Titel: „Eine unvollkommene Demokratie ist besser als eine vollkommene Despotie."
Untertitel: Rudolf Rockers Wandlung vom kommunistischen Anarchisten zum libertären Revisionisten
AutorIn: Rübner, Hartmut
Datum: 1998
Quelle: Aus: Archiv für die Geschichte des Widerstandes und der Arbeit, Nr.15, 1998, S.205-226. Germinal Verlag
Bemerkungen: -

Eine unvollkommene Demokratie ist besser als eine vollkommene Despotie." Rudolf Rockers Wandlung vom kommunistischen Anarchisten zum libertären Revisionisten[1]

1. Revolutionärer Syndikalismus und Anarchismus im ideengeschichtlichen Kontext

Die anarchistische und revolutionär-syndikalistische Theorieentwicklung verlief nach dem Zerfall der Ersten Internationale nicht analog, sondern phasenverschoben und zunächst unabhängig voneinander. Als Anarchist mit kollektivistischen Zielvorstellungen hatte Michail Bakunin frühzeitig die Bedeutung der Gewerkschaften hervorgehoben, da er der Selbstgestaltungskraft der assoziierten Arbeiterschaft eine größere Verläßlichkeit als den sozialistischen Ideologen und Theoretikern zumaß. Ausdrücklich von einem „Arbeiter-Syndikalismus" sprach dann James Guillaume – ein Schüler Bakunins –, der in seinen „Ideen über die Gesellschaftsorganisation" die Selbstverwaltung der Produzenten mittels berufsständischer Korporationen vorschlug.[2]

In den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts befürworteten die Theoretiker des Anarchismus zeitweilig die Strategie der „Propaganda der Tat", die letzten Endes zum Gegenteil der beabsichtigten Wirkung, der Mobilisierung einer revolutionär agierenden Arbeiterschaft führte, zumal die verübten Attentate den Anarchismus im breiten Bewußtsein der Öffentlichkeit moralisch diskreditierten.[3] Während die Ausbreitung anarchistischen Gedankengutes nun sichtlich stagnierte, konnte in Frankreich der revolutionär-syndikalistische Gegenpart zu den etablierten Parteien des linksorientierten Spektrums seit der Mitte der 1890er Jahre wesentlich an Einfluß gewinnen. Der Prozeß der Herausbildung einer revolutionären Gewerkschaftsbewegung entfaltete hier insofern eine zusätzliche Dynamik, als erhebliche Teile der Arbeiterschaft den Glauben an die Wirkungskraft des Parlamentarismus hinsichtlich der Realisierung sozialistischer Zielsetzungen verloren hatten. Zwar kann die Herausbildung des revolutionären Syndikalismus keineswegs als ein anarchistisches „Produkt" bezeichnet werden, gleichwohl beriefen sich mit Delesalle, Pouget, Pelloutier, Yvetot, Lagardelle und Grifulhues die führenden Protagonisten des französischen Syndikalismus im Verlauf ihrer politischen Biographie auf die theoretischen Grundprinzipien des Anarchismus.

Dieses Interesse stieß auf Resonanz unter den Anarchisten, die, zumeist in Übereinstimmung mit den Empfehlungen Peter Kropotkins, das Engagement der Libertären in den Gewerkschaften als Rückkehr zur Basis propagierten.[4] Die Verbindung zwischen Syndikalisten und Anarchisten blieb seither umstritten, wobei sich das gespannte Verhältnis der beiden Fraktionen zweifelsohne aus den Auseinandersetzungen um die Bedeutung des anarchistischen theoretischen Überbaus ergab. Einen vorläufigen Höhepunkt der Kontroversen um die ideologische Vorrangstellung bildete der vom 24. bis 31. August 1907 stattfindende Anarchistenkongreß in Amsterdam, auf dem Pierre Monatte und Errico Malatesta die gegensätzlichen Standpunkte personifizierten. Während der Syndikalist Monatte nochmals den bereits 1906 auf dem Kongreß der französischen „Confédération Générale du Travail" (CGT) in Amiens aufgestellten Anspruch einer unabhängigen Stellung des Syndikalismus bekräftigte, lehnte Malatesta diese autonomistische Position ab, da er in den ausschließlich klassenbezogenen Interessenverbänden der Arbeiter allenfalls ein Mittel sah, das zur Erreichung des libertären Endziels, der Anarchie, beitragen könnte. Im Unterschied zu den Syndikalisten teilte Malatesta außerdem nicht deren Überzeugung, die direkte Aktion – insbesondere der Generalstreik – sei als adäquater Ersatz für eine soziale Revolution zu werten.[5] Für ihn fungierte die Gewerkschaftsbewegung lediglich als legale, und damit letztlich systemimmanente Organisation der Arbeiterklasse, die somit bereits alle Anlagen für die Entstehung einer konservativen bürokratischen Struktur zeigte.[6] Rudolf Rocker,[7] der diese Kontroverse insgesamt für überflüssig hielt, unterstützte dennoch die gegen den syndikalistischen Alleinvertretungsanspruch gerichteten Einwände Malatestas, obschon er auf dem Kongreß als Delegierter der jüdischen Textilarbeiter und Textilarbeiterinnen Londons vor allem Arbeiterinteressen zu vertreten hatte.[8]

Die anhaltenden Auseinandersetzungen über diese ideologisch-strategischen Grundsatzfragen sollten sich in Deutschland erst während der Weimarer Republik entfalten, als es zum endgültigen Bruch zwischen der „Freien Arbeiter-Union Deutschlands (Anarcho-Syndikalisten)" und der „Föderation kommunistischer Anarchisten Deutschlands" (FKAD) kam. Als maßgeblicher Vertreter der FKAD beharrte Rudolf Oestreich auf dem Standpunkt, die Gewerkschaften und die kapitalistische Profitwirtschaft seien lediglich legitime Bestandteile des Staates und mit dessen Beseitigung würden beide Lager obsolet.[9] Den Intentionen des in der Arbeiterbewegung wirkenden Anarchisten Rudolf Rocker entsprach hingegen die Interpretation des Anarcho-Syndikalismus als „die Handlungsweise einer organisierten Arbeiterbewegung, die ihre gewerkschaftliche Praxis in durchaus eigenständiger Weise mit anarchistischen Theorien verband".[10] Die Gewerkschaft verkörperte für ihn die soziale Trägerschaft, in der die anarchistische Weltanschauung als bewußtseinvermittelndes Ferment wirken sollte.

2. Zur Theorie und Praxis des revolutionären Syndikalismus in Deutschland

Der Entstehungsprozeß der syndikalistischen Bewegung in Deutschland stand in einem engen Zusammenhang mit der Entwicklung der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung im wilhelminischen Kaiserreich, denn zur Ausformung des Syndikalismus trugen vor allem oppositionelle Fraktionen in den Freien Gewerkschaften und der SPD bei. Die internen Kritiker der zentralisierten Parteiinstanzen lehnten besonders die Festlegung der Sozialdemokratie auf den Parlamentarismus und die theoretische Ausrichtung auf einen revisionistischen Marxismus ab.[11] Angesichts der offenkundigen Bürokratisierungstendenzen der Freien Gewerkschaften forderten die sogenannten „Lokalisten" (seit 1901: „Freie Vereinigung deutscher Gewerkschaften" [FVdG]) in einem antizentralistischen Affekt ein föderalistisches Organisationsprinzip und damit die Autonomie der ortsgebundenen Basis. Die Theoriebildung des deutschen Syndikalismus fand also im Rahmen einer internen Oppositionsbewegung in den Gewerkschaften und der sozialdemokratischen Partei statt, die dann im Zuge ihrer allmählichen Emanzipation und Loslösung in einem zunehmenden Maß auch theoretische Impulse aus dem Ausland aufnahm.[12]

Einen der kleineren Lesezirkel, die nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes im Jahr 1890 noch innerhalb der SPD anarchistisches Gedankengut aufnahmen, gründete Rudolf Rocker in Mainz. Neben den Schriften Proudhons, Bakunins und Mosts rezipierte Rocker insbesondere die Idee des kommunistischen Anarchismus, als dessen prominentester Vertreter bis heute Peter Kropotkin gilt. Zu dem utopischen Endziel des kommunistischen Anarchismus, der Kollektivierung von Produktionsmitteln und Grundbesitz und einer damit einhergehenden Vergesellschaftung der Arbeitserzeugnisse, gewann Rocker erst nach den deprimierenden Erfahrungen des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs ein kritischeres Verhältnis.

Konnte in Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg von einer eigenständigen syndikalistischen Theoriebildung innerhalb des anarchistischen und gewerkschaftsoppositionellen Spektrums noch keine Rede sein, so erfolgte die Ausformung eines ideologischen Überbaus während des einjährigen Rekonstituierungsprozesses der FVdG zur „Freien Arbeiter-Union Deutschlands (Syndikalisten)" (FAUD[S]), der im Dezember 1919 einen vorläufigen Abschluß fand.[13] Die charakteristischen Grundideen des Syndikalismus waren indessen schon vor dem Krieg rezipiert worden. Seit der 1908 erfolgten Lösung von der SPD und dem damit verbundenen Ausscheiden der sozialdemokratischen Mitglieder maß man in der FVdG nicht länger dem parlamentarischen Parteiensystem, sondern der direkten Einwirkung auf das Wirtschaftssystem die größte Bedeutung für eine Neuordnung der Gesellschaft zu.[14] In der Auseinandersetzung mit den der Novemberrevolution folgenden Räteexperimenten und der russischen Sowjetrepublik entwickelten die deutschen Syndikalisten seit 1918/19 ihre spezifische Variante einer Rätekonzeption, die einen dezidiert wirtschaftlichen Schwerpunkt setzte und in ihren grundlegenden Organisationsprinzipien nur graduell von den basisdemokratischen Vorstellungen des linksradikalen Lagers (Revolutionäre Obleute, Linkskommunisten) abwich.[15] „Im Rätesystem der Arbeit"[16] sollten die Gewerkschaften – über ihre taktische Bedeutung als interessengemeinschaftliche Kampforganisationen der Arbeiterschaft hinaus – die Funktion übernehmen, die Arbeiter und Arbeiterinnen mit den Managementfunktionen der Produktion vertraut zu machen, um somit ihre Befähigung zur Übernahme der Betriebe zu gewährleisten. Neben der Verteilung der Arbeitserzeugnisse sollten die Assoziationen der Produzenten desgleichen für die verwaltungsadministrativen Aufgaben der Kommunen verantwortlich sein. Die von Rocker für den Gründungskongreß der FAUD(S) formulierte „Prinzipienerklärung des Syndikalismus" verhalf der aufstrebenden Bewegung zu einer revolutionären Programmatik, in der die anarchistischen Grundsatzforderungen – Antimilitarismus, Föderalismus, Antiparlamentarismus – eine kohärente Synthese mit der anthropologischen Ethik Peter Kropotkins und den kultursozialistischen Vorstellungen Gustav Landauers[17] eingingen. Obwohl Rocker niemals ein „offizielles" Amt in der libertären Bewegung Deutschlands einnahm, galt er als der unbestrittene „spiritus rector" der FAUD. Nach dem Ersten Weltkrieg prägte er darüber hinaus das ideologische Selbstverständnis der gesamten internationalen anarchosyndikalistischen Bewegung nachhaltiger als jeder andere Theoretiker seiner Zeit.

