Titel: Dr. Viktor Adler und die österreichische Arbeiterbewegung
Untertitel: Kritische Darlegungen. Zweite, den Weltkrieg und die Gegenwart berücksichtigende Auflage.
AutorIn: Kocmata, Karl F.
Datum: 1920
Bemerkungen: Erschienen als Broschüre in: „Aus der sozialistischen Praxis“ Heft Nr. 13, Wien 1920. Zweite, den Weltkrieg und die Gegenwart berücksichtigende Auflage.

Der Verlag schlug mir vor, meine im Jahre 1912 erschienene Schrift, die kurz nach ihrem Erscheinen vergriffen war, neu herauszugeben und sie in aller Kürze bis auf die für die Arbeiterschaft wenig ruhmvolle Gegenwart zu ergänzen. Ich komme diesem Vorschlag nach, obwohl ich es nicht ohne Bedenken tue. Aber ich halte mich berechtigt und verpflichtet, diese Kritik herauszugeben, auch wenn sie die Lebensarbeit eines Mannes betrifft, der von einem Teil der österreichischen Arbeiterschaft als der Organisator ihres Befreiungskampfes angesehen wird. Verpflichtet, weil ich die Ueberzeugung hege, daß die Arbeiterschaft Oesterreichs heute näher dem Sozialismus stünde, wenn sie dem Manne nicht gefolgt wäre, berechtigt, weil es geschichtliche Wahrheit gebietet, der arbeitenden Bevölkerung andere Mittel und Wege zu ihrer Befreiung aufzuzeigen, so weit dies im Rahmen dieser schmalen Schrift möglich erscheint.

Ehrend gedacht sei an dieser Stelle jener Männer der ersten Zeit des proletarischen Befreiungskampfes, die auf offenem Kampfplatze standen, heute aber, der eine mehr, der andere weniger, alle aber mit großem Unrecht in Vergessenheit geraten sind. Die Schuld hat sichgerächt. Es ist die tragische Schuld zweier Generationen der österreichischen Arbeiterschaft, daß sie sich um diese ihre Klassengenossen, die nicht nach Würde und Aemtern und nicht nach Machtpositionen strebten, sondern eine reine, einheitliche Arbeiterkampfbewegung zu organisieren sich vergeblich bestrebten, nicht sonderlich bekümmerten. Sich nicht kümmerten um die heldenhaften Kämpfe, die sie bestanden haben nach allen Richtungen hin. Ihre Namen sind August Krcal[1] und Josef Peukert.

Die österreichische Arbeiterschaft, seit den Umsturztagen des Jahres 1918 in hauptsächlich zwei sozialistische Lager getrennt und sich, obwohl in beiden Lagern marxistisch orientiert, zeitweise heftig bekämpfend, mache Bilanz. Sie vergleiche ihr Soll und Haben. Sie besehe sich ihre Erfolge, werte ihre Siege praktisch und an der Hand wirtschaftlicher Berechnungen — und sie sage mir, ob wir heute trotz der zum Teil sozialdemokratischen Regierung in Staat, Land und Stadt, vom Sozialismus nicht genau so weit entfernt stehen wie unsere Väter, als sie in den 70er Jahren sozialistische Propaganda begannen? Sie frage und besinne sich! Wahrlich in zwölfter Stunde geschieht dies! Sie denke nach über die Worte, die ihr Krcal zuruft:

„Das also nennt ihr „Recht“, damit ein anderer eure Interessen vertritt? Dokumentiert ihr damit nicht eure Geistesarmut, indem ihr euch eurer natürlichen Rechte begebt, weil ihr euch nicht für fähig haltet, eure Interessen selbst zu vertreten, euren Wünschen selbst Ausdruck zu verleihen? Und ihr wollt euch „klassenbewußte“ Menschen nennen? Schafsköpfe seid ihr!“

Der Verfasser

Dr. Viktor Adler und die österreichische Arbeiterbewegung

Ihr standet vor dem Kapital, wie eine blutgierige Meute vor einem Stachelschwein und wußtet nicht — wie ihr es fassen solltet. Proudhon

So jung die österreichische Arbeiterbewegung ist, so interessant ist ihre Geschichte, so reich an Ereignissen. Je nach der Parteizugehörigkeit ihrer Schreiber und Schilderer wird das dargebotene Bild verfärbt, entstellt, die geschichtliche Wahrheit verbogen, es wird verschwiegen und — verleumdet, weil dies die Politik der Partei benötigt. Wer also den Kampf der Arbeiterklasse nicht identifiziert mit dem sogenannten Kampf, den politische Parteien fälschlicherweise im Dienste und im Interesse des Proletariats zu führen vorgeben, wird verstehen, daß der wirtschaftliche Befreiungskampf nie ein Kampf sein kann, der mit politischen Katzbalgereien zu tun hat. Ist das Proletariat wirtschaftlich frei, dann hat es auch schon die politische Freiheit. Umgekehrt sehen wir aber heute, daß die politische Freiheit noch lange nicht die wirtschaftliche Freiheit mit sich bringt.

