigkeit einer bourgeoisen Stellung nachgebend, all ihre Erfindungen zum ausschließlichen Nutzen der privilegierten Klasse, zu der sie selbst gehören, ausschlagen lassen, - daß diese Männer, wenn sie einmal wirklich mit der ganzen Welt solidarisch werden, solidarisch nicht nur in der Einbildung und in Worten, sondern tatsächlich, durch die Arbeit, ganz ebenso natürlich die Entdeckungen und praktischen Anwendungen der Wissenschaft zum Nutzen aller verwenden werden und vor allem zur Erleichterung und Veredlung der Arbeit, dieser einzig rechtmäßigen und einzig wirklichen Grundlage der menschlichen Gesellschaft.


Es ist möglich und selbst sehr wahrscheinlich, daß während des mehr oder weniger langen Übergangszustandes, der natürlich der großen sozialen Krise folgen wird, die höchsten Wissenschaften bedeutend unter ihr jetziges Niveau sinken werden, wie auch unzweifelhaft der Luxus und alles, was zu den Verfeinerungen des Lebens gehört, für lange aus der Gesellschaft wird verschwinden müssen und nur wird wieder erscheinen können nicht als exklusiver Genuß, sondern als Veredlung des Lebens aller, sobald die Gesellschaft das für alle Lebensnotwendige erobert haben wird.


Aber wird die zeitweilige Verfinsterung der höheren Wissenschaft ein so großes Unglück sein? Was die Wissenschaft an erhabenem Emporragen verliert, wird sie das nicht durch Erweiterung ihrer Grundlage gewinnen? Zweifellos wird es weniger berühmte Gelehrte geben, aber gleichzeitig auch weniger Unwissende. Es wird nicht mehr jene wenigen Männer geben, die bis zum Himmel emporreichen, aber dafür werden Millionen von Menschen, die heute herabgewürdigt und erdrückt werden, wie Menschen auf der Erde herumgehen, keine Halbgötter mehr und keine Sklaven. Die Halbgötter und die Sklaven werden gleichzeitig zu Menschen werden, die einen, indem sie ein bißchen herabsteigen, die anderen, indem sie viel in die Höhe steigen. Es wird also kein Platz mehr sein für die Vergötterung und keiner für die Geringschätzung. Alle werden sich die Hand geben und einmal vereint, mit neuem Schwung neuen Eroberungen in der Wissenschaft wie im Leben entgegenschreiten.


Weit entfernt also, diese übrigens ganz vorübergehende Wissenschaftsfinsternis zu fürchten, rufen wir sie im Gegenteil mit all unseren Wünschen herbei, da sie zur Wirkung die gleichzeitige Vermenschlichung der Gelehrten und der Handarbeiter haben wird, die Versöhnung der Wissenschaft und des Lebens. Und wir sind überzeugt, daß nach Eroberung dieser neuen Grundlage die Fortschritte der Menschheit in der Wissenschaft wie im Leben bald alles übertreffen werden, was wir kennen und was wir uns heute in der Einbildung vorstellen können. Aber hier stellt sich eine andere Frage ein: Sind alle Menschen gleich fähig, sich zu demselben Bildungsgrad zu erheben? Stellen wir uns eine auf die gleichheitlichste Art eingerichtete Gesellschaft vor, in welcher aller Kinder von Geburt an denselben Ausgangspunkt in ökonomischer und sozialer wie in politischer Hinsicht haben würden, das heißt absolut die gleiche Pflege, Erziehung und Unterricht - würde es nicht unter diesen tausend jungen Menschen unendliche Unterschiede an Energie, natürlichen Neigungen und Anlagen geben?
Dies ist das große Argument unserer Gegner, der reinen Bourgeois und der Bourgeoissozialisten! Sie glauben, es sei unwiderstehlich. Versuchen wir also, ihnen das Gegenteil hiervon zu beweisen.


Zunächst, mit welchem Recht stützen sie sich auf das Prinzip der individuellen Fähigkeiten? Gibt es einen Platz in der Gesellschaft, wie sie jetzt besteht, für die Entwicklung dieser Fähigkeiten? Kann ein Platz für die Entwicklung in einer Gesellschaft bestehen, die weiterhin als ökonomische Grundlage das Erbrecht haben würde? Augenscheinlich nicht, denn sobald es ein Erbrecht gibt, wird die Laufbahn der Kinder nie das Resultat ihrer Fähigkeiten und ihrer individuellen Energie sein: sie wird vor allen Dingen das Resultat der Vermögenszustandes, des Reichtums oder der Armut ihrer Familien sein. Reiche, aber dumme Erben werden einen höheren Unterricht erhalten; die intelligentesten Kinder des Proletariats werden weiterhin als Erbteil Unwissenheit erhalten, gerade so wie dies heute geschieht. Ist es also nicht eine Heuchelei nicht nur in der gegenwärtigen Gesellschaft, sondern selbst im Hinblick auf eine verbesserte Gesellschaft, die aber als Grundlagen das individuelle Eigentum und das Erbrecht haben würde, - ist es da nicht ein infamer Bertrug, da von individuellen Rechten die auf persönliche Fähigkeiten gegründet sind, zu sprechen?