3. Die Gesellschaftstheorie und Geschichtsauffassung Rudolf Rockers

Wenngleich in der konzeptionellen Bewertung des Klassenkampfes und hinsichtlich des intendierten sozialistischen Endziels – der Abschaffung des kapitalistischen Gesellschaftssystems – wesentliche Deckungsgleichheiten mit zentralen Axiomen des Marxismus bestanden, lehnte Rocker mit dem historischen Materialismus das sozialistische Wissenschaftspostulat schon im Grundsatz ab. Karl Marx hatte den gewerkschaftlichen Assoziationen zwar einen gewissen Stellenwert in den wirtschaftlichen Kämpfen zugesprochen, als soziale Basis zur Aufhebung und Umstrukturierung des Kapitalismus schätzte er sie jedoch nicht unbedingt ein.[18] Das sowohl von Marx und Engels als auch den Libertären eingeforderte Prinzip der Ersten Internationale, demzufolge die Emanzipation des Proletariats eine eigenständige Aufgabe der Arbeiterschaft sein müsse, interpretierten die Anarchosyndikalisten vor allem als eine Erziehungsaufgabe. Demnach ist die Prägung in der syndikalistischen Ideengemeinschaft die essentielle Vorbedingung für ein herrschaftsfreies Ordnungssystem. Das oberste Grundprinzip bei der Zusammenfassung der regionalen Organisationszusammenhänge ist ein konsequent föderalistisches Assoziationsmodell. Ausgehend von lokalen Zusammenschlüssen der Beschäftigten eines bestimmten Produktionszweigs („Industrieföderationen") sollten sich dementsprechend auf Kreis-, Bezirks- und Provinzebene sogenannte Arbeitsbörsen bilden, die ihrerseits durch koordinierende „Informationsstellen" in lockerer Verbindung zu den ebenfalls autonomen Industrieföderationen anderer Produktionszweige stehen sollen. Dieser dem französischen Vorbild entlehnte Vergesellschaftungsentwurf ging in den Überlegungen hinsichtlich der postrevolutionären Übergangsformen zu einer staats- und klassenlosen Zukunftsgesellschaft über die spärlichen diesbezüglichen Abhandlungen der marxistischen Theoretiker hinaus.

Im Mittelpunkt von Rockers Kritik an der dialektischen Geschichtsauffassung stand – außer dem Fehlen einer konkreten antizipatorischen Ordnungsvorstellung – deren wissenschaftlicher Anspruch, den er mit aller Vehemenz ablehnte. Für eine Interpretation der Geschichte hielt er die Gesetzmäßigkeiten der Naturwissenschaften ebensowenig geeignet wie die ökonomischen Bewegungsgesetze. Seiner Auffassung entsprechend unterlagen die gesellschaftlichen Entwicklungsprozesse kaum bestimmbaren Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Prädispositionen, die z. B. aus religiösen Vorstellungen, ethnischen Sitten und Gebräuchen, kulturellen Traditionen, Rechtsanschauungen, politischen Formen und Eigentumsverhältnissen resultieren.[19] Die Bewußtseinsprägungen der Einzelwesen besitzen seiner Meinung nach eine soziale Eigendynamik, die sich nicht allein aus den materiellen Lebensbedingungen ableiten läßt. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet ähnelt die Gesellschafts- und Geschichtstheorie Rockers in ihren wesentlichen Grundaussagen einem metaphysischen Deutungssystem. Die Menschheitsentwicklung erscheint darin als Ergebnis eines (widersprüchlichen) sozialen Handelns, wobei der Realisierung des freiheitlichen Ideals stets eine umfassende Bewußtseinsbildung vorangestellt wird. Hier zeigt sich der Einfluß der Philosophie des deutschen Idealismus des 19. Jahrhunderts, für die das autonome Subjekt („Ich“) das Fundament von Welt und Geschichte war. Die materialistische Geschichtsdialektik kann Rocker aufgrund ihrer vermeintlich monokausalen Erklärungsmuster, ausgehend von der ökonomischen Basis als dem determinierenden Antrieb der gesellschaftlichen Entwicklung, nicht akzeptieren.[20] In seiner Kulturphilosophie übernimmt er die Ressentiments der zeitgenössischen Historiker gegenüber der von ihnen zumeist als (pseudo)wissenschaftlich disqualifizierten Soziologie. Deren abstrahierende und generalisierende Betrachtungsweise hob ihrer Auffassung nach unzulässigerweise von den Einzigartigkeiten des Individuums ab.[21]

Trotz aller Kritik an den Unzulänglichkeiten der wissenschaftlichen Lehrsätze läßt sich bei Rocker keine generelle Ablehnung der Sozialwissenschaften feststellen. Insbesondere aber die methodischen Erkenntnisse der Naturwissenschaften gilt es seiner Meinung nach für die Analyse der menschlichen Lebenszusammenhänge zu nutzen.[22] Ein mitwirkender Einfluß der ökonomischen Rahmenbedingungen auf die gesellschaftliche Entwicklung wird von ihm überdies nicht in Zweifel gestellt. Nur die Betonung der universellen Gültigkeit einzelner Teilaspekte des sozialen Beziehungsgefüges erscheint ihm – wie im übrigen alle Versuche zur Konstruktion von linearen Gesetzmäßigkeiten in der Historie – als wirklichkeitsverzerrendes und allzu schematisches Erklärungsmuster für komplexe gesellschaftliche Konstellationen.[23] Es sind daher in seiner Sichtweise weniger die Bewegungsabläufe des kapitalistischen Arbeits- und Warenverkehrs, die den gesellschaftlichen Fortgang bestimmen, sondern viel mehr die machtpolitischen Bestrebungen minoritärer Eliten politischer, religiöser und/oder wirtschaftlicher Provenienz. Deren Handlungsstrategien entstammen vorwiegend irrationalen und anomischen Motivationslagen.[24] Obwohl alle Gesellschaftssysteme in ihren unterschiedlichen Ausprägungen analysierbar bleiben und deshalb in einem wissenschaftlichen Ordnungsschema unterzubringen sind, scheinen die künftigen Veränderungsprozesse kaum prognostizierbar.

Ungeachtet der vorangestellten Aussagen über die Disparität von Natur- und Gesellschaftswissenschaften folgt Rocker dennoch der formalen Wissenschaftslogik. Dies wird besonders dann deutlich, wenn er mittels einer kulturhistorisch angelegten Geschichtsphilosophie versucht, die elementaren sozialen Bedeutungs- und Wirkungszusammenhänge darzustellen. Gemäß Rockers Einschätzung waren weder die Herausbildung der Nationalstaaten noch der Kapitalismus dem kulturellen Fortschritt förderlich, sondern im Gegenteil jeder Entfaltung freiheitlicher Prinzipien hinderlich. Der gesellschaftliche Konstitutionsprozeß erscheint ihm als das bloße Ergebnis von normativen Faktoren, wie der schöpferischen Initiative und der natürlichen Soziabilität. Der Einfluß Kropotkins auf Rockers Denken bleibt, trotz dessen distanzierterem Verhältnis bezüglich einiger Grundaussagen des kommunistischen Anarchismus nach dem Zweiten Weltkrieg, in diesem Punkt auch später noch erkennbar. So war Kropotkin davon überzeugt, das entscheidende Prinzip in der Natur- und Menschheitsentwicklung erkannt zu haben, wenn er argumentierte: „Die Bedeutung der Geselligkeit und der gegenseitigen Hilfe in der Tierwelt und in der Geschichte des Menschen kann als eine ganz feststehende, hypothesenfreie wissenschaftliche Wahrheit angesehen werden.“[25] Aufgrund der Übernahme dieses anthropologischen Grundsatzes bekommt Rockers moralische Handlungs- und Solidaritätsethik eine rational-naturwissenschaftliche Basis. Damit wird das zentrale Unterscheidungskriterium zwischen Mensch und Natur aufgezeigt: der subjektive Wille des bewußt agierenden Einzelwesens. Resultierend aus den ökonomisch, physisch-sinnlich, psychisch, sozial, kulturell-ideologisch oder religiös motivierten Entscheidungen aller Individuen erfolgt letztlich die gesamtgesellschaftliche Bewegung.[26] Dementsprechend erscheint das „Bewußtsein der Massen", das „instinktiv" die Möglichkeit der Lebensänderung erfaßt, als der Ausgangspunkt einer emanzipatorischen Gesellschaftsveränderung.[27] „Politische Rechte und Freiheiten", so schreibt Rocker noch während der Weimarer Republik, „haben eben nur dann einen praktischen Wert, wenn sie einem Volke zur inneren Gewohnheit geworden sind und wenn jeder Versuch, dieselben zu beeinträchtigen, mit dem heftigsten Widerstand der Massen rechnen muß."[28]

In Rudolf Rockers Wertbestimmungen erscheint der erreichte kulturelle und wirtschaftliche Entwicklungsstand als das jeweils aktuelle Ergebnis einer konfliktgeladenen Wechselbeziehung von destruktiven Einflüssen (durch das von exponierten Minderheiten verkörperte Machtprinzip), die den positiven Anlagen der natürlichen Soziabilität entgegenwirken. Die kontinuierlichen Auseinandersetzungen zwischen diesen unvereinbaren Gegensätzen stellen allerdings nicht den Antrieb eines dialektischen Fortschrittsprozesses dar, zumal sie die Entfaltung des kreativen Gesellschaftspotentials nachhaltig behindern.[29] In weitgehender Übereinstimmung mit den Vorstellungen Landauers erkennt Rocker in einer kulturellen Höherentwicklung die elementare Grundvoraussetzung eines emanzipatorischen Sozialismus. Die in der Auseinandersetzung der kommunistischen Anarchisten mit dem theoretischen Gebäude des Marxismus ausgebildete Ablehnung einer „transzendental-philosophische(n)... Begründung der Ethik" übernimmt Rocker als „selbständige(r) Interpret der Kropotkinschen Lehre".[30] Die prägnanteste Differenz zu Kropotkin besteht vor allem darin, daß Rocker zwar dessen Naturrechtsgedanken übernimmt, Kropotkins aus der Naturwissenschaft entlehnter Entwicklungsphilosophie jedoch zumindest in Bezug auf ihre progressive Fortschrittslogik nicht folgt.

Im Konsens mit den Grundaussagen aller sozialistischen Theoretiker seit dem Vormärz führt auch Rocker die Entstehung des Klassensystems auf den Privatbesitz an den Produktionsmitteln zurück. Diese ökonomische Machtdisposition verhilft einer dominanten Minderheit zu überproportionalen Einwirkungsmöglichkeiten. Der auf dem Privatbesitz beruhende wirtschaftliche Einfluß ist gleichermaßen identisch mit politischer Macht, die über den Parlamentarismus transformiert wird. Die tieferen Ursachen der Klasssenunterschiede sind in der privaten Aneignung der Natur begründet. In der „Prinzipienerklärung des Syndikalismus" argumentiert Rocker in Übereinstimmung mit der Marxschen Theorie: „Durch die Monopolisierung des Bodens und der übrigen Produktionsmittel in der Hand kleiner privilegierter Gesellschaftsgruppen sind die produzierenden Klassen gezwungen, ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten den Eigentümern zu verkaufen, um ihr Leben fristen zu können, und müssen infolgedessen einen erheblichen Teil ihres Arbeitsertrages an die Monopolisten abtreten."[31]

Infolge der Eigentumsverhältnisse vollzieht sich die primäre gesellschaftliche Ausdifferenzierung in die Schichten der Besitzenden und der Besitzlosen, d. h. in diejenigen, denen zur Befriedigung ihrer materiellen Bedürfnisse nichts anderes als die Veräußerung ihrer Arbeitskraft bleibt und in diejenigen, die mittels des dadurch geschaffenen Arbeitsertrags existieren. Der Zwang zum Verkauf der Arbeitskraft erklärt ein Abhängigkeitsverhältnis, das auf einer ökonomischen Vorrangstellung beruht, zumal die fremdbestimmten Arbeitsleistungen allenfalls formal freiwillig erbracht werden. Die Klassenteilung in der kapitalistischen Gesellschaft sowie der damit einhergehenden Widersprüche entstammt bei Rocker der privaten Aneignung der gesellschaftlichen Produktion. Gleichwohl bezeichnet er die Herrschaftsverhältnisse in der bürgerlichen Gesellschaft weniger als das Resultat ökonomischer Konstellationen, deren gesetzmäßige Dynamik nach Marx sowohl im Zwang zur Konkurrenz, als auch in der Tendenz zur Kapitalakkumulation besteht. Das jeweilige Agieren der Besitzenden wird von Rocker nicht mittels eines politisch-ökonomischen Erklärungsansatzes, sondern mit den philosophischen Kategorien eines subjektiven „Willens zur Macht" erklärt, der sich in einem irrationalen Ausbeutungsprinzip der kapitalistischen Oligarchie äußert, denn: „Es ist nicht bloß der Wunsch immer größere Gewinne anzuhäufen, in dem sich heute die Ansprüche der kapitalistischen Oligarchie erschöpfen; jeder ihrer Träger weiß genau, welche ungeheure Macht der Besitz großer Reichtümer heute wie immer dem Einzelnen und der Kaste der er angehört, in die Hände gibt."[32]