Der Mann, der die österreichische Arbeiterschaft auf die Bahn politisch-parlamentarischer „Entwicklung“ brachte, war Dr. Viktor Adler. Er hatte es verstanden, die Arbeiter für politische „Rechte“ zu begeistern, begann die Partei zu organisieren, rang diejenigen Braven, die ihm wiederholt bewiesen, daß die Basis, auf der er zu bauen begann, eine falsche war, nieder. Andere, die nicht danach geartet waren, seinen Argumenten Widerstand zu leisten, gewann er mit guten Worten teils, teils mit Anstellungen, kurz: Dr. Viktor Adler blieb Sieger am Parteitag zu Hainfeld, wo der Grundstein zur „modernen“ Arbeiterbewegung gelegt wurde. Der Ausbruch des Weltkrieges bedeutete den Schlußstein am Gebäude der österreichischen Arbeiterbewegung. Die Teilnahme der sozialdemokratischen Arbeiter, ihrer Partei, ihrer Presse, ihrer Kassen und ihrer Abgeordneten an dem Kriege, das Aufgeben des Versuches auch nur des leisesten Widerstandes gegen die Entfesselung des viereinhalb Jahre währenden Mordens — das sind unwiderlegliche Beweise dafür, daß das Werk von Hainfeld Pfuscherei war. Viktor Adler hat den Zusammenbruch seiner Lebensarbeit erleben dürfen. Grauenhafter wird selten ein Bankrott erfolgt sein, als der es war, den Partei und Gewerkschaften in der sozialdemokratischen Partei während des Krieges erfahren haben. Deutlicher konnte die verkehrte Taktik und ihre Früchte nicht mehr aufgezeigt werden, deutlicher nicht bewiesen werden die strenge Dogmatik der Sozialdemokratie, die in der römisch-katholischen Kirche ein einigermaßen ebenbürtiges Gegenstück besitzt. Und wer noch vor Ausbruch des Weltkrieges genug Optimist war, ein Lachen aufzubringen über die Behauptung, die sozialdemokratische wäre eine bürgerliche Partei, der denke an die vielen Episoden des Weltkrieges, in welchen die Partei selbst den Beweis hiefür erbrachte, der denke an das Verbrechen, das diese bürgerliche Arbeiterpartei beging, indem sie an einer Koalitionsregierung teilnahm. Sie machte den Bankrott des Marxismus überall restlos klar, wo sie sich „betätigte“: im Parlament, im Land, in der Gemeinde und in der — Regierung! Die angeblich revolutionäre Arbeiterpartei bediente sich genau derselben Mittel, die auch die Bürgerlichen zur Anwendung brachten. Die Führerschaft besteht durchwegs aus bürgerlichen Elementen. Erleben wir nicht täglich blaue Wunder, wenn wir die „Arbeit“ dieser Partei verfolgen? War etwas anderes zu erwarten? Kommt besseres nach? Die Geschichte lehrt uns das Gegenteil.

