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fall of AI
Ein Aufruf zum Kampf gegen „Künstliche Intelligenz“ als Teil der technologischen Herrschaft
Am 15. und 16. Mai findet in Berlin die jährliche Messe „RISE OF AI“ („AUFSTIEG DER KI“) statt, die europaweit größte Messe zu „Künstlicher Intelligenz (KI)“. Neben Firmen, die im Bereich „KI“ forschen und entwickeln, kommen auch Vertreter aus der Politik, die Deutschland zum führenden Entwicklungsstandort für „KI“ machen will. Die Politik hat das „Jahr der KI“ ausgerufen und Berlin nimmt in diesem Bereich weltweit eine wichtige Rolle ein. Ein weiterer Anlass den technologischen Angriff gegen die Selbstbestimmung anzugehen, im Konflikt mit den Ideen und Strukturen der vorantreibenden Firmen, Institutionen und ihren heiligen Messen. Ein Brennpunkt für alle, die Herrschaft, Kontrolle und Fremdbestimmung umwerfen wollen. Bis zur „RISE OF AI“ und darüber hinaus.
Was ist eigentlich KI?
„Künstliche Intelligenz“ ist heute ein Schlagwort, das die Aufmerksamkeit von Tech-Startup-Unternehmen, Investor*innen und dergleichen auf sich zieht. Es wurde im Laufe der Jahre zu einer Art magischem Glauben, der die Träume und Alpträume von Maschinen projiziert, die „intelligent“ werden und Menschen ersetzen... In Wirklichkeit beschreibt der Begriff „KI“ viele verschiedene Arten, wie Computer programmiert werden (Algorithmen), um Formen und Informationen zu erzeugen, Auswahlen und Entscheidungen zu treffen.
Eine bestimmte Art von „KI“-Algorithmen ist zu einem der neuen Flaggschiffe des Kapitalismus geworden: „Machine Learning“-Algorithmen. Algorithmen des „maschinellen Lernens“ werden auf der Grundlage erster Datensätze trainiert, um Modelle zu bestimmen, die weiter verwendet werden, um Objekte, Bilder, Wörter, Verhaltensweisen usw. zu erkennen und zu klassifizieren. Diese Trainingsdatensätze sind meist kein Gegenstand einer Untersuchung und werden von Menschen nach ihren bestehenden Vorurteilen gebildet. Frauen und von Rassismus betroffene Menschen zum Beispiel sind in den Trainingsdaten viel weniger präsent, so wie sie in der Gesellschaft oft unsichtbar und entmachtet sind. In der Praxis produzieren „Machine Learning“-Algorithmen ihre Ergebnisse oft in völlig undurchsichtigen Umgebungen (nicht-öffentliche Algorithmen und Trainingsdaten, die aus der Ferne auf der Serverfarm eines Unternehmens laufen) und verhalten sich wie eine magische „Black Box“, die die Autoren nicht einmal selbst verstehen können und die im Laufe der Zeit Verzerrungen verstärkt.
Diese Algorithmen sind heute routinemäßig mit der Massenerfassung und -ausbeutung – meist unversehens – von persönlichen und verhaltensbezogenen Daten verbunden, die die Grundlage des „Überwachungskapitalismus“ bilden. Die Modelle des maschinellen Lernens werden daher verwendet, um Entscheidungen zu treffen, die sich potenziell kritisch auf viele Aspekte des Lebens von Menschen auswirken können.
Die Verbreitung in alles
KI ist zusammen mit anderen Faktoren dabei, Wirtschaft und Gesellschaft durch starke Automatierungsprozesse enorm zu verändern. Ob in der Montage, der Erziehung, bei Medikamenten, bei Dienstleistungen wie Callcentern oder Fahrer*innen und auch in der weiteren Technologisierung des Militärs wie die Steuerung von selbsttötenden Drohnen – die KI übernimmt. KIs werden von den meisten großen Dienstleistern im Netz benutzt, egal ob Google, Facebook oder Amazon. In Zukunft müssen wir damit rechnen, dass die meisten Geräte oder Dinge mit Sensoren ausgestattet sein werden, die per Internet mit den Serverfarmen der großen Firmen verbunden sind („Internet of Things – IoT“). Um diese Datenmengen verarbeiten zu können benötigt es KIs und KIs benötigen diese Big Data, wie auch Infrastruktur wie 5G-Netz oder Glasfaserkabel. Außerdem werden die Konsument*innen Stück für Stück an gewisse Standards gewöhnt, die dann schnell angeblich unabdingbar sind. Gerade sehen wir dies beispielsweise bei der andauernden Anbindung per Mobilphone, dem Smartphone oder dem führen von „Beziehungen“ per Facebook. Bald wird es die Sprachsteuerung aller Geräte sein oder das persönliche Assistent, das dein Leben managt. Beides benötigt KIs, um die Eingaben zu analysieren, zu verarbeiten und zu reagieren. Nun, viele preisen diese Entwicklungen als hilfreich, Fortschritt und Tool zur Förderung von Individualität und gemeinsamer Kommunikation. Doch schauen wir uns genauer an, was KI macht und wie sie benutzt wird.