Das politische Machtkalkül und das wirtschaftliche Profitstreben der herrschaftsausübenden Eliten definiert Rocker gemeinhin als pathologische Erscheinungen.[33] Doch gerät ihm die ökonomische Systematik und der prägende Einfluß der Profitlogik nicht völlig aus dem Blickfeld. Insofern die regulative Verfügungsgewalt der Produktionsmittelbesitzer im bürgerlichen Staat durch einen Katalog verschiedener administrativer Maßnahmen aufrechterhalten wird, basiert die staatliche Funktion der Sicherung des Privateigentums auf dem formalen Eigentumsrecht. Die durch das Bildungssystem vermittelte Autoritätshörigkeit und die Disziplinierung im Arbeitsprozeß verankern die mentalen Grundvoraussetzungen dieses Abhängigkeitsverhältnisses im allgemeinen Bewußtsein. Strukturelle Ausdifferenzierungen, wie etwa die Einbindung der Arbeiterschaft in ein abgestuftes Tarifsystem, fördern dazu noch die Entsolidarisierung der potentiellen Gegenkräfte. Als sich im Zuge des Rationalisierungsprozesses seit Mitte der zwanziger Jahre in immer stärkerem Maße die hochdifferenzierte Arbeitsteilung des Taylor- und Fordsystems und – damit einhergehend – die Auflösung der quasi natürlichen Verbundenheit der vormals handwerklich Produzierenden mit dem Arbeitsprodukt durchsetzt, prognostiziert Rocker eine „vollständige Degeneration der produzierenden Klassen", die sich seiner Auffassung nach ähnlich wie der „religiöse Fatalismus" auswirken dürfte.[34]

Die mangelnden Einflußmöglichkeiten der Arbeiterschaft auf die Gestaltung der Produktion sind dabei ebenso ein Aspekt der Expropriation wie der Zwang zur Herstellung von minderwertigen Erzeugnissen und Kriegsmaterial,[35] der einer sinnbehafteten Identifikation mit dem Arbeitsprodukt entgegensteht. Die Verfügungsgewalt der politischen Institutionen, auch die über die repräsentative Demokratie vermittelte, ist vor allem ein Instrument zur Wahrung der individuellen Besitzverhältnisse.[36] Insofern gesteht Rocker der Dialektik des Klassenantagonismus weder für die aktuelle Situation noch für die Zukunft eine entscheidende dynamisch-funktionelle Bedeutung zu. Gleichwohl schätzt er die „täglichen Auseinandersetzungen zwischen Arbeiter und Unternehmertum“[37] als eine bewußtseinsbildende Grundvoraussetzung für eine soziale Transformation der Gesellschaft ein. Innerhalb einer Gesellschaftsformation bestimmt nicht eine soziale Schicht, sondern die jeweilige psychische Disposition die individuellen Persönlichkeitsprofile. Deshalb entscheidet „die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Klasse, Nation oder Rasse... noch lange nicht über das gesamte Denken und Fühlen des Einzelwesens".[38] Rocker demontiert zwar den geschichtsphilosophisch überhöhten Klassenbegriff, der dem Proletariat eine entscheidende historische Mission zuweist, als einen theoretischen Entwurf ohne universale Gültigkeit. Zur begrifflichen Erfassung und Analyse der gesellschaftlichen Realitäten fehlt es ihm jedoch an „einer sozialen Kategorie", da das Klassenkonzept für ihn „ganz undefinierbar ist und im besten Falle dem Soziologen nur als künstliches Hilfsmittel dienen kann".[39]

4. Die Herrschaftsfunktion der Etatismus

Rockers Gedanke einer föderativen Assoziation negiert den bürgerlich-liberalen Politikansatz, der dem parlamentarisch verfaßten Staat die ordnungspolitischen Aufgaben in der Gesellschaft zuweist.[40] Im zentralistisch ausgerichteten Staat sieht Rocker vor allem die übergesellschaftliche Instanz zur Wahrung der privaten Eigentumsrechte. Gemäß der Einschätzung Rockers setzte sich der Staatsgedanke in dem geschichtlichen Moment durch, als ein ökonomisch-technologischer Modernisierungsschub die munizipalen Strukturen der bis dahin kollektiven Ständegesellschaften auflöste und der religiöse und säkulare Absolutismus die nationalstaatlichen Rahmenbedingungen zur Unterstützung der Interessen des expandierenden Handelskapitals schuf. Die Primärfunktion des Nationalstaates besteht seither in der Aufrechterhaltung des status quo zugunsten des monopolisierten Eigentums: „Mit der Entwicklung des Privatbesitzes und der damit verbundenen Klassengegensätze entstand für die besitzenden Klassen die Notwendigkeit einer mit allen technischen Gewaltmitteln ausgerüsteten politischen Organisation – der Staat."[41] Die Zweckbestimmung der bürokratisierten Administration liegt demnach im vermittelnden Ausgleich zwischen den privaten Eigentums- und den staatlichen Eigeninteressen. Die latente Tendenz zur Bürokratisierung trägt wiederum zur Unselbständigkeit des Bürgers bei, da die allgegenwärtige Staatlichkeit regulierend in die Belange des Alltagslebens eingreift und auf Grund dessen als unhinterfragte Idee (und vermeintlich unverzichtbare Einrichtung) im allgemeinen Bewußtsein verinnerlicht wird. Die private wirtschaftliche Verfügungsgewalt erhält ein politisches Äquivalent, so daß Rocker argumentiert, daß „der moderne Einheitsstaat nichts anderes (ist) als das verkörperte Machtprinzip der besitzenden Klassen".[42] Staat und Kapitalismus sind daher unterschiedliche Erscheinungsformen einer einheitlichen Herrschaft, die sich gegenseitig bedingen, indem sie die sozialen Unterschiede stabilisieren. Rocker unterscheidet in seinen kulturphilosophischen Begrifflichkeiten zwischen den antagonistischen Gegensätzen „Volk" und „Nation" einerseits und „Gesellschaft" und "Staat" andererseits.[43] Der biologische Gesellschaftstrieb – verbunden mit den ethnischen Gemeinsamkeiten der Sprache und Gebräuche – bildet zusammen mit den jeweiligen klimatischen und geographischen Besonderheiten zunächst einmal die existentielle Lebenssphäre der Menschheit.[44] Die später auf die Gesellschaft oktroyierte Nation fungiert dabei als ein „künstlicher Mechanismus", der dem Staatsgedanken entstammt. Das katalysatorische Element für eine progressive Weiterentwicklung der Menschheit – die für Rocker untrennbar stets mit der Aufhebung des Nationalstaats verbunden bleibt – ist die Kultur. Deren Stand ist ebensowenig abhängig vom Grad der Entfaltung der Produktivkräfte wie von ethnischen Zugehörigkeiten. Unbedeutende Unterschiede ergeben sich allenfalls durch divergierende äußere Merkmale (Hautfarbe etc.) sowie infolge der kulturellen Eigenarten der vielfältigen Volksgruppen. Ethnische Differenzen sind dabei keine Legitimation für den Anspruch einer qualitativen Höherwertigkeit.[45] Die kulturellen Ausdrucksformen sind lediglich die natürlichen Äußerungen der Gesellschaft und keineswegs ein Produkt des artifiziellen Staates: „Staaten schaffen keine Kultur", so lautet die eigentliche Kernthese Rockers, „wohl aber gehen sie häufig an höheren Formen der Kultur zugrunde. Macht und Kultur sind im tiefsten Sinne unüberbrückbare Gegensätze... Ein mächtiger Staatsapparat ist das größte Hindernis für jede kulturelle Entwicklung.“[46]

Rockers Interpretationen der menschlichen Soziabilität orientieren sich primär an den idealtypischen Vorstellungen des Anarchismus, besitzen eine kulturanthropologische Ausgangsbasis und ebenfalls eine – wenn auch untergeordnete – ökonomisch-materielle Dimension. In seiner wenig beachteten Schrift „Die Rationalisierung der Wirtschaft und die Arbeiterklasse" unternimmt Rocker im Jahr 1927 den für ihn einmaligen Versuch einer ökonomischen Analyse. Darin attestiert er „der allgemeinen Arbeiterbewegung" eine „immer weiter um sich greifende Verbürgerlichung". Bedingt durch ihre nationale Fixierung sei die Arbeiterschaft längst ein „notwendiger Bestandteil der kapitalistischen Weltordnung" geworden.[47] Der Vorstoß zur Etablierung einer korporativen Allianz aus Gewerkschaften, Kapital und Staat, der 1926 noch in einer frühen Phase scheitert,[48] ist für Rocker bereits ein Indikator für den Übergangsprozeß vom „alten Privatkapitalismus" zum international vernetzten „Kollektivkapitalismus in Form der Trusts und Kartelle". War das „parlamentarische Regiment die bequemste Staatsform" der marktwirtschaftlichen Konkurrenz, so diagnostiziert er jetzt eine „offenkundig reaktionäre Tendenz in der modernen Wirtschaft", die mit Vehemenz „stärkere(n) politische(n) Herrschaftsformen” protegiere.[49] Von daher prognostiziert Rocker eine Periode des „offenen oder maskierten Faschismus", in der die wirtschaftlichen Organisationen der Arbeiterbewegung als gesellschaftliche Gegenkräfte vollkommen ausgeschaltet werden könnten.[50] Ohne größere Erwartungen an die kooperationsbereiten und parlamentarisch fixierten Organisationen der deutschen Arbeiterbewegung zu richten, plädiert er für den „Zusammenschluß internationaler revolutionärer Wirtschaftsorganisationen", um „eine Basis für solidarische Aktionen zu schaffen, die über die Grenzen des eigenen Landes hinausreichen".[51]

Im Sieg des Nationalsozialismus erkennt der langjährige Sekretär der anarchosyndikalistischen Internationale später das „logische Ergebnis einer langen Entwicklung",[52] die schließlich in der „würdelose(n) Schwäche der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften" sowie der „freiheitsfeindliche(n) und autoritäre(n) Einstellung"[53] der KPD kulminierte. Die kommunistischen Parteien hätten die „Rechte und Freiheiten des Bürgers" als ein „kleinbürgerliches Vorurteil" abklassifiziert und deshalb die „Sozialdemokraten als Sozialfaschisten" diffamiert, weil diese wiederum „zunächst die Republik sicher stellen wollten und aus diesem Grunde jeden Versuch einer Umwälzung im Sinne des Sozialismus unter den gegebenen Umständen ablehnten".[54] Die eigentlichen historischen Vorbedingungen des Faschismus bzw. Nationalsozialismus verortet Rocker bereits in den nationalen Einheitsbestrebungen des 19. Jahrhunderts. „Selbst dort", so bemerkt er während des spanischen Bürgerkriegs, „wo die sogenannte nationale Vereinigung von grösseren Volksbewegungen getragen wurde wie in Italien und Deutschland, lag diesen Bewegungen stets ein reaktionärer Gedanke zugrunde, der folgerichtig zu den schlimmsten Ergebnissen führen musste. Daran ändern auch die revolutionären Methoden nichts, zu denen der Nationalismus des öfteren seine Zuflucht genommen hat... Von der politischen Theologie Mazzinis bis zum Faschismus Mussolinis ist es nur ein Schritt; das Reich Bismarcks war eben nur die Nabelschnur zum Dritten Reich Hitlers."[55]