Man spricht so viel von persönlicher Freiheit heutzutage, und doch ist der, der herrscht, durchaus nicht das menschliche Individuum, der Mensch im allgemeinen genommen, sondern das durch seine soziale Stellung privilegierte Individuum, es ist also die Stellung, die Klasse. Ein intelligenter Mensch in der Bourgeoisie wage es nur, sich gegen die ökonomische Privilegien dieser respektablen Klasse zu erheben, und man wird sehen, wie diese guten Bourgeois die jetzt nur die persönliche Freiheit im Munde führen, die seine respektieren werden. Was redet man uns von persönlichen Fähigkeiten! Sehen wir nicht jeden Tag die fähigsten Leute unter Arbeitern und Bourgeois gezwungen, vor der Dummheit der Erben des goldenen Kalbes zurücktreten und selbst die Stirn zu beugen? Die persönliche Freiheit, nicht die privilegierte, aber die menschlichen, die wirklichen Fähigkeiten der Menschen werden ihre volle Entwicklung nur bei voller Gleichheit erfahren können. Wenn es für alle Menschen der Erde Gleichheit des Ausgangspunkt geben wird, nur dann - unter Wahrung jedoch der höheren Rechte der Solidarität, welche immer der größte Hervorbringer aller sozialen Dinge: der menschlichen Intelligenz und der materiellen Güter ist und bleiben wird -, nur dann wird man sagen können, mit viel mehr Recht als heute, daß jeder Mensch der Sohn seiner Taten ist. Woraus wir schließen, daß, um die persönlichen Fähigkeiten zur Blüte zu bringen, so daß sie nicht mehr gehindert sind, all ihre Früchte zu tragen, vor allem das Verschwinden aller persönlichen Vorrechte, wirtschaftlicher und politischer, nötig ist, - das heißt die Abschaffung aller Klassen. Es ist nötig das Verschwinden des individuellen Eigentums und des Erbrechts, der ökonomische, politische und soziale Triumph der Gleichheit.


Wenn aber einmal die Gleichheit gesiegt hat und festbegründet ist, wird es dann keinen Unterschied mehr geben zwischen den Fähigkeiten und den verschiedenen Graden von Energie der einzelnen Personen? Es wird solche Unterschiede geben, nicht so viele wie heute vielleicht, aber es wird zweifellos welche geben. Es ist eine Spruchweisheit, die wahrscheinlich immer wahr bleiben wird, daß derselbe Baum nicht zwei ganz gleiche Blätter hat. Desto mehr wird dies immer wahr sein in bezug auf die Menschen, da die Menschen viel kompliziertere Wesen sind als die Blätter. Aber weit davon entfernt, ein Übel zu sein, ist diese Verschiedenheit im Gegenteil, wie der deutsche Philosoph Feuerbach sehr gut bemerkt hat, ein Reichtum der Menschheit. Dank ihr ist die Menschheit ein Gesamtwesen, in welchem jeder alle vervollständigt und alle braucht, so daß diese unendliche Verschiedenheit der menschlichen Personen die Ursache selbst, die Hauptgrundlage ihrer Solidarität ist, ein Hauptargument zugunsten der Gleichheit.


Im Grunde wird man selbst in der heutigen Gesellschaft, wenn man zwei Menschenkategorien ausnimmt, die Genies und die Idioten, und wenn man von den künstlich durch den Einfluß von tausend sozialen Ursachen wie Erziehung, Unterricht, ökonomische und politische Stellung, die nicht nur in jeder Schicht der Gesellschaft, sondern beinahe in jeder Familie verschieden sind, hervorgerufenen Unterschieden absieht, erkennen, daß in bezug auf geistige Fähigkeiten und moralische Energie die ungeheure Mehrzahl der Menschen einander sehr ähnlich ist oder daß sie wenigstens gleichwertig sind, indem die Schwäche eines jeden auf einem Gebiet beinahe immer aufgewogen wird durch eine gleichwertige Stärke auf einem anderen Gebiet, so daß es unmöglich wird zu sagen, ein aus dieser Masse herausgegriffener Mensch stehe bedeutend über oder unter den anderen. Die ungeheure Mehrzahl der Menschen sind nicht identisch aber gleichwertig und folglich gleich. So bleiben also für die Beweisführung unserer Gegner nur die Genies und die Idioten übrig.


Der Idiotismus ist, wie bekannt, eine physiologische und soziale Krankheit. Sie muß also in den Spitälern, nicht in den Schulen behandelt werden und man darf mit Recht hoffen, daß die Einführung einer rationellen, sozialen Hygiene, die vor allem für die physische und moralische Gesundheit der Menschen mehr Sorge trägt, als die heutige, und die auf Gleichheit gegründete Organisation der neuen Gesellschaft schließlich diese für das Menschgeschlecht so erniedrigende Krankheit ganz zum Verschwinden bringen werden. Was die Genies anbetrifft, muß zuerst bemerkt werden, daß glücklicherweise oder unglücklicherweise, wie man will, sie im Lauf der Geschichte nur als sehr seltene Ausnahme aller bekannter Kegeln erschienen, und man beschäftigt sich nicht mit der Organisation der Ausnahmen.