* * *

Lernen wir also aus der Geschichte! — Die sozialdemokratische Partei wurde zu einer Zeit gegründet, da die radikalen Sozialisten, weil sie kein Kompromiß mit der Regierung schlossen, fürchterlichen Verfolgungen ausgesetzt waren. Der Staat und seine Behörden wüteten gegen die Sozialisten, einzelne von ihnen antworteten mit Terrorakten und betrieben „Propaganda der Tat“ in der Ueberzeugung, auf solche Art dem Sozialismus die besten Dienste zu leisten. Wir wissen die Ueberzeugung und den Mut dieser Menschen zu achten und zu schätzen, wenngleich wir betonen, daß individuelle als auch gemeinsame Terrorakte dem Sozialismus nicht nützen, seiner Sache schaden. Aber die Bewegung der Radikalen[2] wäre trotz alledem groß geworden, hätte ein festes Ziel angenommen. Genug Propagandisten waren da, die auf die Wertlosigkeit und Schädlichkeit der unternommenen, durchgeführten und zum Teil nur geplanten Attentate mit allem Nachdrucke hinwiesen. Wo stände heute die österreichische Arbeiterschaft, wäre damals nicht der Mann aufgetreten, den die Arbeiter bald als ihren Messias anstaunten und ihm in die von ihm im Einvernehmen mit dem damaligen Ministerpräsidenten Grafen Taaffe und nach dessen Weisungen gegründete „Mittelpartei“ folgten: Doktor Viktor Adler. Allzu leicht hatte es Adler nicht. Auf dem Parteitag zu Hainfeld, wo die Gründung der sozialdemokratischen Arbeiterpartei beschlossen wurde, hatten sich auch Sozialrevolutionäre eingefunden, die gegen die sozialdemokratische Prinzipienerklärung sprachen, die in ihr enthaltenen „Argumente“ zerpflückten und durch ihren Redner Rismann gegen das — Wahlrecht polemisierten[3]. Die Arbeiterbewegung, die wir in Oesterreich bekamen und heute noch besitzen, ist doch keine Arbeiterbewegung. Das ist organisierte Lappschwänzigkeit, zentralisierte Unterstützungs- und Stimmzettelmaschinerie. Aber revolutionärer Elan? Wo ist er? Die Sorge um gefüllte Kassen und massenhaft abgegebene Stimmzettel ist die größte, die unsere Partei- und Gewerkschaftssozialisten kennen. Heute geht es der Arbeiterschaft genau so schlecht in wirtschaftlicher Beziehung — wenn nicht schlechter! — wie vor dreißig und vierzig Jahren. Immer noch sind die Arbeiter, was sie waren: Arbeitssklaven, Abhängige von Kapital und Unternehmertum. Ja, sie haben politische „Rechte“! Sie dürfen wählen gehen, dürfen gewählt werden, können Stadt-, Gemeinde- und Staatsräte, Bürgermeister und was sonst noch werden und diese verbünden sich mit ihren Klassenfeinden, mit Bourgeois in Koalitionsregierungen! Für diese „Vorkämpfer“ des Proletariats ist die soziale Frage gelöst, aber die große Masse, die gläubige, hoffende Masse will durch den Klassenkampf zum Sozialismus kommen. Wie diese nun zu Positionen gekommenen Männer den „Kampf“ jetzt verstehen, wird man begreifen. Sie haben jetzt andere Interessen im Auge und die Parolen, die sie nun ausgeben, sind den Interessen angepaßt, die sie jeweils in und an ihren Stellungen in Gemeinde, Land und Staat haben. Die „Rechte“ haben also keinerlei praktischen Wert. Ja, aber die Löhne wurden höher, die achtstündige Arbeitszeit wurde „gesetzlich“ festgelegt. Meinetwegen. Aber sind Lebensmittel, Kleider, Holz, Kohle, Wäsche und Tramwayfahrt auf der anderen Seite nicht auch um vielfaches gestiegen? Welchen Vorteil haben die Arbeiter heute durch diese „hohen“ Löhne? Hand aufs Herz! Und mit der „gesetzlichen“ Festlegung proletarischer Errungenschaften durch Parlamente hat es immer noch sehr windig ausgesehen, immer war Gesetz etwas, das umgangen werden konnte. Hatten wir nicht schon längst ein Gesetz, das die Kinderarbeit verbot? Und doch arbeiteten Kinder in Fabriken und Betrieben, so daß verschiedene Arbeiterblätter dagegen wetterten. Die Arbeiter hätten den Achtstundentag längst haben können, wenn sie in den Fabriken sieh besonnen hätten, nicht länger als acht Stunden zu arbeiten. Das wäre Klassenkampf gewesen! Klassenkampf wird nicht in Parlamenten, sondern in den Betrieben ausgetragen und darum liegt hinter diesem Wort mehr als die für Wahlzwecke mißbrauchte Arbeiterschaft versteht, die, wenn sie näher Zusehen würde und es verstünde, hinter die Kulissen zu blicken, eine neue Klasse innerhalb ihrer „Bewegung“ bemerken müßte: die Führer- und Beamtenklasse ihrer Partei und ihrer Gewerkschaften, gegen deren Willen sie nicht selten in den Fabriken mobilisieren müssen. Denn der geheiligte Zentralismus hat es schon so weit gebracht, daß die Gewerkschaftsbeamten in Wien entscheiden und bestimmen, ob in Linz gestreikt werden soll und — darf.

* * *

Will man nun beurteilen, wieso es kam, daß Dr. Viktor Adler solchen Einfluß in und unter der Arbeiterschaft gewann, muß man sich die damaligen Verhältnisse vor Augen führen. Die Radikalen, denen Nackensteife und Prinzipientreue keine fremden Begriffe waren, wurden verfolgt, ausgewiesen, verurteilt. Ihre Zeitungen wurden eingestellt. Unter solchen Umständen agitatorisch zu arbeiten, dazu war Mut und Ueberzeugung nötig. Begreiflich ist es daher, daß sich die indifferente Arbeiterschaft lieber zum Beitritt an die „Mittelpartei“ Dr. Viktor Adlers entschloß, die sich ungehindert entwickeln konnte und deren Entwicklung von der Regierung wohlwollend gestattet wurde. Mit Dr. Viktor Adler gingen damals von bekannten und zum Teil heute noch lebenden sozialdemokratischen Kirchenlichtern Julius Popp, Josef Tobola, Josef Hybesch, welcher die Tschechen organisierte, dann Ludwig Bretschneider, Karl Höger, Josef Hannich, Jakob Reumann, Dr. Ellenbogen, Anton Weiguny usw.

Die meisten der vorstehend Genannten waren auch auf dem Parteitag in Hainfeld zugegen. Von 150 geladenen Gästen waren 84 erschienen, und nach dreitägigen Verhandlungen, in denen sehr viel von den „Rechten“ der Arbeiter gesprochen wurde und nachdem auch Kautsky und Auer das Wort ergriffen hatten, war das „Werk“ der „Einigung“ in der österreichischen Arbeiterschaft glänzend gelungen.