Dennoch gesteht Rocker Volksbewegungen ethnischer Minderheiten ein grundsätzliches Selbstbestimmungsrecht zu. Unter einer Fremdherrschaft träten deren natürliche psychische und kulturelle Veranlagungen sogar deutlicher hervor und böten daher eine Schutzfunktion zur notwendigen Erhaltung des Volksganzen. Vor dem Hintergrund des gegenwärtig wieder aktuellen Separatismus erscheinen Rockers Einschätzungen dieser Problematik durchaus plausibel, zumal er die nach dem Ersten Weltkrieg erfolgte Neuordnung Europas überaus klarsichtig kommentiert: „Dieselben nationalen Minderheiten, die sich früher nicht genug empören konnten über die Gewalt, die ihnen von fremden Bedrückern angetan wurde, erweisen sich heute, wo sie das Ziel ihrer Wünsche erreicht haben, als die schlimmsten Bedrücker der nationalen Minderheiten in ihren eigenen Ländern... Polen, Jugoslawien und die Randstaaten zwischen Deutschland und Russland sind klassische Beispiele dafür. Das ist ganz natürlich, denn auch die kleinen Staaten sind immer bestrebt in die Fusstapfen der Grosstaaten zu treten und deren Gepflogenheiten nachzuahmen."[56]

5. Der Rekurs auf den politischen Liberalismus

Als ein Amalgam aus einer kulturphilosophischen Geschichtsauffassung, einer anthropologischen Sozialethik und einer metaphysischen Kritik des Materialismus ist Rockers Kritik des staatlichen Autoritätssystems von einigen auffälligen Übereinstimmungen mit den Kernthesen des liberalen Staatskritikers Konstantin Frantz (1817-1891) gekennzeichnet. Schon Frantz, für den „Staat und Gesellschaft grundwesentlich verschieden" waren, forderte die „Selbstverwaltung durch Dezentralisation".[57] Ebenso negierte er den konstitutionellen Parlamentarismus und forderte ein korporativ-genossenschaftliches System auf einer lokalen oder territorialen Basis, das „idealrealistisch" in eine transnationale Völkergemeinschaft einzugliedern sei.[58] In Übereinstimmung mit diesen Grundthesen teilt Rocker die Überzeugung, daß allein der ausgleichende Föderalismus in der Lage sei, das problematische Beziehungsgeflecht zwischen Individuum und Gesellschaft in einer allgemein akzeptablen Form aufrechtzuerhalten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg lösen Rockers Vorstellungen von einer föderalistischen Weltassoziation freier Völker den von ihm bis in die zweite Hälfte der dreißiger Jahre eingeforderten anarchosyndikalistisch-proletarischen Internationalismus ab. Der klassenkämpferische Radikalismus der „Prinzipienerklärung des Syndikalismus" bleibt in Rockers Gesamtwerk ohnehin eine rhetorische Ausnahmeerscheinung, die sicherlich aus dem zeitgeschichtlichen Kontext zu interpretieren ist. Rocker war eben „kein Mann von der Straße und des Streiks, sondern ein Mann der Studierstube und des Vortragssaales. Seine Philosophie war weniger klassenkämpferisch als allgemeinmenschlich, und der syndikalistisch-gewerkschaftliche Anteil darin blieb eigentlich sekundär".[59] Andererseits scheint auch das Verdikt Max Webers über den „Paria-Intellektualismus" einer „deklassierte(n) Intellektuellenschicht, welche einen religionsartigen Glauben an die sozialistische Eschatologie" pflegt, wenig zutreffend, zumal der humanistisch gesinnte Autodidakt Rocker der Handwerkerschaft entstammte und von daher wohl kaum den gängigen Klischees eines „'akademischen Elementes‘“ im Syndikalismus entsprach.[60] In Rockers späten Schriften überwiegt schließlich ein ultraliberales Politikverständnis, das eher an einer evolutionären Entwicklung innerhalb demokratischer Verhältnisse als an der kompromißlosen Durchsetzung revolutionärer Ziele orientiert scheint.[61] Angesichts seiner methodischen Vorgehensweise und seines kulturbezogenen Geschichtsverständnisses waren derartige Modifikationen unter den veränderten politischen Rahmenbedingungen des Kalten Krieges für Rocker naheliegender als ein uneingeschränktes Votum für eine Arbeiterbewegung, die sich seiner Meinung nach ohnehin in einem systemstabilisierenden Integrationsprozeß befand. Die sozialistische Bewegung hatte seiner Auffassung nach als „Testamentsvollstrecker des Liberalismus" versagt, denn mit dem „Hineinwachsen der Arbeiterbewegung in die Interessensphäre des nationalen Staates" habe sie sich letzten Endes auch mit der „monopolistischen Wirtschaftsordnung" abgefunden.[62]

Es ist wiederholt und sicher zu Recht darauf hingewiesen worden, daß sich der vormalige sozialistische Handwerkergeselle mit seiner „vehementen Ablehnung und den Widerlegungsversuchen marxistischer Theorie und Praxis" ausschließlich auf die ideologischen Interpretationen sozialdemokratischer und leninistischer Provenienz konzentrierte, ohne die emanzipatorischen Leitmotive im Marxschen Werk zur Kenntnis zu nehmen.[63] Der Marxismus erschien ihm mithin als eine „fatalistische Wirtschaftsmetaphysik" eines „ins Oekonomische" übersetzten „politische(n) Absolutismus".[64] Das bei den Nachfolgern von Marx und Engels vielfach dominierende reduktionistische Basis-Überbau-Schema verwirft Rocker schon aufgrund der dabei einseitig betonten Dominanz der Ökonomie, hinter der die menschliche Einzelpersönlichkeit zurücktritt.[65] Folgenschwer wirkte sich dieser dezidierte Antimarxismus vor allem deshalb aus, weil er zu einer taktischen Inflexibilität führte, die der FAUD(S) jedwede Perspektive eines Aktionsbündnisses mit den linksradikalen Gruppierungen (Räte- und Linkskommunisten) im Widerstand gegen den Nationalsozialismus verstellte. Zweckgemeinschaftliche Verbindungen mochte Rocker allenfalls mit den Kultur- und Selbsthilfeorganisationen der Arbeiterbewegung eingehen.[66]

Ähnlich wie die jüngsten historischen Ereignisse die politische Orientierung mancher Intellektuellen in der Bundesrepublik verschoben haben,[67] so wirkten die Erfahrungen von Krieg, Nationalsozialismus und Exil auf Rudolf Rockers Weltbild derart einschneidend, daß für ihn die „Begriffe von rechts und links... jeden Sinn verloren" hatten.[68] Im us-amerikanischen Exil war Rocker seit 1934 als Bildungsreferent der "International Ladies Garment Workers Union" (ILGWU) aktiv und schrieb - als einer der maßgeblichen Autoren - für das von der ILGWU mitfinanzierte Organ „Freie Arbeter Shtimme", in dem ebenso traditionell anarchistische wie krypto-zionistische und auch liberal antikommunistische Positionen vertreten waren.[69] In seinen in den vierziger und fünfziger Jahren veröffentlichten Schriften bemühte er sich dann mit Nachdruck um eine theoretische Ableitung seines Kurswechsels anhand einer nach (damals) aktuellen Gesichtspunkten vorgenommenen Neuinterpretation der anarchistischen Klassiker. Dieser „Revisionismus in seinem ursprünglichen Sinn"[70] betraf nicht zuletzt die Modifizierung des Anarchismus als eine vormals primär proletarische Weltanschauung. In Zusammenarbeit mit den früheren FAUD-Mitgliedern Helmut Rüdiger, Fritz Linow und Augustin Souchy vermochte er damit für den FAUD-Nachfolgekonventikel „Föderation freiheitlicher Sozialisten" (FFS) eine programmatische, organisatorische und strategische Kehrtwende festzuschreiben. Dabei bot Rockers kulturphilosophischer Idealismus den methodischen Rahmen für die Reduktion der anarchistischen Revolutionsvorstellungen auf die Unmittelbarkeit des realpolitisch Erreichbaren. Im „Interimszustand" eines scheinbaren machtpolitischen Vakuums, in dem sich Westdeutschland während der Phase der alliierten Kontrollhoheit bis zur Wiedererlangung der hoheitsstaatlichen Souveränität befand, sahen die Protagonisten der ehemaligen FAUD günstige Ausgangsbedingungen für die „politische Zielsetzung eines europäischen Bundes... mit dem Gehalt des Sozialismus".[71] Zunächst erschien ihnen die Wiedereinsetzung der bürgerlich-liberalen Freiheitsrechte als „der einzige Weg, die soziale Entwicklung auf neue Bahnen zu lenken".[72] An die Stelle der vermeintlichen „Revolutionsmythologie" des Linksradikalismus trat nun die Idee der „soziale(n) Evolution"[73] im Rahmen einer mit verfassungsrechtlichen Freiheitsrechten ausgestatteten demokratischen Sphäre, die durch eine breite soziale Bewegung gesichert und dann allmählich in Form und Inhalt erweitert werden sollte. Die Zielvorstellungen der FFS gingen dahin, dem theoretischen Bezugsrahmen zur Verwirklichung dieses frühliberalistischen Freiheitsideals abseits der kapitalistischen Wirtschaftsordnung eine konstitutionelle Struktur zu geben. Ein kategorischer Antikommunismus lieferte dabei die Argumente für die Synthese von liberalen und sozialistischen Vorstellungen, die besonders Rocker für einen zufriedenstellenden Ausgleich zwischen den individuellen Freiheitsrechten und der sozialistischen Gerechtigkeit für unabdingbar hielt.[74] Einwirkungsmöglichkeiten im Sinne eines längerfristigen libertären Umgestaltungsprozesses versprach sich Rocker dabei am ehesten von einer minoritären Gemeinschaft, durch die „alle Beziehungen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens mit ethischen Grundsätzen durchgeistigt"[75] werden sollten. Eine dreigeteilte Basis für eine derartig umfassende Emanzipationsaufgabe bot sich ihm auf der Gemeindeebene (föderaler Munizipalsozialismus), im Rahmen einer partizipatorischen Einflußnahme in den Gewerkschaften und Betriebsräten, sowie innerhalb der bestehenden Genossenschaften, die er zu Trägern einer profitlosen Bedarfswirtschaft umzufunktionieren gedachte.[76] Die angesichts dieser ambitionierten Aufgaben völlig insuffiziente FFS blieb indessen ohne nennenswerte Anhängerschaft in der bundesrepublikanischen Nachkriegsgesellschaft und löste sich dementsprechend bereits Anfang der fünfziger Jahre auf.

6. Fazit und einige Randbemerkungen zur aktuellen Situation

Wie jede libertäre Gesellschaftskritik stellt auch die in diesem Aufsatz dargestellte Variante die Unzulänglichkeiten des repräsentativen Parteienstaats heraus, indem auf dessen machterhaltende Funktion für die herrschenden Eliten hingewiesen wird. Alternativ dazu wird auch hier das Gestaltungspotential von außerparlamentarischen Sozialbewegungen favorisiert. Nach den von ihm durchlebten Erfahrungen blieb für Rocker die Gefahr einer Transformation des Staatsapparates in ein Instrument eines totalitären Herrschaftssystems ein allgegenwärtiges Risiko. Rocker wollte dagegen die Dynamik sozialer Bewegungen in die Richtung maximaler Ziele lenken, indem er die Überwindung des Nationalstaates anvisierte, den er für Militarismus, Imperialismus und Krieg verantwortlich hielt.