Hoffen wir übrigens, daß die künftige Gesellschaft in der wirklich praktischen und volksmäßigen Organisation ihrer Gesamtkraft ein Mittel finden wird, diese großen Genies weniger notwendig, weniger erdrückend und mehr wirklich für alle Welt wohltätig zu machen. Denn man darf nie den Ausspruch Voltaires vergessen: "Es gibt jemand, der mehr Geist hat als die größten Genies, das ist alle Welt". Es handelt sich also nur mehr darum, diese alle Welt zu organisieren durch die größte Freiheit, gegründet auf die vollständigste ökonomische, politische und soziale Gleichheit, damit man nie mehr die Rückfälle in die Diktatur und den despotischen Ehrgeiz von Männern von Genies fürchten muß.


An die Hervorbringer von Genies durch die Erziehung darf man nicht denken. Übrigens haben sich von allen bekannten genialen Männern keiner oder beinahe keiner als solche in der Kindheit, dem heranwachsenden Alter, selbst nicht in der ersten Jugend manifestiert. Sie zeigten sich als Genies erst im reifen Alter und mehrere wurden erst nach ihrem Tode erkannt, während viele verfehlte große Männer, die in ihrer Jugend als höhere Menschen proklamiert wurden, ihre Laufbahn in vollster Nichtigkeit beendet haben. Man kann also nie in der Kindheit und selbst im jugendlichen Alter die relative Superiorität (Überlegenheit) und Minderwertigkeit der Menschen bestimmen und ebensowenig den Grad ihrer Fähigkeiten und ihre natürlichen Neigungen. All dies zeigt und bestimmt sich erst durch ihre weitere Entwicklung, und wie es frühreife Naturen gibt neben sehr langsamen, die aber deshalb keineswegs minderwertig und oft höher entwickelt sind, so wird kein Schulmeister je die Laufbahn und die Art der Beschäftigung, welche die Kinder im Alter der Freiheit wählen werden, im voraus genau angeben können.


Hieraus ergibt sich, daß die Gesellschaft ohne den wirklichen oder angenommenen Unterschied der Neigungen und Fähigkeiten in Betracht zu ziehen und ohne ein Mittel zu besitzen, die künftige Laufbahn der Kinder zu bestimmen, noch ein Recht, diese Laufbahn festzusetzen, allen, ohne Ausnahme, eine absolut gleiche Erziehung und Ausbildung schuldig ist.

III.

Der Unterricht muß auf allen Stufen für alle gleich sein, er muß jedes Kind der beiden Geschlechter ebenso auf das Leben des Gedankens wie auf das Leben der Arbeit vorbereiten, damit alle auf gleiche Weise vollständige Menschen werden können.


Die positive Philosophie, die in den Geistern die religiösen Fabeln, und die Träumereien der Metaphysik entthront hat, erlaubt uns, uns eine Vorstellung davon zu machen, was in der Zukunft die wissenschaftliche Ausbildung sein wird. Sie wird die Kenntnis der Natur zur Grundlage und die Soziologie als Gipfelpunkt haben. Das Ideal wird aufhören, das Leben zu beherrschen und zu vergewaltigen wie stets in allen metaphysischen und religiösen Systemen und wird von nun an nichts als der letzte und schönste Ausdruck der wirklichen Welt sein. Es wird aufhören ein Traum zu sein und wird selbst eine Wirklichkeit werden.


Da kein noch so mächtiger Geist alle Wissenschaften in ihrem Detail umfassen kann, und da andererseits eine allgemeine Kenntnis der Wissenschaften für die vollständige Entwicklung des Geistes absolut notwendig ist, so wird der Unterricht auf natürliche Weise in zwei Teile zerfallen: den allgemeinen Teil, der die Hauptelemente aller Wissenschaften ohne Ausnahme und eine nicht oberflächliche, sondern wirkliche Kenntnis ihrer Gesamtheit umfaßt, und den speziellen Teil, notwendigerweise in mehrere Gruppen oder Fakultäten geteilt, von denen jede eine gewisse Anzahl Wissenschaften mit all ihren Einzelheiten umfaßt, solche Wissenschaften, welche ihrer Natur gemäß besonders berufen sind, einander zu ergänzen. Der erste, allgemeine Teil, wird für alle Kinder obligatorisch sein; er wird, wenn wir uns so ausdrücken können, die menschliche Erziehung ihres Geistes bilden, welche vollständig die Metaphysik und Theologie ersetzt und gleichzeitig die Kinder einem ziemlich hohen Gesichtspunkt zuführt, so daß sie dann im Jünglingsalter mit voller Sachkenntnis die spezielle Fakultät wählen können, die am besten ihren persönlichen Anlagen und ihrem Geschmack entspricht.