Adler gab die „Gleichheit“ heraus und Bretschneider war ihr Redakteur. Anläßlich des Streiks der Tramwaykutscher im Jahre 1889 wurden sie verurteilt: Adler bekam vier Monate leichten Kerker, Bretschneider 50 Gulden Geldstrafe. Damals schwor Adler den Anarchismus öffentlich ab, „weil er andere Ziele habe als die Anarchisten“. Das ist natürlich. Ein Staatssozialist, der gleichzeitig Anarchist sein will, wäre ein Unikum in der an besonderen Erscheinungen überaus reichen österreichischen Sozialdemokratie. Die „Gleichheit“, ein Wochenblatt, wurde eingestellt und an ihre Stelle trat das Wochenblatt „Arbeiter-Zeitung“, bei welchem zehn Redakteure beschäftigt waren. Allerorten entstanden neue Blätter. Der schon genannte Rismann, der später ebenfalls der alleinseligmachenden Sozialdemokratie beitrat, schrieb im Berliner „Sozialist“:

„Bald war in Oesterreich die Arbeiterbewegung der Tummelplatz für allerhand Abenteurer; zahlreiche schiffbrüchige Personen aus Bourgeoiskreisen fanden schnell Unterkunft, sie wurden teils als geaichte Agitatoren ins Land geschickt, teils wurden ihnen Stellen als Redakteure und Expedienten an meist eigens zu diesem Zwecke wie Pilze aus der Erde emporschießenden Parteiblättern geschaffen. Strebertum und Geschäftssozialismus waren in höchste Blüte geschossen.“

Die Tendenz der Partei war staatsstützend, der Staat müsse erhalten bleiben, ihn zu übernehmen und mit Sozialismus zu erfüllen, sei Aufgabe der Partei. Man kann heute beobachten, wie das aussieht! — Dr. Viktor Adler war eben ein Politiker, verfügte über bedeutendes Wissen und er war auch ein vorzüglicher Journalist und Schriftsteller, obwohl er merkwürdigerweise zeit seines Lebens kein größeres sozialistisches Werk veröffentlichte. Julius Deutsch, dessen Werk über die Gewerkschaftsbewegung in Oesterreich ein Vorwort Dr. Viktor Adlers einleitet, rühmt dessen Klugheit und Besonnenheit und meint dann, „die organisierte Arbeiterschaft — und man kann ruhig sagen, wohl das ganze arbeitende Volk Oesterreichs — dankt Viktor Adler, daß er damals erkannte, was ist und in die Wege leitete, was kommen mußte“. Das Urteil des arbeitenden Volkes Oesterreichs wird heute keinesfalls ein so einmütiges sein, wie Deutsch es 1908 darstellen wollte. Wir haben nicht nur die Segnungen einer über dreißig Jahre alten sozialdemokratischen Partei- und Gewerkschafts„bewegung“ hinter uns, sondern auch einen Weltkrieg, der von den Sozialdemokraten bei seinem Ausbruche nicht nur widerspruchslos hingenommen, sondern in seinem Verlaufe sogar unterstützt wurde. Sie, Partei, Gewerkschaft und deren Führer, mußten den Krieg unterstützen, um das „Vaterland“ zu retten. Hunderttausende sind um dieses Phantom gefallen, aber das „Vaterland“ blieb bestehen. Um seine Erhaltung mühen sich nun an der Spitze die exzellenten Kämpfer für „proletarisches Recht“ und hinten jene Armee der zum Teil noch Gläubigen, zum Teil aber schon Schwankenden und zum Teil Unwissenden. Deutsch muß nicht die Zumutung gestellt werden, daß er dem Parteichef Weihrauch streute. Die Auffassung, die er von Dr. Adler, von Partei und Gewerkschaft und deren Wichtigkeit hat, ist im sozialdemokratischen Lager gang und gäbe gewesen. Ob sie heute, wo der Karren so verfahren ist und die Praxis die Theorie erschlägt (mit jedem neuen Tag, in jeder Stunde!), die Offenheit aufbringen werden, dies der Arbeiterschaft zu sagen, ist eine Frage, deren bejahende Antwort nicht zu erwarten ist. Sicher ist es für uns, die wir den Weltkrieg überlebt, die Segnungen einer Koalitionsregierung genossen haben und von Fritz Adler, dem Sohne des Begründers der Partei, vernehmen mußten, daß eben diese Partei die Ehrlichkeit zu sich selbst verloren hat, von Wert zu erfahren, was Dr. Robert Scheu, der Sohn eines Sozialdemokraten der alten Zeit, über Dr. Viktor Adler sagt. Heute sehen wir die Dinge anders als in der Zeit vor dem Weltkrieg. Dr. Scheu hat vor Jahren in der „Fackel“ ein Lebensbild Viktor Adlers entworfen, „dieses konservativen Politikers, der der Revolution die Augen zugedrückt hat“. „Aber unserem Viktor Adler glaubt man weder den Zukunftsstaat, noch auch nur den Glauben an den Zukunftsstaat. — Schnitzt man aus solchem Holz die Umstürzler? Doch kaum. Revolutionäres Geblüt ist anders. Es gibt mathematische Phantasten und exakte Träumer, sollte es auch skeptische Revolutionäre geben?“

Dann weiter:

„Seine volle Wucht wendet er im Beginne seiner Laufbahn nach links, ringt die Anarchisten nieder, rückt die wirklich revolutionären Köpfe an zweite oder dritte Stelle und beseitigt mit eiserner Hand die Intellektuellen, die ihm aus Instinkt und Ueberlegung verdächtig sind.“

So betrachtet, sehen die Dinge nun doch anders aus, als Deutsch es uns glauben machen will. Die Idee der Volksbefreiung lag nun bei dem Manne, dessen Schwager der Hofrat Halban war. An der Idee und ihrer Verwirklichung nahm in hervorragendem Maße Dr. Benno Karpeles teil, der das „Werk der Wiener Arbeiter“, die Hammerbrotwerke, mit Bankengeld gründete. Er, dem heute kommerzielle Talente und andere geschmackvolle Dinge vorgeworfen werden von seinen ehemaligen „Mitkämpfern“ um das „Werk der Wiener Arbeiter“, ist wie so viele in der sonderbaren Arbeiterpartei von Geburt und Abstammung befähigt gewesen, die guten Beziehungen, den Kontakt mit der Bureaukratie aufrecht zu erhalten, wie es nach Dr. Scheu das besondere Talent Adlers war, Beziehungen mit der Bureaukratie anzuknüpfen.

„Ganz unmerklich, unbewußt und heimlich hatte sich da etwas ereignet. Das Proletariat war inzwischen, irgendwann, bürgerlich geworden. Die Tore der Partei wurden einer seltsamen Gesellschaft geöffnet, zum Teil eingefleischten Spießern, die es zehn Jahre früher nicht gewagt hätten, davon zu träumen. — Das Organ der Börse wurde zugleich die Protektorin der „Freien Schule“, in deren Flachland man sich trifft. Einer Sozialdemokratie, welche sich in Form einer kleinen, mit der „Neuen Freien Presse“ eng liierten Gruppe, ein Wahlkomitee geschaffen hatte, konnte das Finanzkapital gelassen ins Auge blicken.“

Gewiß : das sind harte Worte, deren Bitterkeit darin besteht, daß wir ihre Wahrheit gerade in dieser Zeit am besten erkennen, am eigenen Leibe verspüren. Wir mußten und müssen das tagtäglich auskosten, war doch die Entwicklung der sozialdemokratischen Politik in Partei und Gewerkschaft eine gerade Linie: von Hainfeld in den Weltkrieg.

* * *

Kein Mensch mit fünf gesunden Sinnen wird leugnen, daß wir tief drinnen im kapitalistischen Getriebe stehen. Tiefer als jemals früher. Die elenden wirtschaftlichen Verhältnisse, zum großen Teil Nachwirkungen des Krieges, können aber gerade deswegen nicht als Entschuldigung der in Amt und Würden befindlichen „Vorkämpfer“ des Proletariats gelten. Ihre Ohnmacht und zum Teil auch ihre Unfähigkeit ergänzen die Argumentation jener aufs beste, die behaupten, daß Sozialismus und Kapitalismus sich wie Feuer und Wasser gegenüberstehen, und daß die Verwirklichung des ersteren die gleichzeitige Existenz des letzteren ausschließt.

„Der Unverstand der Massen ist noch immer die mächtigste Stütze der herrschenden Klasse.“ Was Krcal einst schrieb, hat heute noch seine Berechtigung. Nicht nur für Oesterreich und all die Länder, die früher dazu gehörten, in der ganzen Internationale ist es so. In allen Ländern hatten die Sozialdemokraten bei Kriegsausbruch ein „Vaterland“, und in allen Ländern starben die Arbeiter auf Geheiß ihrer Führer den „Heldentod“, wurden zu Tausenden Krüppel, verfolgt und eingesperrt. Die sozialdemokratische Presse Oesterreichs, insbesondere die sogenannte „Arbeiterzeitung“ erläuterte und „erklärte“ das Kriegsgeschehen, bestellte sich zwei „tüchtige“ Kriegsberichterstatter[4], die die hehre Aufgabe hatten, den Brudermord in den Lüften und auf der Erde, das gegenseitige Abschlachten „unserer“ und der „feindlichen“ Soldaten mittelst Gasbomben, 42 cm-Mörsern und was der „modernen“ Kampfmittel mehr sind, möglichst in der Nähe zu besehen und im Zentralorgan zu beschreiben. Auch daheim — man nannte das „Daheim“, in dem uns nichts als Hunger, Sorgen und Gefängnis beschert waren, — im Hinterland war das Proletariat ungemein rührig für den Krieg und seine Bestialität. Frauen und Männer, vom Waffendienst und vom Dienst an der Front enthoben, erzeugten Tag und Nacht Geschosse und Schießwerkzeuge aller Gattungen und Ausführungen zu „hohem Lohn“. Ja, das Proletariat Oesterreichs war so geschult seit Hainfeld, daß die Männer einrückten und ihre eigenen Frauen und Töchter sie entbehrlich machten! Die Frauen krochen auf die Straßenbahnen als Motorführerinnen und als Schaffnerinnen. Sie wurden Angestellte der Gas- und der Elektrizitätswerke. So zog sich der Krieg Jahr für Jahr hin, Jahr um Jahr immer dieselben Phrasen vom „Vaterland“, das eigene Arbeiterdichter zu besingen nicht müde wurden!