Der „freiheitliche" und „konstruktive" Sozialismus Rockers vermittelt zuweilen den Eindruck eines den Konstellationen der Nachkriegsgesellschaft und den Bedingungen des Kalten Krieges angepaßten libertären Erklärungsmodells, dessen Argumentationslinien sich unter Hervorhebung der nichtrevolutionären Traditionen des Anarchismus in den von der damaligen Politik diktierten Diskursen von Antikommunismus, Liberalismus und verfassungsrechtlichem Legalismus bewegen.[77] Damit antizipierte er in gewisser Hinsicht die defensive Haltung der inzwischen weitgehend systemkonformen „Neuen Sozialen Bewegungen" gegen den schrittweisen Abbau gesetzlich festgeschriebener Freiheitsrechte, die seit der zunehmenden Etablierung neoliberalistischer Marktkonzepte den Kampf um eine universelle Neuordnung abgelöst hat. Rockers liberalistische Revision des Anarchismus versuchte den libertären Kerngehalt der anarchistischen Theorien zu bewahren. Auch mit seinem Abschied von dem traditionellen revolutionären Subjekt des Anarchismus – der Arbeiterschaft – stand er noch auf dem Boden anarchosozialistischen Gedankengutes. Doch selbst die Option für diesen historischen Kompromiß besaß in der deutschen Nachkriegsrealität weder eine realistische Chance, der sozioökonömischen Integrationskraft der keynesianistisch abgefederten Marktwirktschaft entgegenzuwirken, noch die Potenz, um die anstehende Restauration der tradierten Macht- und Eigentumsverhältnisse abzuwenden. Der allmähliche Umorientierungsprozeß des alternden Libertären Rocker, der sich bis zur Mitte der zwanziger Jahre zurückzuverfolgen läßt, erfolgte andererseits ganz und gar aus innerem Antrieb und war keinesfalls der Ausdruck eines prinzipienlosen Opportunismus' oder bürgerlichen Antibolschewismus'. In der internationalen anarchistischen Bewegung galt Rocker nahezu unwidersprochen als äußerst integre Persönlichkeit. Seine idealistische „Gesinnungsethik" war dabei durchaus „von dieser Welt";[78] seinem emanzipatorischen Kultursozialismus kann jedenfalls nicht der Vorwurf gemacht werden, es handele sich um einen dogmatischen oder orthodoxen Anarchismus.

Noch stärker als der Generationenkonflikt zwischen den Vorkriegsanarchisten und der Nachkriegsjugend kontrastierte die pragmatische Grundhaltung der libertären Revisionisten mit der (kultur)radikalen Bewegung der sechziger Jahre. Mit den tradierten Arbeitermilieus erodierten seit den fünfziger Jahren schließlich auch die libertären Restgruppierungen, so daß deren Protagonisten - trotz einer breiten Renaissance der anarchistischen Ideen in studentischen und subkulturellen Kreisen - mit ihrem Postulat eines freiheitlichen Sozialismus im Rahmen eines föderativen Europa auf allenfalls geringe Resonanz stießen. Die in der Zahl erheblich dezimierten Altlibertären vermochten schon in den von Arbeiterkreisen mitgetragenen Protestmilieus gegen die Militarisierung und Wiederbewaffnung keinen nennenswerten Einfluß auszuüben. Ihrer Sozialisation in der Arbeiterbewegung entsprechend engagierte sich ein nicht unerheblicher Teil der mittleren Funktionärsschicht der ehemaligen FAUD nach 1945 in der KPD, der SPD und/oder den Gewerkschaften. Für die radikalisierte Studentenschaft, sofern diese die vorausgegangenen Debatten in dem FFS-Organ „Freie Gesellschaft" überhaupt wahrgenommen haben sollte (was im übrigen unwahrscheinlich ist), vermittelten die libertären Reformismen der FFS keine gegengesellschaftlichen Perspektiven, zumal sie wenig Ansätze für einen kompromißlosen Aktionismus boten.

Nach dem Abebben der auch in den „Neuen Sozialen Bewegungen" der siebziger und achtziger Jahren kurzzeitig nachwirkenden Anarchismuswelle versucht die libertäre Szene das inzwischen virulente Ideologievakuum durch eine Mischung aus anarchistischer Geschichts- und Theorieaufarbeitung sowie durch eine Anknüpfung an aktuelle gesellschaftliche Diskurse (Feminismus, Friedens- und Ökologiebewegung, Kommunalismus, political correctness etc.) auszufüllen, ohne indessen erfolgreich an organisatorischen Konturen gewinnen zu können.[79] Abseits chiliastischer Revolutionsmythologien stagnieren seitdem die Revitalisierungsversuche der „(theoretisch) ungelösten anarchistischen Zentralfragestellungen" und es gibt keine Anzeichen dafür, die viel beschworene „Kluft zwischen Theorie und Praxis zu überbrücken".[80] Als theoretische Projektionsfläche und aktionistische Identifikationsmöglichkeit für die studentische Protestbewegung schienen sich zunächst die „revolutions- und organisationstheoretische(n) Prinzipien Bakunins" zu eignen, die relativ problemlos mit dem antiautoritären Marxismus der radikalisierten Jungintellektuellen korrespondierten.[81] Auch die späteren Erwartungen hinsichtlich einer nachhaltigen katalysatorischen Wirkung neoanarchistischer Fermente innerhalb der „Neuen Sozialen Bewegungen" erfüllten sich bestenfalls ansatzweise, wenn man eine eher intuitiv-eklektische Aneignung einer ethischen Wertorientierung und die Übernahme gewaltfreier Interventionsmethoden („direkte Aktion") innerhalb des Spektrums diverser Teilbewegungen voraussetzt.[82] Die Krise und der Niedergang der durch „Bündnis 90/Die Grünen" inzwischen parlamentarisch absorbierten „Neuen Sozialen Bewegungen" führten auch im labil strukturierten Neoanarchismus zu desintegrativen Effekten.

Die Politik der Libertären ist in den neunziger Jahren überwiegend auf die Kritik des eigenen oder angrenzenden linksalternativen Lagers reduziert. Interne Diskurse entwickeln sich oftmals aufgrund vermeintlich nationalistischer und rechtslastiger Abweichungen, sogenannter patriarchaler Verhaltensweisen libertärer Männer (seit einigen Jahren ist dies anscheinend Standardthema) und vom unausgesprochenen Konsens vorgeblich abweichender Praktiken (vormals) alternativer Zeitungen oder anderweitig selbstverwalteter Projekte usw.[83] Die libertäre Praxis reduziert sich auf ein verhaltenstherapeutisches Niveau, in dem die Korrektur autoritärer (patriarchalischer) „Umgangsformen" „als Alternative zum Staat bzw. zur Verstaatlichung" propagiert wird.[84] Diese extreme Selbstbezogenheit ist nicht nur Ausdruck gegengesellschaftlicher Ohnmacht und sozialer Isolation, sondern kennzeichnet auch die zunehmenden Entfremdungserscheinungen im eigenen Lager. Als die libertäre Bewegung der Bundesrepublik in ihrem gesamten Spektrum in zwei Großveranstaltungen („Libertäre Tage") öffentlich in Erscheinung trat, führte die ansonsten so gerne positiv herausgestellte heterogene Zusammensetzung zu heftigsten Auseinandersetzungen.[85] Von einer gesamtgesellschaftlichen Bedeutung der bundesrepublikanischen Libertären kann, trotz einiger Aktivitäten am Rande punktuell relevanter sozialer Bewegungen, sicher keine Rede mehr sein, wenngleich dem gegenwärtigem (Projekt)-Anarchismus zuweilen noch eine zivilgesellschaftlich innovative Funktion beigemessen wird.[86]

Rudolf Rocker kann heute, gerade auch angesichts der ausgesprochen desolaten Situation des libertären Milieus, als der letzte bedeutende Denker der traditionellen anarchistischen Schule eingeschätzt werden, der, im Gegensatz zu den meisten der heutigen Partialbewegungen, einen ganzheitlichen Theorieentwurf besaß und vertrat. Die Zivilisationsleistungen der institutionell-bürokratischen Staatsform beschränkten sich für ihn auf die Stabilisierung einer destruktiven Industriegesellschaft. Die von den Individuen verinnerlichten Formen der sozialen Kontrolle sowie die fortschreitende Kommerzialisierung sämtlicher sozialer Beziehungen scheinen dabei kollektive Abweichungen vom medial vermittelten Grundkonsens beständig zu unterbinden. Zudem werden die nach wie vor existenten Interessengegensätze subjektiv kaum noch als Ansatzpunkte für tiefergreifende Veränderungen wahrgenommen. Andererseits haben sich bislang alle Optionen auf eine grundlegenden Transformation des Bestehenden von einer nur beschränkten Tragweite erwiesen. Angesichts der omnipräsenten Wirksamkeit der konsumgesteuerten Individualisierungsschübe, die in der Regel solidarischen Alternativen entgegenwirken, kann gar von einer formalen Demokratisierung der Herrschaftsverhältnisse ausgegangen werden. Auch scheint ein grundsätzliches Problem darin zu bestehen, eine mögliche Radikalisierung breiter sozialer Bewegungen mit konkreten politischen Inhalten auszufüllen und diese dauerhaft in einem organisatorischen Rahmen zu stabilisieren.

Verzeichnis der wichtigsten in deutscher Sprache erschienenen Erstveröffentlichungen Rudolf Rockers:

Keine Kriegswaffen mehr! Rede gehalten auf der Reichs-Konferenz der Rüstungsarbeiter Deutschlands abgehalten vom 18. bis 22. März 1919 in Erfurt, Erfurt o. J. (1919);

Zur Geschichte der parlamentarischen Tätigkeit in der modernen Arbeiterbewegung, Berlin o. J. (1919);

Sozialdemokratie und Anarchismus, Berlin o. J. (1919);

Prinzipienerklärung des Syndikalismus, Berlin o.J. (1920);

Anarchismus und Organisation, Berlin o. J. (1921);

Der Bankerott des russischen Staatskommunismus, Berlin 1921;

Über das Wesen des Föderalismus im Gegensatz zum Zentralismus. Vortrag, gehalten auf dem 14. Kongreß der F.A.U.D., 19.- 22. November 1922 in Erfurt, Berlin 1923;

Grundlagen des revolutionären Syndikalismus. Prinzipienerklärung der Internationalen Arbeiter-Assoziation, Berlin 1923;

Johann Most. Das Leben eines Rebellen (Memoiren und Biographien weltbekannter sozialistischer Persönlichkeiten, Band II), Berlin 1924;

Nachtrag zu Johann Most, Berlin 1925;

Hinter Stacheldraht und Gitter. Erinnerungen aus der englischen Kriegsgefangenschaft, (Memoiren und Biographien weltbekannter sozialistischer Persönlichkeiten, Band LLI), Berlin 1925;

Der Kampf ums tägliche Brot, Berlin 1925;

Vom anderen Ufer (Dichter und Rebellen. Eine neue Schriftenreihe, Band IV), Berlin 1926;

Die Rationalisierung der Wirtschaft und die Arbeiterklasse, Berlin 1927;

Die Sechs (Dichter und Rebellen. Eine neue Schriftenreihe, Band VII), Berlin 1928;

Die Entscheidung des Abendlandes, 2 Bde., Hamburg 1949;

Zur Betrachtung der Lage in Deutschland. Die Möglichkeit einer freiheitlichen Bewegung, New York/London/Stockholm 1947;

Der Leidensweg der Zensl Mühsam, Frankfurt a.M. o. J. (1949);

Absolutistische Gedankengänge im Sozialismus, Darmstadt o. J. (1949);

Heinrich Heine. Ein deutscher Dichter als Prophet, Darmstadt, o.J. (1953);

Milly Witkop-Rocker, Berkeley Heights/New Jersey 1956;

Aus den Memoiren eines deutschen Anarchisten (hrsg. von Magdalena Melnikow und Hans Peter Duerr), Frankfurt a.M. 1974;

Die spanische Tragödie (Mit einer Einleitung von Rudolf de Jong), Berlin 1976;

Max Nettlau. Leben und Werk des Historikers vergessener sozialer Bewegungen, Berlin 1978;

Anarchismus und Anarcho-Syndikalismus, Berlin 1979;

Aufsatzsammlung, Bd. 1: 1919-1933; Bd. 2: 1949-1953, Frankfurt a.M. 1980;

Fritz Kater. Ein Leben für den revolutionären Syndikalismus. Biographie von Fritz Kater, Hamburg 1985.