Es wird ohne Zweifel Vorkommen, daß diese Jünglinge unter dem Einfluß einer sekundären äußeren oder selbst inneren Ursache sich manchmal in der Wahl ihrer wissenschaftlichen Spezialität irren werden und zuerst für eine Fakultät oder Laufbahn, die nicht gerade am besten zu ihren Fähigkeiten passen, sich entscheiden. Aber da wir nicht heuchlerische, sondern aufrichtige Anhänger der persönlichen Freiheit sind, da wir im Namen dieser Freiheit von ganzem Herzen das Autoritätsprinzip und alle möglichen Äußerungen dieses göttlichen, antimenschlichen Prinzips verabscheuen, da wir mit der ganzen Tiefe unserer Liebe für die Freiheit die väterliche Autorität wie die Autorität des Schulmeisters verabscheuen, da wir beide als gleich demoralisierend und verhängnisvoll betrachten und die tägliche Erfahrung uns lehrt, daß der Familienvater und der Schulmeister trotz ihrer obligaten und sprichwörtlichen Weisheit und sogar wegen dieser Weisheit sich über die Fähigkeiten ihrer Kinder noch leichter irren als die Kinder selbst, und streitbar und unverbrüchlich ist, daß jeder, der herrscht, nie verfehlt, seine Macht zu mißbrauchen die Schulmeister und Familienväter bei der willkürlichen Festsetzung der Zukunft ihrer Kinder viel mehr ihren eigenen Geschmack befragen als die natürlichen Tendenzen der Kinder, weil schließlich die vom Despotismus begangenen Fehler immer verhängnisvoller und schwerer wiedergutzumachen sind als die von der Freiheit begangenen Fehler, aus diesen Gründen halten wir voll und ganz gegen alle offiziellen, offiziösen, väterlichen und pedantischen Bevormunder, die es geben mag, die Freiheit der Kinder, ihre eigene Laufbahn zu wählen und zu bestimmen, aufrecht.


Wenn sie sich irren, wird selbst der begangene Irrtum ihnen als wirksame Lehre für die Zukunft dienen und mit der allgemeinen Ausbildung, die sie schon besitzen, als Leuchte, können sie leicht auf den ihnen von ihrer eigenen Natur gewiesenen Weg zurückfinden. Kinder wie reife Männer werden nur durch selbst gemachte Erfahrungen, nie durch die Erfahrungen anderer klug.


Bei der vollständigen Ausbildung wird neben dem wissenschaftlichen oder theoretischen Unterricht notwendigerweise der industrielle oder praktische liegen. Nur so wird sich der vollständige Mensch herausbilden: der Arbeiter, der Verständnis und Wissen besitzt.


Der dem wissenschaftlichen Unterricht parallel gehende industrielle Unterricht wird wie ersterer in zwei Teile zerfallen: der allgemeine Unterricht, der dem Kind die allgemeine Idee und erste praktische Kenntnis aller Industrien, ohne eine einzige auszunehmen, geben soll und die Idee ihrer Gesamtheit, welche den materiellen Teil der Zivilisation, die Totalität der menschlichen Arbeit bedeutet, und der spezielle Teil, in Industriegruppen eingeteilt, die untereinander näher verwandt sind. Der allgemeine Unterricht soll die Jünglinge zur freien Wahl der industriellen Spezialgruppe und der Einzelindustrie, für die sie den meisten Geschmack fühlen, vorbereiten. Wenn sie einmal in diese zweite Phase des industriellen Unterrichts eingetreten sind, werden sie unter Leitung ihrer Lehrer zum erstenmal mit der ernsten Arbeit als Lernende bekanntgemacht.


Neben dem wissenschaftlichen und industriellen Unterricht wird notwendigerweise auch der praktische Unterricht oder vielmehr eine sukzessive (allmählich aufeinanderfolgend) Reihe von Erfahrungen in der Moral, nicht der göttlichen, sondern der menschlichen, liegen. Die göttliche Moral ist auf zwei unmoralischen Grundsätzen begründet: dem Respekt der Autorität und der Verachtung der Menschheit. Die menschliche Moral gründet sich im Gegenteil nur auf die Verachtung der Autorität und den Respekt der Freiheit und der Menschheit. Die göttliche Moral betrachtet die Arbeit als eine Herabwürdigung und eine Züchtigung; die menschliche Moral sieht in ihr die oberste Bedingung von Menschenglück und Menschenwürde. Die göttliche Moral führt mit notwendiger Konsequenz zu einer Politik, die nur denen Rechte zuerkennt, die durch ihre Stellung ökonomischer privilegiert, ohne zu arbeiten, leben können. Die menschliche Moral erkennt nur denen Rechte zu, welche arbeitend leben, sie erkennt an, daß der Mensch nur durch die Arbeit Mensch wird.


Die Erziehung der Kinder nimmt als Ausgangspunkt die Autorität und soll sukzessive zur vollständigen Freiheit hinführen. Wir verstehen unter Freiheit im positiven Sinne die volle Entwicklung aller menschlichen Fähigkeiten und in negativer Beziehung die volle Unabhängigkeit des Willens anderer gegenüber.