Jahr um Jahr dieselben Phrasen! Keine Spur von Widerstand. Proletarier aller Länder mordet euch! Und die Arbeiter, gedrillt auf Weisungen von oben, gedrillt in der Disziplin des Zentralismus, folgten. Schossen und stachen, bombardierten und zerschmetterten den „Feind“, mit dem sie auf den internationalen Kongressen so brüderlich verkehrten. Die daheimgebliebenen Schriftgelehrten und Pharisäer schrieben sich die Finger wund über einen „russischen Volksimperialismus“ und über die „Erneuerung Oesterreichs“. Jede goldene „Tapferkeitsmedaille“, die einem Vertrauensmann im Felde der — „Ehre“ zuteil wurde, fand ein Loblied im Blatte der Arbeiter. Zur Aneiferung. Und dieselben Menschen, die am 1. August 1914 Vollzugsanweisungen für den Marsch in den Heldentod gaben, als sie auf der ersten Seite schrieben:

Wer hat einzurücken?

Wann hat er einzurücken?

Wohin hat er einzurücken?

dieselben Menschen hatten den Mut und die Stirne, die Arbeiter wieder zur Urne zu dirigieren. „Die Toten rufen!“, so prangte es auf den Wahlplakaten. Aber die Menschen sind vergeßlich und denkfaul. Der Präsident „unserer“ Nationalversammlung, Karl Seitz, ein „Proletarier“ wie er leibt und lebt, konnte bei der Siegesfeier der Volkswehr unwidersprochen, ja unter dem Beifall der Versammelten sagen: „Wir haben das Volk von der Tyrannei des Militarismus befreit.“ Welch eiserne Stirne gehört dazu, so etwas zu sagen, und wie vernagelt müssen die Hirne der Arbeiter sein, die sich derlei und noch vieles andere bieten ließen und bieten lassen? Wie vergeßlich, wie vertrauensselig, daß sie vergessen können, was Friedrich Adler in seiner Verteidigungsrede vor Gericht über seine Partei sagte:

„Alles ist Geschäft, niemand hat Ueberzeugung. Daß dieser Geist Eingang gefunden hat in meiner Partei, das hat mich zur Tat getrieben, das hat mich hieher gebracht. Daß Dr. Renner nichts anderes darstellt als einen Geschäftspolitiker ohne innere Ehrlichkeit, das war die letzte Ursache dafür, daß ich zum Revolver gegriffen habe. Mit den Füßen wollte ich den Schmutz, den die sozialdemokratische Partei aufgehäuft hat, abwaschen … Auf pädagogische Weise hat Dr. Renner seine Ideen des Oesterreichertums als sozialdemokratische Ueberzeugung in seine Partei eingeschmuggelt; seine Partei hat die Ehrlichkeit zu sich selbst verloren. Das hat mich zur Tat getrieben, das hat mich hieher geführt … Ich fühlte mich beschmutzt und herabgewürdigt!“

So gingen sie wieder zur Urne und wählten abermals ihre Metzger selber. Vielleicht noch begeisterter als jemals früher. Denn nun war alles da, wofür es sich der Sozialdemokratie seit ihrer Gründung verlohnte, den „Kampf“ zu führen. Politische „Rechte“ in Massen, nur der Sozialismus noch nicht. Aber die Demokratie als „Vorstufe“ war schon da. „Die erste Stufe ist erreicht, zur zweiten wird es nicht so lange dauern“, sagte Seitz bei der schon erwähnten Siegesfeier. Und es sieht doch wahrhaftig danach aus ! Der Stimmzettel wird den endgültigen Sieg bringen. Zur Urne, zur Urne! Sonst braucht es nichts … Frauen und Männer mit erreichtem zwanzigsten Lebensjahr durften wählen gehen. Die Bourgeoisie zitterte wirklich eine kleine Weile. Aber bald erholte sie sich. Die Sache war ungefährlich und nicht geringster Aufregung wert. Die einzige mutige Menschengruppe, die während des Krieges auf seine Beendigung drang, Streiks in den Munitionsfabriken propagierte, und überhaupt zu Aufstand und Empörung aufforderte, konstituierte sich sofort nach Beendigung des Krieges, an welcher sich die Sozialdemokratie gerne ein Verdienst anmaßen möchte, als kommunistische Partei, die ihre rote Garde besaß, an deren Spitze Egon Erwin Kisch und Leo Rothziegel standen. Sie hatte keine lange Lebensdauer. Da kamen dann Soldatenräte, Arbeiterräte, Betriebsräte — und dennoch steht das Proletariat den wirtschaftlichen Teuerungsverhältnissen ratlos gegenüber, ausgebeutet, ausgeplündert, wirtschaftlich entrechtet und geschwächt, wie nie zuvor. Das Proletariat hat ein Zuckerl bekommen, das aber als bittere Pille erkannt werden wird!