[1] Rudolf Rocker (1873-1958) war von Beruf Buchbinder und gehörte in seiner Jugend der radikalen sozialdemokratischen Parteiopposition der „Jungen" in Mainz an. Um einer Verhaftung und der Einberufung zum Militärdienst zu entkommen, emigrierte er 1892 zunächst nach Paris, dann nach London. Ohne selbst Jude zu sein, engagierte er sich dort in der entstehenden östjüdischen Gewerkschaftsbewegung und stand überdies in engen Kontakten zu den bekanntesten Protagonisten der internationalen anarchistischen Bewegung. Wegen antimilitaristischer Aktivitäten nach Beginn des Ersten Weltkriegs in England interniert, kehrte er 1919 nach Deutschland zurück, wo er maßgeblich die ideologische Neuorientierung des Syndikalismus in Richtung des kommunistischen Anarchismus mitbestimmte. Rocker galt seit den zwanziger Jahren als der einflußreichste Theoretiker und Sprecher der deutschen, wie auch der internationalen libertären Bewegung. Zur Biographie Rockers siehe Heiner M. Becker, Rudolf Rocker im Exil, in: Anarchismus im Umkreis Erich Mühsams (Schriften der Erich Mühsam Gesellschaft, Heft 7/1995), S.43-62; Paul Buhle, Rocker, Rudolf (1873-1958), in: Mari Jo Buhle/ Paul Buhle/ Dan Georgakas (Hrsg.), Encyclopedia of the American Left, Urbana/Chicago 1992, S.657f.; William F. Fishman, East End Jewish Radicals 1875-1914, London 1975, S.227ff.; Minna Graur, An Anarchist-Rabbi. The Life and Teachings of Rudolf Rocker, New York 1997; Wolfgang Haug, Rudolf Rocker, in: Anarchismus im Umkreis Erich Mühsams (Schriften der Erich Mühsam Gesellschaft, Heft 7/1995), S.63-80; Bert Hoffmann, Rudolf Rocker. Ein Mainzer Emigrant in Paris (1892-1894), Magisterarbeit, Universität Mainz 1980; Folkert Mohrhof, Rudolf Rocker und die soziale Befreiung. Zur Aktualität des Anarchosyndikalismus am Beispiel seines deutschen Vertreters, in: Wolfram Beyer (Hrsg.), Anarchisten. Zur Aktualität anarchistischer Klassiker, Berlin 1993, S.101-114; Hartmut Rübner, Rudolf Rocker, in: Manfred Asendorf/Rolf von Bockel (Hrsg.), Demokratische Wege. Deutsche Lebensläufe aus fünf Jahrhunderten. Ein Lexikon, Stuttgart/Weimar 1997, S.524-526; ders., Rudolf Rocker, in: Hans Jürgen Degen (Hrsg.), Lexikon der Anarchie/Encyclopaedia of Anarchy/Lexique de l'anarchie Bd.2, Bösdorf 1996 (= Erg.-Lfg. 4), S.1-7; Peter Wienand, Der „geborene" Rebell. Rudolf Rocker. Leben und Werk, Berlin 1981; Margaret Vallance, Rudolf Rocker – a biographical Sketch, in: Journal of Contemporary History, 3/1973 (Vol. 8), S.75-95.

[2] Vgl. Daniel Guérin, Anarchismus. Begriff und Praxis, Frankfurt a. M. 1967, S.57f.

[3] Dazu trugen sicher auch die Pressekampagnen bei, in denen die Attentate als populistische Argumentationshilfen gegen die anarchistische Bewegung dienten. Als exemplarisches Fallbeispiel sei hier auf die „Haymarket-Affäre" im Jahre 1886 verwiesen, die in einem gravierenden Maß zur nachhaltigen Isolierung der Anarchisten in der US-Arbeiterbewegung beitrug. Vgl. zu diesem Ereignis und zu weiteren Literaturangaben Michael Bovenschen, Haymarket, in: Hans Jürgen Degen (Hrsg.), Lexikon der Anarchie, a.a.O. , Bd. 1 .

[4] Vgl. z. B. Peter Kropotkin, Syndikalismus und Anarchismus, Berlin o.J. (1921).

[5] Vgl. dazu Edgar Weick, Theorien des Streiks, in: Dieter Schneider (Hrsg.), Zur Theorie und Praxis des Streiks, Frankfurt a. M. 1971, S.97-154; hier S.109ff.

[6] Vgl. Pierre Monatte, Errico Malatesta und andere, Syndikalismus – Weg oder Ziel?, in: Erwin Oberländer (Hrsg.), Der Anarchismus, Olten/Freiburg i. Br. 1972, 335 ff.

[7] Detaillierte Hinweise zur Rezeption und Wirkung von Rockers Werk vermitteln folgende Darstellungen: Günter Bartsch, Anarchismus in Deutschland, Bd. I: 1945-1965, Hannover 1972; Hans Manfred Bock, Syndikalismus und Linkskommunismus von 1918 bis 1923. Ein Beitrag zur Sozial- und Ideengeschichte der frühen Weimarer Republik, Darmstadt 1993; Wolfgang Haug, „Der Geist der Abhängigkeit ist gewaltig gestärkt worden..." Zum Werk und zur Person Rudolf Rocker, in: Schwarzer Faden, 4/1995 (16. Jg.), S.52-61; Marcel Hedinger, Die Marxismuskritik von Rudolf Rocker, Lizentiatsarbeit, Zürich 1986; Mittwochsgruppe Frankfurt a. M., Rockers Beitrag zur Kritik des Nationalismus, in: Graswurzelrevolution 171-173/1992 (21. Jg.): „... und nie davon träumt, Zahn oder Messer zu sein." Texte zu Anarchismus und gewaltloser Revolution heute, S.71-75; Hartmut Rübner, Freiheit und Brot. Die Freie Arbeiter-Union Deutschlands. Eine Studie zur Geschichte des Anarchosyndikalismus, Berlin/Köln 1994; Nicolas Walter, Rudolf Rocker's Anarcho-Syndicalism, in: The Raven, 4/1988 (Vol. 1), S.351-360; Angela Vogel, Der deutsche Anarcho-Syndikalismus. Genese und Theorie einer vergessenen Bewegung, Berlin 1977. In dem Aufsatz von Günter Bartsch, Rudolf Rocker – Die Freiheit will gelebt werden, sonst bringt sie dich um, in: Ders., Wer die Freiheit nicht lebt, den tötet sie. Portraits einiger Denker und Täter, Tübingen 1995, S.79-101, wird der freiheitliche Sozialist Rocker in einen inhaltlich nicht nachvollziehbaren Zusammenhang mit dem Klassenkonzept des nationalrevolutionären SPD-Renegaten August Winnig gebracht.

[8] Vgl. Peter Wienand, Der „geborene" Rebell, a.a.O., S.218.

[9] Vgl. Ulrich Linse, Die Transformation der Gesellschaft durch die anarchistische Weltanschauung. Zur Ideologie und Organisation anarchistischer Gruppen in der Weimarer Republik, in: Archiv für Sozialgeschichte, Bd. XI, Hannover 1971, S.289-372; hier S.364.

[10] Erwin Oberländer, Einführung zum Kapitel „Anarchismus und Gewerkschaftsbewegung", in: Ders., (Hrsg.), Der Anarchismus, a.a.O., S.305.

[11] Vgl. dazu Hans Manfred Bock, Die Geschichte des linken Radikalismus. Ein Versuch, Frankfurt a. M. 1976, S.38-73; Dirk H. Müller, Idealismus und Revolution. Zur Opposition der Jungen gegen den sozialdemokratischen Parteivorstand 1890 bis 1894, Berlin 1975; ders., Gewerkschaftliche Versammlungsdemokratie und Arbeiterdelegierte vor 1918, Berlin 1985, S.146-197; Hartmut Rübner, Freiheit und Brot, a.a.O., S.13-32; Peter Wienand, Revoluzzer und Revisionisten. Die „Jungen" in der Sozialdemokratie vor der Jahrhundertwende, in: Politische Vierteljahresschrift, 2/1976 (17. Jg.), S.208-241.

[12] Folgende Abhandlungen konnten in der „Freien Vereinigung deutscher Gewerkschaften" bekannt sein: Antimilitarismus und Generalstreik. Der von dem Herrn Legien und Sassenbach unterdrückte Bericht Confédération Genérale du Travail, welcher dem Kongreß der Gewerkschaftssekretäre zu Dublin vorgelegt wurde, Berlin 1904; Paul Delesalle, Die zwei Methoden der Gewerkschaftsbewegung, Bruessel 1910; Anton Acht, Der moderne französische Syndikalismus, Jena 1911; Felicién Challaye, Revolutionärer Syndikalismus und reformistischer Syndikalismus, Tübingen 1913; Heinrich Harpuder, Die theoretische Basis des Syndikalismus, in: Sozialistische Monatshefte, 21/1908 (12.Jg.), S. 1327-1333; Emile Pouget, Die Gewerkschaft. Mit einem Vorwort von Max Tobler, Zürich o. J. (1907); Hubert Lagardelle, Die syndikalistische Bewegung in Frankreich, Tübingen 1908; Christian Cornélissen, Über den internationalen Syndikalismus, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Bd. 30/1910, S.148-175; Charles Ogden, Der Syndikalismus in England, Tübingen 1913; Arnold Roller, Die direkte Aktion. Revolutionäre Gewerkschaftstaktik, New York 1912; ders., Der soziale Generalstreik, New York 1905.

[13] Zusammenhang mit dem Ende der zwanziger Jahre erfolgenden Generationswechsel in der Leitungsriege der FAUD erfolgte eine theoretische Neuorientierung in Richtung einer „freiheitlichen" Sozialismuskonzeption. Vgl. zur Theoriedebatte in der FAUD in den zwanziger und dreißiger Jahren Hartmut Rübner, Freiheit und Brot, a.a.O., S.141-157.

[14] Vgl. Pierre Ramus, Generalstreik und direkte Aktion im proletarischen Klassenkampfe, Berlin 1910.

[15] Als Überblicksdarstellungen siehe Volker Arnold, Rätebewegung und Rätetheorien in der Novemberrevolution, Hannover 1985; Helmut Dähn, Rätedemokratische Modelle. Studien zur Rätediskussion in Deutschland 1918-1919, Meisenheim a. G. 1975; Eberhard Kolb, Die Arbeiterräte in der deutschen Innenpolitik 1918-1919, Frankfurt a. M./Berlin/Wien 1978; Peter von Oertzen, Betriebsräte in der Novemberrevolution. Eine politikwissenschaftliche Untersuchung über Ideengehalt und Struktur der betrieblichen und wirtschaftlichen Arbeiterräte in der deutschen Revolution 1918/19, Berlin/Bonn/Bad Godesberg 1976; Walter Tormin, Zwischen Rätediktatur und sozialer Demokratie. Die Geschichte der Rätebewegung in der deutschen Revolution von 1918/19, Düsseldorf 1954.

[16] Rudolf Rocker, Der Bankerott des russischen Staatskommunismus, Berlin 1921, S.25.

[17] Zur Bedeutung Gustav Landauers in Rockers Denken vgl. u.a. Rudolf Rocker, Das Ende Gustav Landauers, in: Erich Mühsam/ Rudolf Rocker/ Helmut Rüdiger/ Diego Abad de Santillan, Gustav Landauer – Worte der Würdigung, Darmstadt o. J. (1951), S.38-48.

[18] Prägnante Aussagen über den Stellenwert der Gewerkschaften finden sich verstreut u.a. in „Das Elend der Philosophie”, „Das Kapital" sowie in „Lohn, Preis und Profit", wo Marx den Gewerkschaften zumindest eine konstituierende Aufgabe beimißt: „Gewerkschaften tun gute Dienste als Sammelpunkte des Widerstands gegen die Gewalttaten des Kapitals... Sie verfehlen ihren Zweck gänzlich, sobald sie sich darauf beschränken, einen Kleinkrieg gegen die Wirkungen des bestehenden Systems zu führen, statt gleichzeitig zu versuchen, es zu ändern, statt ihre organisierten Kräfte zu gebrauchen als einen Hebel zur schließlichen Befreiung der Arbeiterklasse, d. h. zur endgültigen Abschaffung des Lohnsystems." Karl Marx, Lohn, Preis und Profit, in: Ders./Friedrich Engels, Werke (MEW) 16, Berlin (Ost) 1964, S.152. Eine systematische Zusammenfassung der Marxschen Aussagen zu dieser Frage findet sich bei N. Auerbach, Marx und die Gewerkschaften, Berlin/Leipzig 1922 (Neuauflage mit einem Vorwort von Karl Korsch, Berlin 1972).