Die Sammlung deines Lebens
Eine selbstlernende KI benötigt immer Big Data, also riesige Mengen an Daten der entsprechenden Funktion, die es erlernen soll. Diese Daten beruhen auf auf unserer Umwelt, dem Leben von Menschen und deren Handlungen. Somit wird alles erfasst, in Daten verarbeitet und festgehalten. Vor allem „autonome“ Konzepte wie „autonomes“ Fahren erfassen mit allen möglichen Kameras und Sensoren alles was in Reichweite ist und speichern diese Daten in der Cloud der Anbieter. KI bedeutet also immer eine totale Erfassung, Konservierung, Kategorisierung. Niemand weiß, was mit den ganzen Fotos, Geodaten, Inhalten, die auf den Servern von KIs gescannt werden, irgendwann einmal passieren wird. Ein Vergessen (derer die die Mittel dazu besitzen) ist nicht mehr vorgesehen. Dabei ist die Kontrolle ein wichtiger Aspekt, denn sie ist unabdingbar für jede Herrschaft, sie konzentriert immer Macht anstatt Konflikt und Prozess, freie Vereinbarung und Gegenseitigkeit als Grundlagen des freien Lebens zuzulassen. Kontrolle ermöglicht einen Ablauf im Sinne derjenigen, die das Sagen haben oder die Kontrolle nutzen um um das Sagen zu bekommen. Automatische Gesichtserkennung, durchforsten von Netzinhalten und jede andere Kontrolle, die auf der breiten Erfassung von Daten beruht, braucht die KI. Und je mehr Daten einer KI zur Verfügung stehen, desto effizienter wird sie. Eine KI und eine Big Data bezahlen wir also immer mit der Preisgabe von privatem und der Beschneidung unserer Wahl- und Bewegungsfreiheit. Die KI wiederum sortiert die Daten und macht sie benutzbar und kontrollierbar. Denn digitale Ausbeutung der Zeit, Gewohnheiten, Beziehungen etc. durch das Erfassen von Informationen beruht nicht nur auf Sammlung und Kontrolle, sondern auch auf Feedback, Einflussnahme und Steuerung. Nicht, dass wir alle komplett von KIs gesteuert sind. KIs haben aber bereits einen beträchtlichen Einfluss darauf, welche Informationen wir finden, wie wir entscheiden, mit wem wir wie kommunizieren und manchmal auch, welc
he Bedürfnisse und Wünsche erzeugt werden sollen. Wir sollten üben, dass angenehm und praktisch nicht das gleiche oder oft sogar die Verhinderungen von Selbstständigkeit, Selbstbestimmung und Freiheit sind.
Hinzu kommt, dass durch KIs menschliche Funktionen und Fähigkeiten ersetzt werden sollen. Arbeit wird in Zukunft wohl immer automatisierter und somit von immer weniger aber dafür spezialisierteren Menschen gemacht werden. Und trotzdem werden die benötigten Materialien wohl weitgehend in Nicht-Industrienationen unter schlimmsten Bedingungen von Menschen aus der Erde geholt und auch entsorgt werden. Eine weitere Machtkonzentration, deren Entwicklung schon heute an der immer stärkeren Einflussnahme großer Firmen zu sehen ist. Spezialistentum befördert diese „Auserwählten“ immer in machtvolle Positionen und diese Entwicklung wird sich extrem verschärfen.
