Anonym

Sehen Sie her, ich bin geimpft

15.06.2021

Ausweise ermöglichen die effizientere Kontrolle und Verwaltung der mit ihnen erfassten Bevölkerung – egal ob sie die Identität einer Person feststellen sollen... oder auch Gesundheitsdaten der Menschen erfassen sollen, wie beispielsweise der „Gelbe Schein“ für Prostituierte im zaristischen Russland oder der von der WHO herausgegebene gelbe Impfausweis... oder auch der Dokumentation von zusätzlichen Daten dienen, wie die von der GAVI und ID2020 in Bangladesch getesteten, digitalisierten Ausweise mit Impfdaten. Und je effizienter dabei auf die vorhandenen Daten zugegriffen werden kann, je besser deren Richtigkeit im Sinne der ausstellenden Behörden kontrolliert werden kann, je flächendeckender diese Kontrollen stattfinden, desto wirksamer funktioniert diese Verwaltung. Digitalisierung und die maschinelle Auswertbarkeit dieser Daten im Allgemeinen erhöht diese Effizienz heute ebenso wie damals, zu Beginn des letzten Jahrhunderts, als Volkszählungen mithilfe von Lochkartensystemen nicht nur beschleunigt wurden, sondern auch völlig neue Möglichkeiten der Auswertung der dabei erfassten Daten schufen.

Vor diesem Hintergrund kann auch die Einführung des hiesigen digitalen Impfausweises CovPass begriffen werden. Und nur vor diesem Hintergrund macht er Sinn. Denn entgegen anderslautenden propagandistischen Behauptungen kann der digitale Impfausweis selbstverständlich ebenso verloren gehen wie der analoge, und er bietet auch ansonsten keinerlei Vorteile – was nicht bedeuten soll, dass nicht auch sein analoger Vorgänger ein Instrument zur Bevölkerungskontrolle ist. Sinn dieses digitalen Impfausweises ist, eine einheitliche Kontrollierbarkeit des darin gespeicherten Zustands (geimpft) zu schaffen und damit die Kontrolldichte zu vergrößern. Kein mühsames händisches Abgleichen der Impfpassdaten mehr, keine Fälschungen mehr – zumindest konzeptionell, usw. Einfach den Barcode des digitalen Impfausweises scannen, schon entscheidet ein grüner oder roter Bildschirm über den Zugang zu Veranstaltungen, Gebäuden, Verkehrsmitteln, über die Ein- und Ausreise, usw. Praktisch, nicht wahr? Warum nicht gleich überall kontrollieren, dass nur diejenigen mit grünem digitalen Passierschein Einlass gewährt bekommen? Und überhaupt: Warum das Ganze auf die Frage des Geimpftseins beschränken? Könnte man nicht auch gleich die übrigen Dimensionen des in China erfolgreich eingesetzten Social Scoring-Systems übernehmen? Wer will schon neben einem Straftäter in der U-Bahn sitzen? Wer will zukünftig Party machen mit Leuten, die als Coronaleugner gelten? Wer will mit einem Juden reisen, oder mit einem Schwarzen? Hoppla. Nein, solche Dinge sollten vielleicht lieber nicht erfasst und kontrolliert werden …

Oder vielleicht doch? Wenn es doch gar nicht zentral gespeichert ist, sondern nur auf dem Gerät der jeweiligen Person? Das ist doch etwas anderes als die Hollerith-Lochkarten, etwas anderes als staatliche Datenbanken, die missbraucht werden können. Das ist doch ... richtig, die kybernetische Variante der Identität, bei der eine zentrale Datenbank über diese Daten völlig unnötig ist, weil die Daten auch bei jeder der tagtäglich hunderten Kontrollen der Menschen erfasst und ausgewertet werden können. Raffinierter, subtiler und womöglich genauer und effizienter als alle bisherigen Erfassungssysteme.


Entnommen aus Kurzschluss, Nr. 4, 15.06.2021, Bielefeld.