[19] Vgl. dazu Rudolf Rocker, Aus den Memoiren eines deutschen Anarchisten (hrsg. von Magdalena Melnikow und Hans Peter Duerr), Frankfurt a. M. 1974, S.212 sowie Rudolf Rocker, Wissenschaft und Geschichtsauffassung, in: Ders., Aufsatzsammlung Band 1. 1919-1933, Frankfurt a. M. 1980, S.173-182; hier S.175.

[20] Vgl. Rudolf Rocker, Wissenschaft und Geschichtsauffassung, ebd., S.178.

[21] Vgl. dazu explizit Peter Burke, History and Social Theory, Cambridge 1995, S.2-11; bes. S.7.

[22] Vgl. Rudolf Rocker, Sozialdemokratie und Anarchismus, in: Ders., Aufsatzsammlung Band 1, a.a.O., S.9-16; hier S.11. In Übereinstimmung mit Kropotkins Wissenschaftsverständnis übernahm Rocker die „induktiv-deduktive Methode der Naturwissenschaften". Siehe seine Vorrede in: Peter Kropotkin, Die Eroberung des Brotes. <Wohlstand für Alle>. Mit einer Vorrede von Rudolf Rocker, Berlin 1920, S.VII. Vgl. auch Paul Eltzbacher, Der Anarchismus. Eine ideengeschichtliche Darstellung seiner klassischen Strömungen, Berlin 1987, S.127. (Reprint der 1900 erschienenen Erstausgabe).

[23] Vgl. Rudolf Rocker, Die Entscheidung des Abendlandes. Erster Band, Hamburg 1949, S.22. Zur Bewertung des Stellenwertes dieses Buches vgl. Hubert van den Berg/Dieter Nelles, Nationalismus oder Kultur. Über die kulturpolitischen Vorstellungen in der anarchosyndikalistischen Exilpublizistik in den Niederlanden (1933-1940), in: Hans Würzner/Karl Kröhnke (Hrsg.), Deutsche Literatur im Exil in den Niederlanden 1933-1940, Amsterdam/Atlanta 1994, S.119-135; hier S.128-135.

[24] Vgl. Rudolf Rocker, Das Machtprinzip in der Geschichte, in: Ders., Aufsatzsammlung Band 1, a.a.O., S.183-188; hier S.186.

[25] Peter Kropotkin, Ethik Band 1: Ursprung und Entwicklung der Sittlichkeit, Berlin 1923, S.27. Aufschlußreiches zur wissenschaftlichen Genese des theoretischen Konzepts der „gegenseitigen Hilfe" findet sich bei Ruth Kinna, Kropotkins Theory of Mutual Aid in Historical Context, in: International Review of Social History 2/1995 (40. Jg.), S.259-283.

[26] Vgl. Rudolf Rocker, Die Entscheidung des Abendlandes. Erster Band, a.a.O., S.16 u. 21.

[27] Vgl. Rudolf Rocker, Der Kampf ums tägliche Brot, Berlin 1925 (Reprint Frankfurt a. M. 1975), S.4f.

[28] Ebd., S.40. Rocker lehnt die „Theorie von der absoluten Gewaltlosigkeit" ab, indem er das reaktive Verteidigungsrecht als eine normative Ethik reklamiert, das sich der Logik „abstrakter Normen" entzieht. Vgl. Rudolf Rocker, Vom Volke und vom Geiste der Gemeinschaft, in: Ders., Vom anderen Ufer (Dichter und Rebellen, Band 4), Berlin 1926, S.41-97; hier S.42ff.

[29] Vgl. Rudolf Rocker, Die Entscheidung des Abendlandes. Erster Band, a.a.O., S.146.

[30] Eduard Willeke, Die Ideenwelt des deutschen Syndikalismus, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Bd.128/1928, S.866-899; hier S.881.

[31] Rudolf Rocker, Prinzipienerklärung des Syndikalismus, Berlin 1920 (Reprint Zehdenik 1990), S.6.

[32] Rudolf Rocker, Der Einfluß der Wirtschaft und des Machtprinzips in der modernen Geschichte, in: Ders., Aufsatzsammlung Band 1, a.a.O., S.188-195; hier S.194.

[33] In der privatwirtschaftlichen Profitmotivation äußern sich demnach ein „ krankhaftes Gelüste" und ein triebhafter Drang zur „ Unterwerfung, Verschwendung und Genußsucht". Siehe Rudolf Rocker, Die Gefahren der nationalen Ideologie für den Befreiungskampf des Proletariats, in: Ders., Aufsatzsammlung Band 1, a.a.O., S.153-162; hier 5.160.

[34] Rudolf Rocker, Die Rationalisierung der Wirtschaft und die Arbeiterklasse, Berlin 1927 (Reprint Frankfurt a.M. 1980), S.48.

[35] Vgl. Rudolf Rocker, Die Waffen nieder! Die Hämmer nieder! Rede gehalten auf der ReichsKonferenz der Rüstungsarbeiter Deutschlands abgehalten vom 18. bis 22. März 1919 in Erfurt, Berlin o. J. (1919).

[36] Rudolf Rocker, Prinzipienerklärung des Syndikalismus, a.a.O., S.7 f.

[37] Vgl. Rudolf Rocker, Der Kampf ums tägliche Brot, a.a.O., S.29.

[38] Rudolf Rocker, Die Gefahren psychologischer Kollektivbegriffe, in: Ders., Aufsatzsammlung Band 1, a.a.O., S.145-150; hier S.147.

[39] Rudolf Rocker, Die Möglichkeit einer anarchistischen und syndikalistischen Bewegung. Eine Einschätzung der Lage in Deutschland, Frankfurt a. M. 1978, S.15 (Reprint der in New York, London und Stockholm unter dem Titel „Zur Betrachtung der Lage in Deutschland. Die Möglichkeiten einer freiheitlichen Bewegung" erschienenen Erstausgabe aus dem Jahr 1947).

[40] Vgl. Rudolf Rocker, Über das Wesen des Föderalismus im Gegensatz zum Zentralismus. Vortrag gehalten auf dem 14. Kongreß der F.A.U.D., 19.-22. November 1922 in Erfurt, Berlin 1923, S.14.

[41] Rudolf Rocker, Prinzipienerklärung des Syndikalismus, a.a.O., S.7.

[42] Rudolf Rocker, Die Gefahren der nationalen Ideologie für den Befreiungskampf des Proletariats, in: Ders., Aufsatzsammlung Band 1, a.a.O., S.160.

[43] Diesen Dualismus entnahm Rocker der Philosophie Friedrich Nietzsches, der in seiner Schrift ,Götzen-Dämmerung" argumentierte: „ Die Kultur und der Staat – man betrüge sich hierüber nicht – sind Antagonisten." Zit. nach Rudolf Rocker, Entscheidung des Abendlandes. Erster Band, a.a.O., S.100.

[44] Vgl. Rudolf Rocker, Die Entscheidung des Abendlandes. Erster Band, a.a.O., S.263ff.

[45] Vgl. Rudolf Rocker, Staat und Kultur, in: Ders., Aufsatzsammlung Band 1, a.a.O., S.114-122; hier S.l 14ff.

[46] Rudolf Rocker, Die Entscheidung des Abendlandes. Erster Band, a.a.O., S.97.

[47] Rudolf Rocker, Die Rationalisierung der Wirtschaft und die Arbeiterklasse, a.a.O., S.5f.

[48] Auf einer Tagung des „Reichsverbandes der deutschen Industrie", die im September 1926 in Dresden stattfand, regte einer der prominentesten Vertreter des deutschen Unternehmertums, Generaldirektor Silverberg, eine gemeinsame Arbeitsgemeinschaft mit den Gewerkschaften und der Regierung an. Die Initiative scheiterte jedoch aufgrund der massiven Ablehnung von Seiten der Großindustrie.

[49] Rudolf Rocker, Die Rationalisierung der Wirtschaft und die Arbeiterklasse, a.a.O., S.69.

[50] Ebd., S.70.

[51] Ebd., S.79f.

[52] Rudolf Rocker, Der Weg ins Dritte Reich. Die rolle der deutschen sozialdemokratie [sic !], in: Die Internationale. Neue Folge, 1/1934 (1. Jg.), S.3-6; hier S.3.

[53] Rudolf Rocker, Der Weg ins Dritte Reich. Die kommunistische Partei und die Idee der Diktatur, in: Die Internationale. Neue Folge, 2/1934 (1. Jg.), S.33-37; hier S.33.

[54] Rudolf Rocker, Lasset die linke Hand nie wissen was die rechte tut!, in: Gegen den Strom, 5/1938 (1. Jg.), S.2-8; hier S.2f. Die Zeitschrift „Gegen den Strom" erschien in New York von März 1938 (Heft 1) bis Oktober/November 1939 (Heft 11/12) und fungierte als eine antistalinistische Plattform, in der vor allem Exilanten zu Wort kamen. Der Herausgeber des Blattes, Robert Bekgran (1894-1964?), war mit Rocker befreundet. Zur Person Bek-grans und zur Zeitschrift vgl. Ulrich Linse/Michael Rohrwasser, Der Mann, der nicht B. Traven war. Zur Biographie Robert Bekgrans, in: Archiv für die Geschichte des Widerstandes und der Arbeit, 8/1987, S.75-98; bes. S.90-93.

[55] Rudolf Rocker, Die Gefahr nationalistischer Ideen, in: Gegen den Strom, 6/1938 (1. Jg.), S.2-8; hier S.2.

[56] Ebd., S.3f.

[57] Max Häne, Die Staatsideen des Konstantin Frantz, Gladbach-Rheydt 1929, S.125 u. S.132. Vgl. Rockers auf Frantz bezogenen Rekurs in: Die Entscheidung des Abendlandes. Zweiter Band, Hamburg 1949, S.58. Rocker unterschied Frantz von den übrigen deutschen Föderalisten, die seiner Meinung nach oft nur „Partikularisten oder Lokalpolitiker gewesen" seien. Brief von Rudolf Rocker an Helmut Rüdiger vom 7. März 1955, in: Arbetarrörelsens Arkiv och Bibliotek, Stockholm, Helmut Rüdiger Arkiv: Brev 1936-1966 (Vol. 2).

[58] Rudolf Rocker, Die Entscheidung des Abendlandes. Zweiter Band, a.a.O., S.159ff. Vgl. dazu mit Hinweis auf den von Frantz formulierten Föderalismus: Rudolf Rocker, Die Entscheidung des Abendlandes. Erster Band, a.a.O., S.298f.

[59] Peter Schöttler, Syndikalismus in der europäischen Arbeiterbewegung. Neuere Forschungen in Frankreich, England und Deutschland, in: Klaus Tenfelde (Hrsg.), Arbeiter und Arbeiterbewegung im Vergleich. Berichte zur internationalen historischen Forschung (Historische Zeitschrift, Sonderheft 15), München 1986, S.419-475; hier S.464.

[60] Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie (hrsg. von Johannes Winkelmann), Köln/Berlin 1964, S.403.

[61] Kritiker aus dem antiautoritären Lager registrierten bereits frühzeitig die Neuorientierung von Rockers politischen Axiomen. So soll er bereits 1923 davon ausgegangen sein, daß die Gesellschaft „aus dem Stadium der Revolution in das der Evolution getreten" sei. Von daher gelte es „das, was... aus der Revolution übriggeblieben sei, (zu) benutzen, um zur nächsten Revolution zu kommen". Siehe F.W. Seiwert, Die Aufgaben der Union und die Herrschaftslosigkeit, in: Der Unionist. Organ der Allgemeinen Arbeiter-Union (Einheits-Organisation) Wirtschaftsbezirk Wasserkante, 18/1923 (4. Jg.). Vgl. auch: Proletarischer Zeitgeist. Eine von Arbeitern für Arbeiter geschriebene Zeitung, 37/1925 (4. Jg.), wo über die „reformistischen Leitartikel" des „Berufsliteraten" Rocker polemisiert wird. Rocker forderte erstmals 1927 eine „Revision der allgemeinen Haltung der Anarchisten", da diese seiner Meinung nach „zu doktrinär geworden" seien. Siehe Rudolf Rocker, Moderne Probleme des Anarchismus, in: Fanal. Anarchistische Monatsschrift, 1/1927 (2. Jg.), S.10 u. S.12.