„Hat sich seit der sogenannten Revolution irgendetwas Wesentliches in diesem Staate geändert? … Die Schlamperei der Revolution hat uns das ganze alte Oesterreich unangetastet erhallen.“[5]

Es haben sich eben die politischen Formen geändert (und dies nur in sehr bescheidenem Maße!), die wirtschaftliche Sklaverei ist geblieben, ja sie ist sogar ärger geworden! Für diese Behauptung bringt jeder Tag Beweise, überflüssig, sie hier anzuführen. Die Republik hat aber nicht nur nachgemacht, was die französischen Revolutionen vor 70 und 50 Jahren an Mitteln und an „Zielen“ hatten, sie hat sogar die revolutionäre Waffenkammer des Syndikalismus nach Kampfmitteln durchsucht und die Institution der Räte (natürlich „demokratisch“ verwässert) übernommen und — in Mißkredit gebracht. Die Räte sind ein revolutionäres Kampfinstrument, in Oesterreich ließen sie sich nicht nur für den politischen Tageskampf mißbrauchen, sie wurden sogar Stützen und Beauftragte des demokratisch-republikanischen Regierungssystems, spielten die an und für sich unwürdige Rolle von Polizei- und Gendarmeriegehilfen, nahmen Proletarierfrauen Lebensmittel ab, konfiszierten Kartoffel und Wohnungen, helfen den Staat stützen, anstatt ihn abzubauen! Wo ist da der revolutionäre Impuls? Den Arbeitern und nicht dem Staat soll mit den Räten gedient sein. Aber unter diesen „Räten der Revolution“ befinden sich eben auch Abgeordnete und Staatssekretäre, Gewerkschaftsbeamte und Redakteure geaichter Parteiblätter, die jetzt zur Regierung so gute Beziehungen haben. Es würde zu weit führen, wollte man hier, auf beschränktem Raume, all die Affenkomödien aufzählen und betrachten, die im Namen des Volkes aufgeführt werden.

Das Volk leidet an allem Mangel, mehr als früher. Wohnungsnot, Lebensmittelnot, Not an Bekleidung, an Beschuhung — und niemand ruft es zum sozialwirtschaftlichen Kampf auf. Niemand findet sich, der in die Massen ginge, um denen das Vermächtnis der Männer kundzumachen, die vom Schauplatz des Kampfes abgedrängt wurden von dem Gründer der sozialdemokratischen Partei Dr. Viktor Adler. Wird man sich, wo der Bankrott dieser Partei die Wertlosigkeit aller Parteien innerhalb der Arbeiterschaft und ihrer Kämpfe bewiesen hat, derjenigen Kampfesmittel erinnern, die allein Erfolg verbürgen, weil sie dort einsetzen und ausgetragen werden, wo das Proletariat am mächtigsten ist: in den Produktionsstätten? Wir wollen es hoffen. So trübe die Aussichten sind, bleibt uns doch die Hoffnung: daß die Arbeiterschaft endlich aus ihren Niederlagen lernen wird. Lerne sie aus der Geschichte! Die Arbeiterbewegung muß wieder proletarischen Charakter bekommen, der bureaukratische und diplomatische Schwindel hat mit ihm nichts zu tun. Lernen wir! Lernen wir aus der Geschichte!

* * *

Die Arbeiter haben die ungeheuerste Macht in den Händen, und wenn sie ihrer einmal recht inne würden und sie gebrauchten, so widerstände ihnen nichts: sie dürften nur die Arbeit einstellen und das Gearbeitete als das Ihrige ansehen und genießen. Dies ist der Sinn der hie und da auftauchenden Arbeiterunruhen.

Der Staat beruht auf der — Sklaverei der Arbeit. Wird die Arbeit frei, so ist der Staat verloren.

Max Stirner: Der Einzige und sein Eigentum.

Josef Peukert

Der gegenwärtige Staatssekretär für Heerwesen, Julius Deutsch, schreibt in seiner „Geschichte der österreichischen Gewerkschaftsbewegung“ über Josef Peukert folgendes:

„… im Jänner 1884 stellte die „Zukunft“ ihr Erscheinen ein. In der nun folgenden schweren Zeit war einer der ersten, der davonlief: Josef Peukert, der Führer der Radikalen. Er ging nach der Schweiz. Von Josef Peukert weiß man heute noch nicht sicher, ob er ein Spitzel der Regierung oder ein ehrlicher Mensch gewesen.“

Josef Peukert, der am 3. März 1910 in Ghigago starb, also noch lebte, als Deutsch’ Buch erschien, schildert „sein an Feinden reiches, an Freuden und Freunden armes Dasein“ in seinen von Gustav Landauer herausgegebenen „Erinnerungen eines Proletariers aus der revolutionären Arbeiterbewegung“. „Er hat mit dieser zerschmetternden Anklage“, nämlich ein Spitzel gewesen zu sein, „bis an sein Ende gekämpft und rechtfertigt sich nun noch aus dem Grabe … . Aber daß hier ein reiner Mensch ehrlos gemacht wurde, scheint nach Peukerts Darstellung, mehr noch nach Landauers Ergänzungen zweifellos, … Mögen die, die heute geebnete Wege gehen, diese Lebensgeschichte, in der noch ein Stück Chaos steckt, mit innerem Ernst aufnehmen.“

Auch Gustav Habermann[6] wird dem so viel verleumdeten und verdächtigten Kämpfer Josef Peukert gerecht.