Der Mensch ist und wird nie frei sein den Naturgesetzen, den sozialen Gesetzen gegenüber; diese Gesetze, die man so zur größeren Bequemlichkeit der Wissenschaft in zwei Kategorien teilt, gehören in Wirklichkeit ein und derselben Kategorie an, denn sie sind alle in gleicher Weise Naturgesetze, unausweichliche Gesetze, welche die Grundlage und Lebensbedingung jedes Wesens bilden, so daß kein Lebewesen sich gegen sie empören kann, ohne Selbstmord zu begehen.


Man muß aber diese Naturgesetze wohl unterscheiden von den autoritäten, willkürlichen, politischen Gesetzen, welche die privilegierten Klassen im Lauf der Geschichte eingeführt haben, immer im Interesse der Ausbeutung der Arbeit der Volksmassen, Gesetze, die unter dem Vorwand einer vorgeblichen Moralität immer die Quelle der tiefsten Unmoralität waren. Folglich unwillkürlicher und unausweichlicher Gehorsam gegen alle Gesetze, welche, von allem Menschenwillen unabhängig, das Leben der Natur und der Gesellschaft selbst sind, aber so absolute Unabhängikeit, wie es möglich ist, eines jeden von allen Anmaßungen Befehlender, von allem kollektiven oder persönlichen Menschenwillen, der nicht seinen natürlichen Einfluß, sondern sein Gesetz, seinen Despotismus auflegen will.


Was den natürlichen Einfluß der Menschen aufeinander betrifft, ist auch dies eine dieser Bedingungen des sozialen Lebens, gegen welche Empörung ebenso unnütz wie unmöglich wäre. Dieser Einfluß ist die wahre Grundlage, die materielle, intellektuelle und moralische Grundlage der menschlichen Solidarität. Der Einzelmensch, das Produkt der Solidarität, das heißt der Gesellschaft, seinen natürlichen Gesetzen unterworfen bleibend, kann wohl unter dem Einfluß von außen gekommener Gefühle und speziell, wenn sie von einer fremden Gesellschaft ausgehen, gegen jenen Einfluß bis zu einem gewissen Grad reagieren, aber er kann sich ihm nicht entziehen, ohne sofort in ein anderes solidarisches Milieu einzutreten und ohne dort sofort neuen Einflüssen zu unterliegen. Denn für den Menschen ist das Leben außerhalb jeder Gesellschaft und aller menschlichen Einflüsse, die absolute Isolierung - der geistige, moralische und auch der materielle Tod. Die Solidartät ist nicht das Produkt, sondern die Mutter der Eigenart, und die menschliche Persönlichkeit kann nur in der menschlichen Gesellschaft entstehen und sich entwickeln.


Die Summe der herrschenden sozialen Einflüsse, wie sie das solidarische oder allgemeine Gewissen einer mehr oder weniger ausgedehnten Menschengruppe ausdrückt, heißt öffentliche Meinung. Und wer kennt nicht die allmächtige Wirkung der öffentlichen Meinung auf alle Menschen? Die Tätigkeit der strengsten Bedrückungsgesetze ist nichts mit ihrer Wirkung verglichen. Sie ist also in erster Linie die Erzieherin der Menschen, woraus erfolgt, daß, um die Menschen moralisch zu machen, man vor allem die Gesellschaft selbst moralisch machen muß, man muß ihre öffentliche Meinung oder ihr öffentliches Gewissen menschlich machen.

IV.

Wir sagten, daß, um die Menschen moralisch zu machen, das soziale Milieu moralisch gemacht werden muß. Der auf der positiven Wissenschaft begründete Sozialismus weist absolut die Lehre vom freien Willen zurück, daß all das, was man Laster und Tugenden der Menschen nennt, ganz und gar das Produkt der kombinierten Tätigkeit der Natur und der Gesellschaft ist. Die Natur in ihrer ethnographischen, physiologischen und pathologischen Tätigkeit schafft die Fähigkeiten und Anlagen, die man natürlich nennt, und die soziale Organisation entwickelt sie oder unterbricht oder verfälscht ihre Entwicklung. Alle Menschen ohne Ausnahme sind in jedem Augenblick ihres Lebens das, wozu die Natur und die Gesellschaft sie gemacht haben.