Die Künstliche Isolation in dir
Außerdem greifen Herrschaft und Macht mittels KI immer tiefer in unsere Bedürfnisse, Vorlieben und soziales Leben ein. Sie übernehmen damit noch effizienter Handlungen, die zuvor Anstrengung und soziale Auseinandersetzung benötigten. Diese Assistenz nimmt dem Individuum weitere Selbstbestimmung und Autonomie. Wenn bestimmte Aufgaben für den Menschen keine Herausforderung mehr bedeuten, dann stumpfen die Fähigkeiten zur Bewältigung dessen ab. Wer Beziehungen hauptsächlich online führt, wird Probleme im offline-sozialen bekommen, wer immer ein Routenplaner-KI benutzt, wird keine Wege mehr ohne finden können, geschweige denn auf die Idee kommen andere Menschen zu fragen. Dies sind sehr einfache Beispiele der Abhängigkeit die produziert wird und an die wir uns gewöhnen. Es wird damit immer schwieriger, ohne technologische Prothesen auszukommen, bis man vielleicht selbst irgendwann zur Prothese der KI wird. Hinzu kommt, dass wir miteinander umgehen müssen, vor allem wenn wir auf Augenhöhe miteinander leben wollen. Dazu gehören Konflikte und Interaktionen, die auf Endgeräten jedoch einfach weggeklickt werden können. Man könnte also sagen, KIs begünstigen Faulheit und Feigheit, wobei die Freiheit Mut und individuelle Initiative braucht. Darüber hinaus bestimmen KIs den Rahmen in dem wir uns bewegen und lenken den Fokus, wenn wir z.B. „googeln“ oder uns Bekanntschaften bei Facebook vorgeschlagen werden. Wer sich daran gewöhnt, vergisst die Freiheit sich selbst etwas zu erarbeiten, zu bewerten und zu entscheiden. Die Entscheidung jedoch ist der entscheidende Moment, und nicht derjenige, wenn der Finger den Abzug drückt. Ein freiheitliches Agieren braucht die freie Entscheidung, die Strukturen der KI sind immer geschlossene Räume die vorschreiben wie weit ich mich bewegen darf. Und was, wenn der Strom mal ausfällt? Wie hilflos kann man werden? Diese extreme Abhängigkeit von kapitalistischen Strukturen, von Spezialist*innen und Assistenten zwängt meine Selbstbestimmung immer w
eiter ein, unter dem Vorwand mir eine schöne neue Welt zu eröffnen. Doch es ist deren Welt, die profitieren, die Kontrolle behalten und uns zu Junkies machend in ein Netz einwickeln.
Generiere: Glück
Wenn wir uns aber vorstellen, wie die Entwicklung der Hardware und der Datenanhäufung vorangeht, könnten KIs in Zukunft enorm an Macht gewinnen. Oder auch diejenigen, die sie programmiert haben oder steuern. Noch sind heutige KIs weit davon entfernt wirklich intelligent zu sein, aber was wenn sie eines Tages in der Lage wären sich selbst umzuschreiben? Wenn sie Zugriff auf sensible Infrastruktur wie Atomkraftwerke hätten und ihr der Mensch als zu ineffizient gilt? Der totale Fortschittsglaube, die Verbesserung der Technologien wird genau von diesen Leuten und Strukturen vorangetrieben, weil sie wissen, dass es ihnen nützt. Aber Effizienz und Fortschritt sind nicht das gleiche wie Freiheit, Freude und Glück. Diese Qualitäten sind nicht unbedingt abhängig vom Materiellen, sie entstehen aus individueller Entfaltung, kollektiver Intelligenz und sozialer Auseinandersetzung. Also müssen diese Dinge geübt werden, und wenn mich der technologische Angriff dabei hindert, muss ich selbst die Initiative ergreifen und die Seile des Netzes durchschneiden.
Die Entwicklung und Nutzung von KIs ist EIN Werkzeug des technologischen Angriffs. Die Strukturen der Herrschaft ordnen sich neu, Ausbeutung und Kontrolle werden feiner, subtiler, psychologisch ausgefeilter, vorerst angenehmer, komfortabler und vor allem praktischer. Gleichzeitig steigt der Grad der Kontrolle und der Einflussnahme in alle Bereiche des Lebens. Ein Traum aller Menschen und Strukturen, die Macht über andere ausüben. Die komplexen Technologien, die so praktisch sind, aber unsere Autonomie rauben, werden benutzt um bestehende Hierarchien aus- oder umzubauen, aber nicht um unseren Leben Qualität zu geben. Sie sind designt, um einen Mehrwert zu erwirtschaften auf Kosten der User*innen und Produzent*innen, denen dabei der Himmel auf Erden vorgekaukelt wird, nämlich eine maschinenartige Präzision und Perfektion, die ein menschliches Leben aber zum Glück niemals haben kann.
Die Ideen, Personen und Strukturen, die die Welt in deren Sinne umbauen sind angreifbar. Ideen und Praktiken der Selbstermächtigung und Selbstorganisierung können sich ausdrücken in Texten und Attacken gegen die Verantwortlichen, in der Auseinandersetzung mit meinem Gegenüber, aber auch der Sabotage der Kameras und Netze, die sich empfindsam überall ausbreiten.
Firmen, die an KI und anderen Schweinereien arbeiten:
Weiterführende Artikel zum Thema:
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Die Rückkehr der künstlichen Intelligenz in Disrupt! capulcu.blackblogs.org
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My little Big Brother anarchistischebibliothek.org
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Schöne neue Welt anarchistischebibliothek.org