[62] Rudolf Rocker, Die Gefahr nationalistischer Ideen, a.a.O., S. 6 u. 7.

[63] Hans Manfred Bock, Anarchosyndikalismus in Deutschland. Eine Zwischenbilanz, in: Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung (IWK), 3/1989 (25. Jg.), S.293-358; hier 5.318. Vgl. explizit Rudolf Rocker, Parlamentarismus und Arbeiterbewegung. Zur Geschichte der parlamentarischen Tätigkeit in der Arbeiterbewegung, Berlin o. J. (1919), (Reprint Frankfurt a. M. 1978), S.8ff.

[64] Rudolf Rocker, Die Gefahr nationalistischer Ideen, a.a.O., S.7.

[65] Friedrich Engels äußerte sich selbst kritisch zur deterministischen Auslegung der materialistischen Geschichtsauffassung: „Die ökonomische Lage ist die Basis, aber die verschiedenen Momente des Überbaus - politische Formen des Klassenkampfes und seine Resultate - Verfassungen, nach gewonnener Schlacht durch die siegende Klasse festgestellt usw. - Rechtsformen, und nun gar die Reflexe aller dieser wirklichen Kämpfe im Gehirn der Beteiligten, politische, juristische, philosophische Theorien, religiöse Anschauungen und deren Weiterentwicklung zu Dogmensystemen, üben auch ihre Einwirkung auf den Verlauf der geschichtlichen Kämpfe aus und bestimmen in vielen Fällen vorwiegend deren Form." Friedrich Engels, Brief an Joseph Bloch vom 21. September 1890, in: MEW Bd.37, Berlin (Ost) 1964, S.463.

[66] Vgl. Rudolf Rocker, Nachbarn der Anarchisten, in: Fanal. Anarchistische Monatsschrift, 3/1927 (2. Jg.), S. 56-60.

[67] Im Unterschied zu Rockers Neuorientierung betreibt die zeitgenössische „Linke" anscheinend eine völlige Loslösung von sozialistischen Vorstellungen. So plädiert etwa der sozialdemokratische Politikwissenschaftler Thomas Meyer für die Anwendung der in der SPD geläufigen Termini „Soziale Demokratie" bzw. „Soziale Gerechtigkeit". Vgl. ders., Was bleibt vom Sozialismus?, Reinbek bei Hamburg, 1991, S.136f. In seiner Eigenschaft als Vorsitzender der "Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft" bezeichnet auch Dieter Wunder den Sozialismus als ein ideologisches Auslaufmodell. Vgl. ders., Der Zusammenbruch des „realen Sozialismus" und das Selbstverständnis der Gewerkschaften, in: Gewerkschaftliche Monatshefte, 12/1989 (40. Jg.), S. 714-718, hier S. 716. Im Zuge der neoliberalen Globalisierungs- und Standortdiskussionen kann inzwischen eine neue Qualität dieses antisozialistischen und prokapitalistischen Bekenntniszwangs festgestellt werden. Der zweite Vorsitzende der IG Metall, Walter Riester, der es als „Reformer" anscheinend als opportun empfindet, sich für die Werbekampagnen eines Bankkonzerns zur Verfügung zu stellen, hält z. B. selbst die „Versprechungen auf einen dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus" für eine „Illusion". Siehe ders., Mit neuem Programm und neuem Mut, in: Metall. Das Monatsmagazin der IG Metall, 12/1996 (48. Jg.), S.4. Eine andere Fraktion namhafter Partei- und Gewerkschaftsfunktionäre rekurriert indessen auf die Traditionslinien der "Konservativen Revolution" der zwanziger und dreißiger Jahre und favorisiert eine Synthese aus völkisch-nationalen Ideen und populärsozialistischen Theorieversatzstücken. So z. B. das Mitglied der IG Metall Programmkommission Wolfgang Kowalsky in: Rechtsaußen ... und die verfehlten Strategien der deutschen Linken, Frankfurt a. M./Berlin 1992. Der Parteitheoretiker Tilman Fichter knüpft in den Zeiten der Europäisierung der Binnenmärkte an das nationalistische Erbe der Sozialdemokratie an. Vgl. ders., Die SPD und die Nation. Vier sozialdemokratische Generationen, Berlin 1993. Der sich selbst zuweilen gegenüber der ihm wohl gesonnenen Journaille als „Ex-Anarchist" titulierende Joschka Fischer („Bündnis 90/ Die Grünen") nimmt ebenfalls Abschied vom Sozialismus und empfiehlt die ökologische Renovation des Kapitalismus. Vgl. ders., Der Umbau der Industriegesellschaft. Plädoyer wider die herrschende Umweltlüge, Frankfurt a. M. 1989, S.59ff.

[68] Rudolf Rocker, Die Möglichkeit einer anarchistischen und syndikalistischen Bewegung, a.a.o., S.8.

[69] S. Paul Buhle, Freie Arbeter Shtimme (1890-1976), in: Mari Jo Buhle/Paul Buhle/Dm Georgakas (Hrsg.), Encyclopedia of the American Left, a.a.O., S.245-246; Peter Wienand, Der „geborene" Rebell, a.a.O., S.383ff. In den USA erschienen in dieser Zeit von Rudolf Rocker, The Truth about Spain, New York 1936 sowie The Tragedy of Spain, New York 1937.

[70] Rudolf Rocker, Ein offenes Wort, in: Ders., Aufsatzsammlung Band 2 (1949-1953), Frankfurt a. M. 1980, S.84-92; hier S.91. Rocker würdigt zur gleichen Zeit die „Kritik der alten marxistischen Anschauungen" als die „unbestreitbaren Verdienste" der sozialdemokratischen Revisionisten. Deren Vertreter hätten jedoch „aus dieser neuen Erkenntnis nichts weiter zu machen verstanden, als einem mattherzigen Possibilismus das Wort zu reden und die Taktik der kleiner! Möglichkeiten zum Prinzip zu erheben". Siehe Rudolf Rocker, Ein Leben für den revolutionären Syndikalismus. Biographie von Fritz Kater, Hamburg 1985 (Erstmals 1948 als Artikelserie erschienen in: Der freie Gedanke. Organ für alle freiheitlichen Gruppen des Main- und Rheingebietes, Nr.8-11).

[71] Fritz Linow, Die deutsche Situation und der Sozialismus (Manuskript), o. J. u. o. 0. (Berlin 1948), S.5 u. S.65, in: Internationaal Instituut voor sociale Geschiedenis Amsterdam, Nachlaß Rudolf Rocker, Mappe 427.

[72] Rudolf Rocker, Die Bedeutung sozialer Rechte und Freiheiten, in: Ders., Aufsatzsammlung Band 2, a.a.O., S.22-28; hier S.28.

[73] Rudolf Rocker, Anarchismus und Anarcho-Syndikalismus (englische Erstausgabe: London 1938), Berlin 1979, S.28.

[74] Vgl. dazu Rudolf Rocker, Absolutistische Gedankengänge im Sozialismus, Darmstadt o. J. (1947), S.4.

[75] Rudolf Rocker, Die Möglichkeit einer anarchistischen und syndikalistischen Bewegung, a.a.O., S.19.

[76] Ebd., S.19-30

[77] Günter Bartsch erklärt dieses Arrangement mit den Gegebenheiten des Kalten Krieges, u.a. mit einer Schutzfunktion, die der Antikommunismus in der BRD bot. Vgl. Günter Bartsch, Anarchismus in Deutschland, Band I: 1945-1965, Hannover 1972, S. 199f. Einige Bedeutung bei der Übernahme antikommunistischer Sichtweisen wird dabei dem „Fall Zensl Mühsam" zugeschrieben - Zensl Mühsam war 1936 in der Sowjetunion verhaftet worden und wurde erst 1955 in die DDR entlassen -, den Rocker in der Broschüre „Der Leidensweg der Zensl Mühsam", Frankfurt a.M., o.J. (1949) aufarbeitete.

[78] Max Weber, Das Postulat der Werturteilsfreiheit der Wissenschaft, in: Ders., Werk und Person (Dokumente ausgewählt und kommentiert von Eduard Baumgarten), Tübingen 1964, S.123f.

[79] Vgl. Wolfgang Haug, Die Umstrukturierung der Arbeit - die Renaissance einer neuen Klassenkampftheorie?, in: Hans Jürgen Degen (Hrsg.), Anarchismus heute. Positionen, Bösdorf 1991, S.56-70; bes. S.56f. Eine instruktive Kritik der diversen aktuellen Organisierungsaktivitäten, die zumeist aus dem Umfeld von Zeitungsinitiativen heraus entstehen, vermittelt Wolfgang Haug, Aufgegriffen. Organisierung - aber wie?, in: Schwarzer Faden. Vierteljahresschrift für Lust und Freiheit, 2/1997 (18. Jg.), S.30-34.

[80] Hans Jürgen Degen, Anarchistischer Revisionismus? Anmerkungen - Widersprüche, in: Ders. (Hrsg.), Voraussetzungen des Anarchismus, Berlin 1997, S.103-115; hier S.108 u. 110.

[81] Wolfram Beyer, Freiheit und Revolte. Bakunins Beitrag zur Sozialen Revolution, in: Ders. (Hrsg.), Anarchisten. Zur Aktualität anarchistischer Klassiker, Berlin 1993, S. 26-42, hier S.39f. Vgl auch Gert Holzapfel, Vom schönen Traum der Anarchie. Zur Wiederaneignung und Neuformulierung des Anarchismus in der Neuen Linken, Berlin 1984, S. 140.

[82] Vgl. Hans Manfred Bock, Anarchosyndikalismus in Deutschland, a.a.O., S.354ff.

[83] Gelegentlich nimmt diese Kritik aus dem eigenen oder angrenzenden Umfeld undifferenziert diffamatorische Züge an oder sie äußert sich gar in Form von verschwörungstheoretischen Verallgemeinerungen. Zu andauernden Kontroversen geben dabei besonders die Anhänger der Freiwirtschaftslehre Silvio Gesells Anlaß, denen wiederholt faschistoide und rassistische Tendenzen nachgesagt wurden. Vgl. dazu explizit Jutta Ditfurth, Entspannt in die Barbarei. Esoterik, (Öko-)Faschismus und Biozentrismus, Hamburg 1996, S.74-116; desgl. Oliver Geden, Rechte Ökologie. Umweltschutz zwischen Emanzipation und Faschismus, Berlin 1996.

[84] Erich Landrocker mit Hilfe von petz und der Utopiegruppe Münster", Die Befreiung der Gesellschaft von den Männlichkeiten. Paradigmenwechsel im Anarchismus?!, in: Schwarzer Faden. Vierteljahresschrift für Lust und Freiheit, 2/1996 (17. Jg.), S.50-53; hier S.53.

[85] Auf den 1987 und 1993 in Frankfurt/M. durchgeführten Veranstaltungen wurden jeweils etwa 2.000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen gezählt. Vgl. z. B. Libertäre Tage - Ostern '93. Wege zu einer anarchistischen Gesellschaft (Informationsmappe), Frankfurt/M. 1993, S.4.

[86] So z. B. von dem SPD-Politiker Peter von Oertzen. Vgl. Peter Russig, Revolutionäre des Geistes. Michael Bakunin, Gottfried Semper, Richard Wagner und der Dresdner Maiaufstand 1849. Ein Tagungsbericht, in: IWK, 1/1996 (32. Jg.), S.76-81; hier S.78f.