Nur dank dieser natürlichen und sozialen Unausweichlichkeit ist die Wissenschaft der Statistik möglich. Diese Wissenschaft begnügt sich nicht mit der Feststellung und Aufzählung der sozialen Tatsachen, sie sucht ihre Verkettung und wechselseitige Beziehung mit der Organisation der Gesellschaft zu finden. Die Statistik der Verbrechen z.B. stellt fest, daß in demselben Lande, in derselben Stadt in 10, 20, 30 und manch mal mehr Jahren, wenn keine politische und soziale Krise die Beschaffenheit der Gesellschaft änderte, dasselbe Verbrechen oder Vergehen jedes Jahr mit geringen Unterschieden in gleicher Häufigkeit begangen wird - und was noch merkwürdiger ist, daß die Art ihrer Ausführung sich beinahe ebenso häufig jedes Jahr wiederfindet, z.B. die Zahl der Vergiftungen, der Morde durch blanke Waffen oder Feuerwaffen, ebenso die Zahl der Selbstmorde auf diese oder jene Art, all diese Zahlen sind beinahe immer die gleichen. Daher sprach der gefeierte belgische Statistiker Quetelet die denkwürdigen Worte aus: "Die Gesellschaft bereitet die Verbrechen vor und die Einzelindividuen führen die nur aus."


Diese periodische Wiederkehr derselben sozialen Tatsachen könnte nicht stattfinden, wenn die geistigen und moralischen Veranlagungen der Menschen und die Handlungen ihrer Willenstätigkeit den freien Willen als Ursprung hätten. Entweder hat dieses Wort freier Wille keinen Sinn oder es bedeutet, daß der Mensch sich spontan, aus sich selbst heraus bestimmt und außerhalb jedes äußeren, natürlichen oder sozialen Einflusses. Wenn dies aber so wäre, wenn alle Menschen nur aus sich selbst heraus handelten, dann gäbe es in der Welt die größte Unordnung, jede Solidarität unter Menschen würde unmöglich, und all diese Millionen absolut von einander unabhängiger Willen, einer gegen den anderen anstoßend, würden notwendigerweise suchen, sich untereinander zu vernichten, und dies selbst ausführen, wenn es nicht über ihnen den despotischen Willen der göttlichen Vorsehung gäbe, der "sie führt, während sie sich herumbewegen", und der, indem er sie alle zugleich vernichtet, diese Konfusion unter den Menschen die göttliche Ordnung auflegt.


Daher sehen wir, daß alle Anhänger des Prinzips des freien Willens unausweichlich durch die Logik getrieben werden, die Existenz und Tätigkeit einer göttlichen Vorsehung anzuerkennen. Diese ist die Grundlage der theologischen und metaphysischen Lehren, ein großartiges System, das lange dem Gewissen der Menschheit Freude bereitet und das vom Standpunkt der abstrakten Reflexion oder der religiösen und dichterischen Einbildung, von der Ferne gesehen, tatsächlich voll Harmonie und Größe zu sein scheint. Nur war unglücklicherweise die diesem System entsprechende geschichtliche Wirklichkeit immer abscheulich, und das System selbst kann der wissenschaftlichen Kritik nicht standhalten.


Wir wissen in der Tat, daß solang das göttliche Recht auf der Erde regierte, die ungeheure Mehrzahl der Menschen brutal und unerbittlich ausgebeutet, gequält, unterdrückt, dezimiert wurde; wir wissen, daß noch heute man immer im Namen der theologischen oder metaphysischen Gottheit die Volksmassen in der Sklaverei zu halten sucht, und es kann nicht anders sein, da, sobald es einen göttlichen Willen gibt, der die Welt, die Natur und die Gesellschaft beherrscht, die menschliche Freiheit vollständig aufgehoben ist. Der Wille des Menschen ist notwendigerweise angesichts des göttlichen Willens ohnmächtig.


Was folgt daraus? Daß man, wenn man die abstrakte oder fiktive metaphysische Freiheit des Menschen, den freien Willen, verteidigen will, gezwungen ist, die wirkliche Freiheit zu leugnen. Angesichts der göttlichen Allmacht und Allgegenwart ist der Mensch ein Sklave. Da die menschliche Freiheit im allgemeinen durch die göttliche Vorsehung zerstört ist, bleibt nur das Privileg übrig, das heißt die Sonderrechte, welche die göttliche Gnade einem bestimmten Menschen, einer Priesterkaste, Dynastie oder Klasse verleiht.


Die göttliche Vorsehung macht ebenso jede Wissenschaft unmöglich, was bedeutet, daß sie ganz einfach die Negation der menschlichen Vernunft ist oder man, um sie anzuerkennen, auf seinen eigenen gesunden Menschenverstand verzichten muß. Sobald einmal die Welt von dem göttlichen Willen regiert ist, darf man in derselben nicht mehr die natürliche Verkettung der Tatsachen suchen, sondern eine Reihe von Offenbarungen dieses obersten Willens, dessen Verfügung, wie die Heilige Schrift sagt, für die menschliche Vernunft immer unerforschlich sind und bleiben müssen, bei Strafe des Verlusts ihres göttlichen Charakters. Die göttliche Vorsehung ist nicht nur die Negation jeder menschlichen Logik, sondern auch der Logik im allgemeinen, denn jede Logik bedingt eine natürliche notwendigkeit, und diese Notwendigkeit wäre der göttlichen Freiheit entgegengesetzt; dies ist, vom menschlichen Standpunkt aus, der Triumph des Unsinns. Diejenigen, die glauben wollen, müssen also ebensowohl auf die Freiheit wie auf die Wissenschaft verzichten und, während sie sich von den Bevorrechteten des Herrgotts ausbeuten und prügeln lassen, mit Ter-tullian wiederholen: "ich glaube, weil es absurd ist" und dieses andere Wort hinzufügen, das ebenso logisch wie das erstere ist "und ich will die Ungerechtigkeit". Was uns betrifft, die wir gern auf die Glückseligkeit in einer anderen Welt verzichten und den vollständigen Sieg der Menschheit auf dieser Erde fordern, gestehen wir demütig, daß wir nichts von der göttlichen Logik begreifen und an der menschlichen Logik unser Genüge finden werden, die auf die Erfahrung und Kenntnis der Verkettung der natürlichen und sozialen Tatsachen gegründet ist.


