Titel: Von der Faulenzerei zum Anarchismus
Untertitel: Widerspenstige Notizen
AutorIn: Anonym
Datum: 01.12.2018
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Man gab uns schon früh ideologische Werkzeuge auf den Weg, die unsere Eigenheit an die Leistung koppelten, wie so manche bürgerliche Weltanschauung den Staat und den Tausch an die Natur. Der in der spätkapitalistischen Gesellschaft sozialisierte Geist sehnt sich nach einer identitätsstiftenden Vollzeitbeschäftigung, um sich seiner selbst gewiss zu werden. Was für ein Siegeszug der Disziplinierung! Wir trachten nicht nur nach Arbeit innerhalb des Reichs des Notwendigen – ein Malheur das aufgrund seines Zwangscharakters ein zwiespältiges Zerwürfnis ist – sondern expandieren das verinnerlichte Elend auf jegliche Sphäre unseres Lebens, bis der Leistungsdrang in einer Konkurrenz gegen uns selbst mündet - in einem ewigen Kreislauf der Selbstoptimierung. Die Leistung wird zur Form, sie wird zum sich reproduzierenden Alltagsverstand in einem neuen Kostüm, sie wird zur tabula rasa die nur durch den richtigen Inhalt gefüllt werden muss.

Es gibt vieles zu tun! schreien die professionellen Widerstandsästheten, während ihre Vorstellung der Praxis, anhand der Leistung, zu einem Ideal erstarrt. Ein Ideal, das einmal eingefroren, als Kompass dient, nicht nur für den eigenen Weg, sondern dem Aller. Leistung ist das Ziel, das nur durch eine ideale Einbahnstraße erreicht werden kann: Arbeite für die Revolution, arbeite für die Gemeinschaft, arbeite für die Abstraktion, arbeite für die Autorität des notwendigen, arbeite für „dich“ . Wo hat sich denn bloß die Arbeit wieder eingeschlichen? Waren die Türen nicht verriegelt? Sagte ich euch nicht, dass ich die nächsten Wochen mein Bett nicht verlassen würde?

Dennoch klopft es ununterbrochen in meinem Kopf. Sobald mich das Nichtstun heimsucht, tritt die akkumulierte Kotze wieder an die Oberfläche, ich gleich dem Süchtigen. Die Selbstausbeutung ist das Mittel meiner Beruhigung.

„Ich betrachte meine selbstbestimmten Aktivitäten nicht als Selbstausbeutung“, erwidern die unzähligen Ichs, die trotz dem Chorgesang ihrer Gedanken und Praxen, behaupten an ihrer Eigenheit festzuhalten. Definiere ein Ideal, addiere die Leistung, und schon hast du ein Perpetuum mobile der Entfremdung das viel effizienter und disziplinierter produziert als innerhalb einer Zwangsbeziehung.

Das Ideal ersetzt die Eigenheit, das Ich der Individuen mutiert zur bloßen Abstraktion. Wo ein Ideal geboren wird, wird es zur Sonne, und jede Praxis die in diesem Aufbruch ihr erstes Tageslicht erblickt, gleicht der Sonnenblume, die ihre Blütenkörbe Richtung Helios richtet. In diesem Reich der Trübsal gibt es keinen Platz für den Einzelnen, weil das Ich dem Bilde folgt das die Ideologie in die Köpfe meißelte. Was bleibt da übrig, außer es dem Ikonoklast gleich zu tun?