„Die Laufbahn des typischen Arbeiterführers ist heute geregelt und geordnet“.[7]7 Er erringt sich in kleinen Besprechungen Unteroffizierswürden, kommt in die Kriegsschule der Partei, wird hier „wissenschaftlich“ ausgerüstet, kriegt ein Leutnantsdekret und im nächsten Wahlkampf „erprobt“ er sich vor dem „Feind“, „Dann sitzt man zwanzig oder dreißig Jahre im Reichstag, schreibt Leitartikel fürs Lokalblatt und wird zum verläßlichen, tüchtigen, revolutionären Routinier.“

Von dieser Gattung, wie Stefan Großmann das Werden vom „typischen Arbeiterführer“ zum „verläßlichen, tüchtigen, revolutionären Routinier“ schildert, war Josef Peukert, an dessen Person all die in die Welt gestreuten Zweifel und Verdächtigungen so wenig heranreichen konnten als an sein Andenken, nicht. Er war zeitlebens ein armer Mann, der keinerlei Kompromisse geschlossen hatte und der weit davon entfernt war, etwa auf dem Wege nach einem Staatssekretärposten zu sterben. Peukert, um dessen Streben sich die österreichische Arbeiterschaft zu ihrem eigenen Nutzen mehr interessieren sollte, beschloß seine Tage als Arbeiter, als der er, arm und krank, über die Erde gejagt wurde, immer von Spitzeln und Häschern verfolgt. Die „typischen Arbeiterführer“ beenden ihre Laufbahn „geregelt und geordnet“, etwa als Staatssekretäre. Hier sei mit besonderem Nachdruck auf Peukerts Erinnerungen hingewiesen. Wer das Buch im Zusammenhänge, als Ganzes liest, dem wird klar werden, wie ehrlich Peukert lebte und stritt, und wie sauer ihm das Leben und Kämpfen selbst im eigenen, revolutionären Lager gemacht worden war.

[1] Ueber ihn schreibt der Verfasser der im Kapitel „Josef Peukert“ ausführlich genannten „Geschichte der österreichischen Gewerkschaftsbewegung“, Julius Deutsch, nachdem er Krcal zitiert und von diesem angegebene Daten übernimmt: „Krcal ist sonst ein sehr unzuverlässiger Geschichtsschreiber. Als Zeitgenosse dürfte er aber Personenkenntnis genug gehabt haben, solche Details zu kennen“. – Warum Krcal sonst ein sehr unzuverlässiger Geschichtsschreiber ist, sagt aber Deutsch leider nicht!

[2] Erinnerungen eines Proletariers aus der revolutionären Arbeiterbewegung von Josef Peukert. Mit Vorwort von Gustav Landauer. Berlin 1913. Verlag des Sozialistischen Bundes.

[3] Blätter aus der Geschichte der Arbeiterbewegung Oesterreichs von August Krcal. Mit dem Bildnis des verstorbenen Verfassers. 1913.

[4] „Arbeiter-Zeitung“ vom 28. März 1918. Der Kriegsberichterstatter, der die folgenden Zeilen schrieb, war Dr. Adolf Köster, heute Mitglied der Regierung in Deutschland. Man überwinde sich und lese: „… Die Westfront wartet — aber sie wartet anders als vor der Schlacht in Flandern. Wie oft wurden vom Westen die Regimenter und Batterien verladen … um unseren Verbündeten beizustehen … Sie taten es gern, die östlich und südlich führen … Man sieht in der Sonne die deutschen Tanks üben. Und hört von den giftigen Schwaden eines neuen Gases, in denen das Feuer der feindlichen Batterien schnell erstirbt. All das wird den Krieg nicht entscheiden … aber indem es da ist — endlich da ist —, hebt es den Druck, der jahrelang auf dieser blutenden Abwehrfront lag. Die Westfront wartet — sie wartet zuversichtlich ihre Stunde ab. Denn niemals waren die Waffen gewaltiger als heute … „Was die Leute denken, Herr? Das will ich Ihnen sagen … Wir freuen uns, wenn es losgeht.“ … Alle diese Leute waren sehr jung. Fast nur Freiwillige … Das Ganze war ein kriegerisches Erziehungsheim, vorbildlich vielleicht für die künftige militärische Erziehung des ganzen Volkes … Diese jungen Leute hier werden den blutigen Tanz von Langenmark noch einmal wagen. Und mit Stahlhelm, Handgranate und Flammenwerfer werden sie weiter kommen als jene Verzückten, die mit Liedern auf den Lippen starben …“

[5] Walther Rode: Wien und die Republik. Verlag C. W. Stern, Wien, 1919.

[6] Gustav Habermann: „Aus meinem Leben“. Verlag F. Tempsky, Wien. 1919.

[7] So schreibt Stefan Großmann, der ehemalige Redakteur der „Arbeiterzeitung“ und Direktor der „Freien Volksbühne“, im Aprilheft 1914 der „Neuen Rundschau“, Berlin.