Diese Anhäufung, Anordnung und geistige Verarbeitung von Erfahrung, die wir Wissenschaft nennen, beweist uns, daß der freie Wille eine unmögliche, der Natur der Dinge zuwiderlaufende Fiktion ist, daß das, was man Willen nennt, nur das Produkt der Tätigkeit einer Nervenkraft ist, wie unsere physische Kraft nur das Produkt der Tätigkeit unserer Muskeln ist, und daß folglich beide in gleicher Weise Produkte des natürlichen und sozialen Lebens sind, das heißt der physischen und sozialen Verhältnisse, unter denen jeder Mensch geboren ist und sich weiterentwickelt, und wir wiederholen, daß jeder Mensch in jedem Augenblick seines Lebens das Produkt der zusammenwirkenden Tätigkeit der Natur und der Gesellschaft ist, woraus sich klar die Wahrheit des in unserem vorhergehenden Artikel Erklärten ergibt: daß, um die Menschen moralisch zu machen, man das soziale Milieu moralisch machen muß. Um dies zu tun, gibt es nur ein Mittel: der Gerechtigkeit, das heißt der vollständigen Freiheit[5] eines jeden in der vollendetsten Gleichheit aller in diesem Milieu den Sieg zu verschaffen. Die Ungleichheit der Verhältnisse und Rechte und der Freiheitsmangel für jeden, die aus jenen notwendig folgen, dies ist die große kollektive Ungerechtigkeit, die jede individuelle Ungerechtigkeit verursacht. Beseitigt sie, und alle anderen werden verschwinden.


Wir fürchten sehr, angesicht der geringen Eile, Moral anzunehmen oder, was dasselbe bedeutet, Gleichheit anzunehmen, welche die bevorrechteten Kreise zeigen, daß der Sieg der Gerechtigkeit nur durch die soziale Revolution verwirklicht werden kann. Hiervon haben wir heute nicht zu sprechen, wir begnügen uns diesmal mit der Verkündigung dieser übrigens so augenscheinlichen Wahrheit, daß, solange das ganze Milieu nicht Moral annehmen wird, die Moral der einzelnen unmöglich ist. Dazu, daß die Menschen moralisch seien, das heißt vollständige Menschen im vollen Sinn dieses Wortes, gehören drei Dinge: eine hygienische Geburt, vernünftige und vollständige Ausbildung von einer auf der Achtung der Arbeit, der Vernunft, der Gleichheit und der Freiheit begründeten Erziehung, und ein soziales Milieu, in welchem jeder Mensch im Genuß seiner vollen Freiheit wirklich rechtlich und tatsächlich allen andern gleich wäre.


Gibt es ein solches Milieu? Nein. Man muß es also gründen. Selbst wenn man in dem bestehenden Milieu Schulen zu gründen imstande wäre, die ihren Schülern einen so vollendeten Unterricht und eine solche Erziehung geben würden, wie wir sie uns nur vorstellen könnten, würden sie es erreichen, gerechte, freie, moralische Menschen zu schaffen? Nein, denn nach Verlassen der Schule würden sie sich inmitten einer nach ganz entgegengesetzten Grundlagen gebildeten Gesellschaft befinden, und da die Gesellschaft immer stärker ist als die Individuen, so würde sie nicht versäumen, sie zu beherrschen, das heißt, sie zu demoralisieren. Noch mehr, die Gründung solcher Schulen ist in dem gegenwärtigen sozialen Milieu unmöglich. Denn das soziale Leben umfaßt alles, es dringt in die Schulen ebenso wie in das Familienleben und das Leben aller einzelnen Mitglieder derselben ein.


Die Lehrer, Professoren und Eltern sind alle Mitglieder dieser Gesellschaft und mehr oder weniger von ihr verdummt und demoralisiert. Wie könnten sie den Schülern geben, was ihnen selbst fehlt? Man predigt gut Moral nur durch Beispiel, und da die sozialistische Moral der gegenwärtigen Moral ganz entgegengesetzt ist, würden die von letzterer notwendigerweise mehr oder weniger beherrschten Lehrer vor ihren Schülern ganz das Gegenteil von dem tun, was sie ihnen predigen würden. Die sozialistische Erziehung ist also unmöglich in den Schulen wie in den Familien von heute. Aber die vollständige Ausbildung ist dort ebenso unmöglich: die Bourgeois sind keineswegs damit einverstanden, daß ihre Kinder Arbeiter werden, und die Arbeiter sind aller Mittel beraubt, ihren Kindern eine wissenschaftliche Ausbildung geben zu können.


Ich höre gern diese guten Bourgeoissozialisten uns immerzu zurufen: "Bilden wir zuerst das Volk, und dann befreien wir es". Wir sagen im Gegenteil: Es befreie sich zuerst, und dann wird es sich selbst bilden.


Wer wird das Volk bilden? Ihr etwa? Aber ihr bildet es nicht, ihr vergiftet es, indem ihr ihm alle religiösen, geschichtlichen, politischen, juristischen und ökonomischen Vorurteile einzuflößen sucht, die eure Existenz gegen dasselbe garantieren, die gleichzeitig seine Intelligenz töten und seine rechtmäßige Empörung und seinen Willen entnerven! Ihr überlaßt es der Erdrückung durch seine tägliche Arbeit und sein Elend und sagt ihm dann: "Bildet euch!" Wir möchten euch alle gern sehen, mit euren Kindern, wie ihr euch bildet nach 13,14,16 Stunden verdummender Arbeit, die als einzige Belohnung Elend und die Ungewißheit des täglichen Brots für den nächsten Tag einbringt.


Nein, meine Herren, trotz all unserer Achtung vor der großen Frage der vollständigen Ausbildung erklären wir, daß diese heute nicht die wichtigste Frage für das Volk Ist. Die erste Frage, das ist die seiner ökonomischen Befreiung, die notwendigerweise sofort und gleichzeitig seine politische Befreiung und bald darauf seine geistige und moralische Befreiung ins Leben setzen wird.


Folglich nehmen wir voll und ganz die vom Kongreß von Brüssel (1868)[6] votierte Resolution an: "In Erkenntnis der Unmöglichkeit, im gegenwärtigen Augenblick einen rationellen Unterricht zu organisieren, ladet der Kongreß die verschiedenen Sektionen ein, öffentliche Kurse einzurichten mit einem Programm wissenschaftlichen, fachlichen und produktiven Unterrichtes, d.h. einer vollen Ausbildung, um so viel wie möglich die Unzugänglichkeit des Unterrichts, den die Arbeiter heute erhalten, auszugleichen. Es sei wohl bemerkt, daß die Verringerung der Arbeitsstunden als eine unerläßliche Vorbedingung dazu angesehen wird".


Ja, gewiß, die Arbeiter werden das möglichste tun, sich soviel Bildung, wie sie können, zu geben, unter den materiellen Verhältnissen, in denen sie sich befinden. Aber ohne von den Sirenenstimmen der Bourgeois und Bourgeoissozialisten verlockt zu werden, werden sie vor allem ihre Bemühungen auf die große Frage ihrer ökonomischen Befreiung konzentrieren, welche die Mutter all ihrer anderen Befreiung sein muß.

[1] Die Egalité hatte in der vorhergehenden Nummer diesen Brief abgedruckt, bemerkt J.Guillaume. (Nettlau)

[2] Diese Marx folgende damals allgemein übliche Ansicht hat durch die später besonders von Peter Kropotkin gemachten Beobachtungen über die zahllosen um die großen Industrien herum stets neu entstehen, den kleinen Industrien, über die vielen im Anhang und Schatten reicher Leute gedeihender kleinen Existenzen usw. eine Umformung erhalten - der Kreis der nicht direkt Produzierenden schien sich nicht in dem früher erwarteten Grade zu verringern. Durch die jetzige Krise ist aber die Entwicklung plötzlich viel klarer geworden; es stehen sich nur noch als wirkliche Faktoren gegenüber die produktiv Arbeitenden (Arbeiter und Techniker) und die gegenwärtigen, man kann sagen nominellen Besitzer der Produktionsinstrumente, die große Bourgeoisie; dagegen ist die nichts wesentliches besitzende und nichts wesentliches arbeitende Zwischenklasse nicht in das Proletariat, sondern tief unter dasselbe gesunken. Das Proletariat steht heute den Kapitalisten Auge in Auge gegenüber wie nie zuvor und hätte alles in Händen, wenn es nur wollte.

[3] Anspielung auf das bekannte Wort des Generals de Failly, als die Garibaldianer bei Mentana (3. November 1867) zusammengeschlossen waren. "Die Chassepots (das französische Gewehr) haben Wunder getan." (Nettlau)

[4] Ein Riese in der griechischen Mythologie. (Nettlau)

[5] Wir haben schon bemerkt, daß wir unter Freiheit einerseits die möglichst vollständige Entwicklung der natürlichen Fähigkeiten jedes Menschen, andererseits seine Unabhängigkeit verstehen, Unabhängigkeit nicht gegenüber natürlichen und sozialen Gesetzen, sondern gegenüber allen von dem Willen anderer auferlegten Gesetzen, sei dies ein Gesamtwille oder ein Einzelwille. (Bakunin)

[6] der Internationale (Nettlau)